Ohne es zu sehen, wusste ich, dass er hier war.
Langsam schlug ich die Augen auf und die Geschehnisse sickerten in mein Bewusstsein. Wie ich vor dem Waschbecken umgekippt war.
Ich lag zugedeckt in meinem Bett und konnte mit meiner Hand einen Verband fühlen.
Wie erwartet saß der König in einem der Sessel. Was ich allerdings nicht erwartet hatte, war die Tatsache, dass er schlief. Ich wusste nicht, wie spät es war, meiner Vermutung zufolge musste es aber tiefste Nacht sein.
Seinen Schlaf ausnutzend betrachtete ich ihn ein wenig genauer, wie er da saß. Eine Hand baumelte über die Seitenlehne, die andere stützte den Kopf ein wenig, der auf der Rückenlehne lag. Seine Brust hob und senkte sich regelmäßig von seinen tiefen Atemzügen. Der Schlaf ließ ihn jünger aussehen. Die Falte auf seiner Stirn, die er immer trug, wenn er in meiner Gegenwart war, war verschwunden und er wirkte entspannt. Obwohl diese Schlafposition wahrscheinlich nicht gerade die bequemste war.
Leise, um ihn nicht zu wecken, stand ich auf und schlich ins Bad. Zum einen musste ich dringend auf die Toilette, zum anderen wollte ich mir meinen Verband ansehen.
Leise schloss ich die Tür hinter mir und schaltete die Deckenlampe ein. Dann ging ich auf die Toilette, wusch mir die Hände und wagte einen Blick auf meinen Verband. Erst da bemerkte ich, dass ich keine Oberteil, sondern nur meinen BH trug.
Was nur logisch war, schalt ich mich innerlich. Schließlich hatte ich versucht, mit meinem Shirt die Blutung zu stoppen. Mich überrascht, dass die Wunde weniger schmerzte, als noch vor ein paar Stunden - ich merkte kaum noch etwas.
Genauso leise wie ich es betreten hatte, verließ ich das Bad wieder, nur um festzustellen, dass der König nicht mehr schlief.
"Danke", flüsterte ich und hoffte, dass es so aufrichtig klang, wie ich es meinte.
"Kein Problem, deshalb war ich schließlich hier." Ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
"Ich meine es ernst. Eigentlich hätte ich es verdient gehabt, auf dem Fußboden zu verbluten."
"Und das konnte ich nicht zulassen."
"Und dafür bin ich dir sehr dankbar, aber ich glaube, du solltest besser ins Bett gehen. Glaub mir, dir tut sonst morgen früh alles weh."
Tatsächlich erhob er sich. Nur ging er nicht zur Tür, sondern an mir vorbei zu MEINEM Bett.
Einen Moment lang, war ich wie erstarrt, bevor ich mich umdrehte und ihm wortlos dabei zusahe, wie er es sich in meinem Bett bequem machte, nachdem er sein Oberteil daneben geworfen hatte.
"Was? Wenn du glaubst, ich würde dich nach der Sache vorhin allein lassen, dann irrst du dich. Ich hab wirklich keine Lust, dich heute nochmal zu verbinden."
Dieser Moment war einer der wenigen, in denen ich sprachlos war. Was sollte ich jetzt auch erwidern? Mir fiel nichts ein und so beschloss ich, einfach so weit wie möglich von ihm weg zu schlafen.
Er lag zwar in meinem Bett, aber er würde definitiv nicht unter meiner Decke schlafen. In die rollte ich mich ein und machte es mir an der Bettkante gemütlich.
Gleichzeitig redete ich mir ein, mich nicht zu ihm umzudrehen und meine Finger bei mir zu behalten, die ich zur Sicherheit mit unter die Decke steckte.
Ihm schien all das nichts auszumachen, denn schon nach kurzer Zeit hörte ich seine gleichmäßigen Atemzüge, die auch mich schläfrig machten.
Noch während ich mir einredete, dass er nur hier schlief um mich zu überwachen, dämmerte ich weg.
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Und erwachte mit meinem Kopf auf seiner nackten Brust und meinen rechten Arm auf seinem Bauch. Oh. mein. Gott.
Als wäre das nicht schon genug lag sein Arm um mich herum an meiner Taille.
Wäre es nicht so bequem gewesen, hätte mich vielleicht sogar dazu durchringen können, von ihm abzurücken, doch so bewegte ich mich keinen Zentimeter. Jetzt war es soweiso vorbei. Er würde aufwachen, sollte ich von ihm wegrücken und wenn ich die Wahl hatte zwischen 'er bemerkt es jetzt und wir stehen auf' und 'ich mache einfach nichts und wir beide schlafen noch eine Runde', dann wäre Letzteres die Antwort. Deshalb unternahm ich nichts, außer meine Augen wieder zu schließen und noch eine Runde zu schlafen.
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"Sav? Komm schon, wir müssen aufstehen", weckte mich seine Stimme.
Ich murmelte etwas von 'Noch fünf Minuten' und 'Es ist doch noch viel zu früh' vor mich hin, bis ich erneut realisierte, wo ich war. Unsere Haltung hatte sich zu vorhin nicht geändert, nur war Kijan - da wir im selben Bett geschlafen hatten, war es mein geringstes Problem ihn bei seinem Namen zu nennen - jetzt wach.
"Übrigens redest du im Schlaf", sagte er lachend und ich entspannte mich.
"Oh Gott, dass mache ich nur wenn ich wirklich tief schlafe. Hab ich was peinliches gesagt?" fragte ich, ebenfalls lachend. Tatsächlich hatte ich schon lange nicht mehr so gut geschlafen wie in dieser Nacht, doch das behielt ich für mich.
"Viel hab ich nicht verstanden, aber einen Namen hast du ziemlich oft gesagt."
Bitte, lass es nicht sein, was ich dachte.
"Und welchen?" hakte ich nach, obwohl mir fast klar war, wie die Antwort lauten würde.
"Meinen", antwortete Kijan und fuhr mit seiner Hand über meinen nackten Arm.
Normalerweise hätte ich darauf jetzt eine schlagfertige Antwort gegeben, aber mir fiel beim besten Willen nichts ein, außer:
"Wollten wir nicht aufstehen?"
"Ich würde nicht 'Wollen' sagen. Eher 'müssen'."
Das reichte mir total. Ich musste unbedingt Abstand zwischen mir und seinem trainierten Körper schaffen. Deshalb kletterte ich aus dem Bett und wühlte im Schrank nach einem Oberteil. Scheinbar beinhaltete dieser nur gleiche Ausführungen, in unterschiedlichen Graustufen und schwarz. Heute entschied ich mich für ein Hellgraues. Darüber zog ich meinen Brustpanzer und die Armschützer, während Kijan mich die ganze Zeit über ansah. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen.
"Willst du nicht vielleicht auch aufstehen?", fragte ich, nachdem ich vollständig angezogen und gewaschen aus dem Bad kam.
"Ich dachte eigentlich ich präge mir noch ein bisschen dein Erscheinungsbild ein, wer weiß, wann ich es das nächste Mal sehen kann, ohne, dass du mich mit wütenden Beschimpfungen bewirfst. Nicht, dass es mir nicht gefallen würde, wenn du dich wehrst und mit sarkastischen Bemerkungen reagierst, aber es kann schon echt anstrengend sein. Vor allem, wenn man dir helfen will."
"War das etwa grad ein Kompliment?" fragte ich flirtend.
"Deute es, wie du willst", erwiderte er mit rauer Stimme und erhob sich endlich. "Ich werde jetzt erstmal die Dusche benutzen", fügte er noch hinzu und ging an mir vorbei ins Bad.
Da ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte steckte ich alle Waffen an ihre Stellen an meinem Körper. Meinen Gürtel an dem die Wurfmesser befestigt waren band ich mir um die Hüften, schnallte meinen Ledergurt mit einem Jagdmesser, dass ich aus der Waffenkammer mitgenommen hatte, um meinen Oberschenkel und befestigte meine Zwillingsschwerter in der Halterung auf meinem Rücken. Zuletzt schnürte ich meine Stiefel und steckte in jeden noch ein weiteres kleines Messer. Als ich fertig war setzte ich mich in einen der Sessel und wartete darauf, dass Kijan aus dem Bad kam.
Das tat er auch nach etwa fünf weiteren Minuten, allerdings nur mit einem Handtuch um die Hüften.
Bitte lieber Gott, das kann jetzt nicht wirklich wahr sein.
Ich konnte nicht aufhören ihn anzustarren, wie er durch mein Zimmer zum Schrank ging, um sich nach einer Hose zu bücken. Scheinbar befanden sich auch Männersachen dort. Viel zu schnell war er wieder im Bad verschwunden, aus dem er aber kurze Zeit später wieder kam. Allerdings immer noch ohne ein Oberteil - das lag ja noch auf dem Boden neben meinem Bett - und sofort blieb mein Blick auf seiner nackten Brust hängen.
Er räusperte sich und mein Blick glitt über den kantigen Kiefer zu seinem zu einem amüsierten Lächeln verzogenen Mund. Dann blieb er etwa zwei Meter vor mir stehen.
"Gefällt dir, was du siehst?"
"Naja...pfff...", begann ich, kam aber nicht viel weiter, denn mit zwei Schritte war er bei mir und beugte sich ein wenig zu mir herunter, sodass ich seinen warmen Atem an meinem Hals spüren konnte.
"Falsche Antwort", flüsterte er mir ins Ohr, bevor er mit seinen Lippen meinen Hals berührte. Ich stieß ein überraschtes Keuchen aus. Es fühlte sich so gut an.
Kijan küsste weiter meinen Hals, doch meine Lippen fühlten sich im Stich gelassen. Ich schob ihn ein Stück von mir weg und noch bevor er protestieren konnte, presste ich meine Lippen auf seine und uns blieb die Luft weg.
Sein Zunge schob sich in meinen Mund und der Kuss wurde immer heißer. Meine Hände lagen in seinem Nacken und ich spielte mit seinen Haarspitzen, während seine Hände an meiner Hüfte lagen und sich weiter zu meinem Hintern bewegten.
Er zog mich noch näher an sich und ich fuhr mit meinen Händen über seinen Rücken.
Kijan begann erneut meinen Hals zu küssen und zog eine Spur von Küssen meinen Hals hinab, über mein Schlüsselbein bis zwischen meine Brüste und ich erschauderte. Weiter kam er zu meinem Bedauern nicht, denn meine Kleidung war im Weg, was mich dazu veranlasste seinen Kopf wieder zu mir nach oben zu bewegen und meine Lippen wieder auf seine zu pressen.
Ein Räuspern ließ uns auseinander fahren.
Verdammt.
Irgendjemand hatte uns so zusammen gesehen.
"Ich wollte nicht stören, aber alle warten im Saal auf euch beide. Eigentlich sollte ich nur Sav holen kommen, aber wenn du schon mal hier bist König, kannst du ja auch gleich mitkommen", erklärte der Soldat sein Erscheinen.
Ich beschloss so schnell wie möglich aus dieser Situation entkommen zu wollen und ging auf den Soldaten zu.
"Ich bin so weit, lass uns schon mal gehen." Ich wartete nicht auf eine Antwort sondern ging einfach an beiden vorbei auf der Gang hinaus.