Hallo liebe Leser, Hallo liebe Miriam!
Überraschung, ich bin dein Wichtel! :D Diese Kurzgeschichte ist mein Beitrag zum Valentinswichteln. Bevor es losgeht, möchte ich aber noch eine wichtige Sache anmerken, die meiner Beta-Leserin aufgefallen ist (Wenn du Spoiler vermeiden willst, solltest du das hier allerdings erst nach dem du zuende gelesen hast lesen): Ich bin keineswegs gegen Homosexualität oder sonstiges. Diese Geschichte war so von Anfang bis Ende geplant, und ich hatte einfach Lust auf ein bisschen Gayness. Ich bin LGBT+ supportive und so weiter und so fort. Die Handlungen sollen natürlich auch nicht gerechtfertigt werden. Diese Geschichte soll einfach nur der Unterhaltung dienen! Ich hoffe, mein Standpunkt ist klar geworden.
Viel Spaß beim Lesen!
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An einem kalten Morgen am Ende Januar 1840 war London nicht wieder zu erkennen, eingehüllt von dem dichten Nebel der Kälte. Man konnte gerade noch, wenn man sich sehr anstrengte, bis zum Ende der engen Straße schauen, jedoch warteten die Leute lange, bis sie die Straße überquerten, wo die Pferde doch so rasend schnell waren und man sich komplett auf das Gehör verlassen musste.
Madame Davies betrat an diesem Morgen auch die Straße, denn obwohl sie im Familiengeschäft arbeitete lag dieses doch weit entfernt von ihrem Zuhause. Sie überquerte sicher die Straße, richtete ihren Schal und ging dann nach rechts, um noch einen Halt bei dem Wochenmarkt zu machen. Vater bat sie, noch etwas Käse und Tee zu besorgen.
"Edith!", grüßte Madame Davies den Käseverkäufer. Es war Mr. Turner, der Vater ihres besten Freundes.
"Guten Morgen, Mister Turner, wie geht es der Frau?" Edith kramte bereits in ihrer Tasche, auf der Suche nach dem Geldbeutel.
"Der Frau geht es prächtig. Aldwyn lässt dich übrigens grüßen!" Ediths Herz machte einen Sprung, als sie dies hörte. Sie bemühte sich jedoch, sich nichts anmerken zu lassen, und vergrub ihr rotes Gesicht im Schal.
"Ganz schön kalt heute Morgen.", bemerkte sie. Mr. Turner nickte nur bedächtig. "Nun, ich muss auch weiter,", fuhr Edith fort, "packt mir bitte ein Pfund dieses Käses hier vorne ein."
"Mit Vergnügen!", und im Null-komma-nichts bekam Edith den Käse, und Mr. Turner das Geld.
"Grüßen sie ihre Familie!", verabschiedete sich Edith und verschwand im kalten Nebel.
Noch immer konnte sie nicht aufhören daran zu denken, das Aldwyn sie grüßen lies. Aldwyn! Schon von klein auf wuchsen sie beide miteinander auf, da Familie Davies und Familie Turner enge Freunde waren. Von dort an waren sie beste Freunde gewesen, und Edith war dankbar, dass ihre Eltern dies zuließen. Einmal hatte sie sogar gehört, dass Mr. Davies, ihr Vater, an eine Heirat dachte! Ediths Gedanken galten ab ihrem vierzehnten Lebensjahr nur Aldwyn. Er war einfach perfekt. Er war vielleicht nicht der dickste, was aufgrund der mangelnden Nahrung für Wohlstand galt, allerdings hielt er sich gut in Form. Edith liebte es, wie ihm seine dunkelbraunen Locken ständig ins Gesicht fielen, und damit seine hellen Augen, eingerahmt von der dunklen und etwas dreckigen Haut, betonten.
"Guten Morgen, Miss.", begrüßte sie ein Vorbeigehender, während er seinen Hut hob. Edith machte einen leichten Knicks, grüßte zurück und war dankbar, ihn nicht gerammt zu haben. Sie war total gedankenverloren unterwegs gewesen.
Schnell ging sie zum Tee-stand, kaufte ein paar Kräuter und machte sich auf, bald in der Fleischerei anzukommen.
Als sie gerade die Straße überquerte, dröhnte der mächtige Glockenton der Kirche durch die Stadt, welcher sie für einen kurzen Moment erschaudern ließ. In ihrem leichten Schock hörte sie gar nicht die Kutsche, die in rasendem Tempo auf sie zu kam, und gerade als sie dachte, es wäre zu spät, zog sie eine Hand zur Seite und Edith fand sich in den Armen eines jungen Mannes wieder.
"Aldwyn!", wisperte sie, als sie sein Gesicht erblickte.
"Guten Morgen, Edith.", grüßte sie ihr bester Freund und lies sie langsam los. "Ist dir kalt? Deine Wangen sind auf einmal so rot." Er strich ihr Haar sanft von der Wange und legte diese hinter ihr Ohr.
Edith schüttelte schnell den Kopf. "Nein nein, diese Wintertage sind alle so kalt, mach dir keine Sorgen." Sie machte eine kleine Pause und sah wehmütig zu ihm auf. "Danke, dass du mich gerettet hast. Ich schulde dir etwas."
Aldwyn Turner winkte es ab. "Ach, Edith, dass du am Leben bist reicht mir schon." Ihr Herz machte wieder einen Sprung, und ein leises Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Doch dann fiel ihr etwas auf.
"Aldwyn, was machst du eigentlich hier? Musst du nicht arbeiten?" Edith schaute einmal zur Seite, in ihren Laden, in dem ihr Vater sie schon zu sich winkte. Sie blickte wieder zu ihrem Freund.
"Ich bin hier, um Fleisch für heute Abend zu kaufen. Wir bekommen Besuch von Familie Hunt."
"Hunt?", erwiderte Edith, etwas verwirrt.
"Ja, Vater, Mutter, ein Sohn, eine Tochter. Unsere Familie möchte ihre Kreise erweitern." Edith dachte nach. Eine Tochter? Was ist, wenn sie sich in Aldwyn verliebt? Was ist, wenn er sich in sie verliebt? Wenn die beiden heiraten? Was wird dann aus Edith?
Sie schüttelte schnell den Kopf, um sich wieder wach zu rütteln. Lächelnd antwortete sie: "Das klingt wundervoll, ich wünsche euch gemeinsam einen schönen Abend."
Aldwyn bedankte sich, hielt Edith die Tür zum Geschäft auf und die beiden betraten nacheinander den Laden.
"Guten Morgen Mister Davies!", sagte Aldwyn, nachdem er die Tür hinter sich schloss. "Kaltes Wetter draußen, man sieht fast gar nichts!"
"Guten Morgen, Junge.", begrüßte Mister Davies Aldwyn, als er, sich die Hände mit einem Tuch putzend, aus dem Hinterraum kam. Während sich die Männer unterhielten verschwand Edith im Hinterzimmer, legte sich die Arbeitskleidung an und ging wieder nach vorne zur Theke, wo sie Fleisch sortierte.
"Familie Hunt!" hörte man Mister Davies überrascht sagen, "Von denen habe ich viel gehört. Die sollen sehr gute Manieren haben. Wohlhabend, von einer reichen Familie – der Name fällt gerade jedoch nicht ein. Komm, Edith, gib dem Jungen unser bestes Stück Schwein zum halben Preis, wir wollen Familie Turner ja nicht schlecht dastehen lassen!"
"Ja, Vater." Edith machte sich stumpf auf den Weg ins Hinterzimmer. Bestes Schwein. Dachte sie sich. Wie hat diese Familie unser bestes Schwein verdient? Familie Turner sollte mit uns dieses Stück Schwein essen. Was ist, wenn es dem Vater so gut schmeckt, dass er Mr. Turner zu einer Heirat zwischen Aldwyn und seiner Tochter überredet? Die Tränen schossen Edith bei dem Gedanken in die Augen.
"Edith!", hörte sie aus dem Vorraum, "Wo bleibt das Fleisch? Der Junge hat auch zu tun!"
Wieder schüttelte sich Edith, blinzelte die Tränen weg und packte das Schwein ein.
"Nein, Mister Davies, ich bestehe darauf." Edith legte das Stück Fleisch auf die Waage und berechnete den Preis.
"Nie im Leben Junge! Von dem Restgeld kannst du sicher ein paar hübsche Blumen für die Frau kaufen, das macht einen guten ersten Eindruck!" Mister Davies legte immer Wert auf gute Manieren und konnte sich auch nicht helfen, andere damit zu belehren. Edith schrieb den Preis auf.
"Bitte, Mister Davies, ich bestehe." Aldwyn wandte sich Edith zu, und sein Blick fragte nach dem Preis.
"Das sind zehn Pfund Sterling, bitte." Aldwyn legte das Geld auf den Thresen, während er Edith ein warmherziges Lächeln gab, nahm das Schwein und verschwand wieder im Nebel. So ein Guter Kerl, dachte sich Edith.
Am Abend desselben Tages fand sich Edith vor dem Kamin wieder, und kam nicht umhin, an Aldwyn und die Hunt Tochter zu denken. Es wühlte sie so sehr auf, dass sie sich vornahm, Aldwyn ihre Gefühle zu gestehen, komme was wolle. Nach einer unruhigen Nacht stand Edith auf, befeuerte den Kamin und fing an zu lesen. Es war Sonntag. Heute würde nicht viel los sein, dachte sie sich. Heute wäre es genau richtig. Bei einem Blick aus dem Fenster stellte sie fest, dass die Sicht klar war, sich jedoch ein paar Schneeflocken auf den Boden nieder ließen. Ja, dachte sie sich erneut, heute ist es perfekt.
Nachdem sie ihrem Vater und ihrer Mutter Frühstück bereitet hatte, und selbst ein bisschen Brot und Wasser zu sich nahm, machte sie sich sofort auf den Weg zu dem Haus der Turners. Der Nebel des letzten Tages hatte sich gelegt, dafür war der Boden gefroren und die Straßen rutschig. Edith musste bei jedem Schritt ihre Beine anspannen, um nicht selber den Boden zu küssen.
Nach einem angemessenen Spaziergang erreichte sie das Haus der Turners, und stellte sich vor die Haustür. Beim Gedanken daran, ihrem Liebsten bald ihre Gefühle zu offenbaren, klopfte ihr das Herz wie wild in der Brust. Doch noch bevor Edith and die Tür klopfen konnte, öffnete sich diese und Aldwyn stand vor ihr.
"Wie schön, dich zu sehen, Edith! Ich habe dich zufällig gesehen, als ich aus dem Fenster sah. Komm rein!" Mit einem Lächeln weitete er den Spalt, und ließ die junge Dame eintreten.
"Dankesehr, Aldwyn." Edith betrat den kleinen Eingangsbereich und ließ sich von Aldwyn ihren Mantel abnehmen.
"Ich lasse einen Tee für dich aufsetzen.", sagte er, während er den Mantel an einen Kleiderhaken hing. "Und ich muss dir unbedingt von gestern Abend erzählen." Ediths Herz machte einen Sprung. Aldwyn klang sehr aufgeregt, hatte er sich etwa in das Mädchen verliebt? War ihr schlimmster Albtraum zur Realität geworden? Wieder zwang sie sich, sich nichts anmerken zu lassen, und ihrem besten Freund in das Gästezimmer zu folgen.
"Setze dich doch", bat Aldwyn ihr an. Edith folgte dem Angebot, und sah zu ihm auf. "Ich hole eben Tee und etwas Gebäck." Nach ein paar Minuten in der Stille kam er wieder zurück und stellte ein Tablett mit einer Kanne, zwei Tassen mit jeweiligem Untersetzer und Löffel, einer Zuckerdose und einen kleinen Teller mit etwas Gebäck auf den Tisch.
"Also,", fing sie etwas unbeholfen an, während er sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches setzte, "wie war der gestrige Abend?"
"Oh, ja richtig." Aldwyn hob die Kanne, und schüttete in beide Tassen etwas Tee. "Familie Hunt ist wirklich freundlich, es war ein netter Abend." Beide nahmen vorsichtig die Tassen Tee in die Hand und tranken jeweils einen Schluck. Aldwyn lächelte leicht. "Und ich möchte dir jemanden vorstellen. Weißt du, Edith, du und ich kennen uns so lange, und mir ist es sehr wichtig, dass ihr euch kennen lernt."
Ediths Herz machte einen Sprung, worauf sie die Tasse sofort wieder absetzte. Vorstellen? Das Hunt-Mädchen? Ein Gefühl von Rachegelüsten und Eifersucht machte sich in ihr breit. Dieses Mädchen würde es bereuen, Aldwyns Herz an sich gerissen zu haben, da war sie sich sicher. Edith bemerkte, wie lange sie schon geschwiegen hatte. Sie schüttelte ihren Kopf, um sich wach zu rütteln, und sah ihren Freund nun wieder bewusst an.
Sie zwang sich zu lächeln. "In Ordnung, Aldwyn." Aldwyn war sichtlich erfreut.
"Das freut mich sehr, Edith. Er wird auch gleich da sein!" Es klopfte an der Tür. "Das ist er, warte doch bitte hier." Er? Edith wunderte sich. Sie war sich sicher, ihr Freund würde ihr nun sein Herzblatt vorstellen, und die Freundschaft wäre niemals dieselbe, aber Er? Doch noch bevor sie aufstehen konnte, um Aldwyn zur Tür zu folgen, stand dieser mit einem anderen, fast noch attraktiveren jungen Mann im Türrahmen des Zimmers.
Sofort erhob sich Edith von ihrem Stuhl und sah dem Unbekannten in die Augen, der ihren Blick erwiderte.
"Edith,", begann Aldwyn, während er den Mann etwas nach vorne schob. Und Gott stand ihr bei, dieser war ein Mann. "Das ist Edgar Hunt. Er ist der Sohn der Familie Hunt, die gestern bei uns aß. Wir verstehen uns sehr gut, und deswegen möchte ich, dass ihr beide euch kennen lernt."
Der Edith immernoch fremde Mann ging auf sie zu, während sie automatisch ihre Hand nach oben hielt. Er ergriff diese sanft und beugte sich leicht nach vorn um einen Handkuss anzudeuten.
"Guten Tag, Edith Davies. Mein Name ist Edgar Hunt. Es ist mir eine Ehre, Aldwyns älteste Freundin kennen zu lernen." Edgar ließ ihre Hand leicht senken, bis er sie endgültig losließ und lächelte charmant.
Edith war überwältigt. So gute Manieren, ein so gut erzogener Mann. Eine ausgewogene Sprache - sie war so sprachlos, dass Edith glatt vergaß zu sprechen.
"Edith-", platzte es ihr dann endlich heraus, "Edith Davies. Ist mir ebenfalls eine Ehre." Sie war erleichtert. Welch ein Glück! Ihre Sorgen, Aldwyns Herz verloren zu haben, waren erloschen. Die Angst, den besten Freund, nein, Aldwyn selbst zu verlieren, war fort. Denn es war einfach nur ein Mann.
Edith und Edgar tauschten ein paar Blicke aus, bis Aldwyn dazwischen ging und beiden wieder einen Platz bot. Sie setzten sich.
"Also, Edith,", setzte Edgar zum Gespräch an, während er sich von Aldwyn eine Tasse mit Tee einschütten lies, "Du und Aldwyn kennt euch ja schon ziemlich lange."
"Ja,", antwortete diese sofort, "seit ich denken kann. Natürlich wird sich Aldwyn noch ein paar Dinge erinnern können, ich bin ja etwas jünger als er, aber ich kenne ihn, solange ich denken kann. Unsere Familien sind sehr enge Freunde. Und da wir keine Geschwister hatten, waren wir uns gegenseitig Bruder und Schwester."
"Aha, daher kommt das also.", schlussfolgerte Edgar. Aldwyn setzte sich nun auch, und schien etwas entspannter zu sein.
"Edgar,", fing Aldwyn nun an, "ist auch auf eine Privatschule gegangen, so wie du, Edith. Darüber hinaus reitet er."
"Nur ab und zu.", wiedersprach dieser mit einem leicht peinlich berührtem Lächeln. Edith dagegen war sehr erstaunt.
"Ihr scheint sehr wohlhabend zu sein.", stellte sie fest.
"Nun, wir leben mit dem, was wir haben, und genießen es in vollen Zügen. Meine Eltern legen Geld lieber an, als es im Heim zu verstecken.", erklärte Edgar. Edith verstand.
Es war ein netter Nachmittag, und Edith lernte Edgar gut kennen. Neben den Reitkünsten lernte sie auch, dass er gerne Schach spielte, lange Spaziergänge führte, las, und dass sein Vater immernoch auf der Suche nach einer jungen Dame für ihn war. Darüberhinaus bemerkte Edith auch, welch eine gute Verbindung zwischen Aldwyn und Edgar herrschte. Eine Dynamik, wie sie sie nur bei wenigen Ehepaaren beobachtet hatte.
Als es um den Abschied ging, lud Edgar Aldwyn und Edith sogar zu einem Fest am nächsten Freitag ein. Beide nahmen dankbar an.
Edith ging etwas früher als Edgar, allerdings kannte sie nicht die Gründe für seinen verlängerten Aufenthalt. Erst Zuhause fiel Edith ein, dass sie Aldwyn eigentlich ihre Liebe gestehen wollte. Sie ärgerte sich, beschloss dann aber, dass das Fest eine weitere gute Möglichkeit bieten würde. Und diesmal würde sie nichts davon abhalten.
Die vier Tage zwischen Sonntag und Freitag zogen schnell ins Land, sodass Edith glatt vergaß, ein geeignetes Kleid für den Abend auszusuchen. Sie entschied sich für das Sonntagskleid, welches sie eigentlich nur zu ihrem Geburtstag und Weihnachten trug. Doch dieser Abend war eine Ausnahme, denn es sollte der Abend werden, an dem Edith endlich ein Paar mit Aldwyn werden würde.
Aldwyn holte seine Freundin bei ihr Zuhause ab, als es schon dunkel war. Die Straßen waren vereist und die Schneeflocken groß, doch das hielt Edgar nicht davon ab, den beiden eine Kutsche stellen zu lassen.
"Und sie ist wirklich für uns?", Edith konnte es immernoch nicht fassen.
"Ja!", freute sich Aldwyn, "Nur für uns beide, und sie führt uns direkt zu deren Aufenthaltsort."
Der junge Mann hielt Edith eine Hand hin, und gelitt sie in das Gefährt. Daraufhin folgte er ihr in das Gehäuse, wonach der Chauffeur die Tür hinter ihm schloss und in wenigen Minuten die Pferde vorran trieb.
Aldwyn begutachtete seine Freundin. "Du siehst wirklich sehr hübsch aus, Edith."
Diese errötete sofort. "Danke, Aldwyn.", sagte sie bescheiden, doch innerlich pochte ihr Herz wie wild, und sie spürte wie der Wagen immer heißer wurde. "Du siehst auch sehr gut aus."
"Danke, ich habe mein Bestes gegeben.", antwortete er. Edith war sehr froh, dass er ihre heißen Wangen nicht bemerkte.
Nach einer langen Fahrt hielt die Kutsche an. Edith war immernoch sehr nervös. Ihr fiel außerdem wieder ein, warum sie heute hier war. Und als sie von Aldwyn aus der Kutsche geleitet wurde, fehlte ihr der Atem, und sie kippte beinahe um. Dies war der perfekte Ort, für eine perfekte Liebesgeschichte.
"Edith!", Aldwyn hielt sie etwas fester, während sie fast umkippte. Sie richtete sich so schnell sie konnte wieder auf, was eher langsam war, und hielt sich an Aldwyns Arm fest. "Alles in Ordnung, Edith?"
"Ja.", so langsam erhielt sie wieder volle Besinnung, "Ja, dieser Ort ist nur so schön, weißt du." Aldwyn lächelte amüsiert, und das zauberte Edith auch ein leises Lächeln auf die Lippen.
Aber es war wahr. Dieser Ort war magisch. Es war ein nicht allzu großes Anwesen, allerdings war es alleine, dort, wo es stand, umrandet von einem mehr oder weniger dichten Wald, eingehüllt von der sanften Decke des Schnees. Der Eingang des mächtigen Gebäudes versteckte sich unter einem halbkreis-förmigen Balkon, gestützt von sechs Säulen. Der Weg dort hin, mit Kieseln ausgelegt, wurde am Rand von Flammen erleuchtet, hinter denen sich ein Teich verbarg, in dem sich das beleuchtete Haus spiegelte. Hinter dem Teich stand eine riesige Eiche, die wie ein Schatten über das Haus zu wachen schien.
"Du hast recht.", gab Aldwyn zu, "Dieser Ort ist wunderschön." Aldwyn und Edith lächelten sich gegenseitig an, worauf er ihr den Arm hin hielt. Edith legte wohlwollend ihre Hand in die Armbeugung, und zusammen mit vielen anderen Gästen gingen sie dem Eingang entgegen. Edith war aufgeregt. Das war ihre Nacht. Heute würde es endlich geschehen.
Ohne eine Spur von Edgar wurden die beiden von dem Herrn des Hauses, Mister Eastwood, und den Gastgebern, Familie Hunt - abgesehen von Edgar - begrüßt. Aldwyn fragte nach seinem neu gewonnenen Freund, doch sie konnten ihm keine Antwort geben. Daher führte er Edith weiter hinein in das Anwesen.
Der Ballsaal lag direkt vor ihnen. Und wie es der Zufall nun mal so wollte, spielte das kleine Orchester das Lied gerade zu Ende. Edith wollte unbedingt den nächsten Tanz mit Aldwyn tanzen. Danach, so dachte sie sich eben, würde sie ihn nach draußen führen, und ihm seine Liebe gestehen.
Doch Aldwyn fragte Edith nicht nach einem Tanz. Und er ging auch nicht direkt auf den Ballsaal zu, sondern blieb in dem Flur davor stehen und sah sich um.
"Aldwyn?" sprach Edith ihn an. Er sah überrascht zu ihr. Unsicher fuhr sie fort. "Möchtest du mich nicht zu einem Tanz einladen?" Just in diesem Moment begann die Musik zu spielen. Edith wurde etwas nervös.
"Oh, ja klar." Aldwyn zog seine Freundin etwas unsanft auf die Tanzfläche, und sie fingen an zu tanzen.
Was war denn nur mit Aldwyn los? Wieso wirkte er auf einmal so abwesend? Während des Tanzes hielt er kaum Augenkontakt zu Edith, und schien mit den Gedanken ständig woanders zu sein. Doch Edith traute sich nicht zu fragen, und sie war sich trotzdem sicher, ihm zu gestehen, auch wenn er sich seltsam verhielt. Sie liebte ihn trotzdem.
Nach dem Tanz machten die beiden Pause und genossen einen Trunk. Aldwyn schien nun auch nicht mehr ganz so abwesend zu sein, und das stimmte Edith glücklich.
"Aldwyn Turner!", die Freunde drehten sich um und erblickten Edgar Hunt. Er sah in diesem schwarzen Aufzug noch besser aus als vorher.
"Edgar Hunt!", Aldwyns Miene hellte sich auf. Die beiden Männer reichten sich die Hände, und Edgar gab Edith einen Handkuss, so wie es sich gehörte.
"Es freut mich sehr, dass ihr beide es hier her geschafft habt." Edgar schien wirklich sehr erfreut zu sein.
Zu Dritt machten sich Edgar, Aldwyn und Edith einen schönen Abend, jedoch führte jeder Ediths Versuche, mit Aldwyn alleine zu sein, ins Nichts. Als die drei bei ihrem vierten Trunk waren, war Edith entschlossen, Aldwyn endlich ihre Liebe zu gestehen.
"Darf ich bitten?", Edgar Hunt hielt Edith mit rot angelaufenen Ohren und Nase eine Hand hin und gluckste einmal. Edith, gut erzogen wie sie war, nahm an. Dennoch war sie unsicher. Sie selbst war noch bei vollem Bewusstsein, Edgar jedoch schien schon etwas zu schwanken. Das stimmte sie nervös.
Dennoch war Edgar im trunkenen Zustand immernoch ein hervorragender Tänzer und so konnte Edith die Zeit genießen. Nachdem die Musik abgeklungen war, machten beide einen Knicks, und kehrten zu Aldwyn zurück, der die vergangenen Minuten am Rand der Tanzfläche verbrachte.
Erschöpft setzte Edith sich neben ihren Freund und schloss für einen Moment die Augen, während sie dem Rauschen der Menschen lauschte. Jetzt. Jetzt, nachdem sie sich beruhigt hatte, würde sie mit Aldwyn hinaus gehen.
"Edith, Edgar zeigt mir kurz etwas, kommst du zurecht?"
"Ja, sicher", antwortete Edith reflexartig, während sie sich die Schläfe massierte. Sie musste den Alkohol los werden, denn er bereitete ihr schon jetzt Kopfschmerzen. Dann realisierte sie, was sie da eigentlich gerade gesagt hatte. "Nein, Aldwyn, warte einen Moment!" Doch als sie ihre Augen öffnete, war Aldwyn verschwunden, und Edgar mit ihm. Edith packte die Nervosität. Sie musste Aldwyn finden.
Ruckartig erhob sie sich von ihrem Stuhl und bewegte sich zügig nach vorne. Wo könnte Edgar Aldwyn hingeführt haben? Eilig huschte sie durch die Menschenmenge, die Gedanken voll auf die zwei großen Männer gerichtet.
"Entschuldigen sie, Miss?", Edith wurde von einem fremden Mann festgehalten, welcher ihr mit besorgtem Gesicht in die Augen sah. "Sucht Ihr etwas?"
Edith wandt sich aus dem Griff des Mannes. "Ja.", antwortete sie dann. "Zwei Männer, einer ist mein Begleiter, und der andere ist Edgar Hunt, der Sohn des Gastgebers. Habt Ihr sie beide vielleicht gesehen?"
"Oh ja, das habe ich. Sie sind gerade diesen Flur entlang gehuscht." Edith folgte der Richtung in die er zeigte, doch konnte sie weder Edgar, noch Aldwyn sehen. Sie wurde schon zu lange aufgehalten.
"Vielen Dank.", sagte sie schnell, und machte sich auf zu gehen.
"Einen Moment, Lady!", rief er ihr hinterher. "Darf ich um diesen Tanz bitten?"
Edith drehte sich um. "Entschuldigt, ich muss mich beeilen." Und damit floh sie vor ihm in den Flur hinein. Doch als sie dessen Ende erreichte, war da nichts, außer ein offenes Fenster. Edith dachte nach. Sicher würden die beiden Männer hindurch passen, Edith mit ihrem breiten Rock aber nicht.
So schnell sie könnte rannte Edith aus dem Eingang und schnellte um das Haus herum zu der Stelle, an der das offene Fenster war. Doch auch hier war niemand zu sehen. In dem Schnee jedoch sah sie Fußabdrücke. Sie war sich sicher, dass diese Edgar und Aldwyn gehören müssten.
Edith folgte den Fußstapfen zu einer unscheinbaren Hütte am Waldrand, welcher sich hinter dem Haus herstreckte. Innen konnte man zwei Gestalten erkennen. Edith wusste, dass es unhöflich war, einen Raum zu betreten, ohne sich vorher anzukündigen. Allerdings wollte sie auch nicht klopfen. Aus irgendeinem Grund wollte sie wissen, was die beiden dort drinnen trieben. Was taten sie, was sie nicht im Ballsaal tun konnten? Edith konnte sich nicht vorstellen, dass Edgar Aldwyn diese Hütte zeigen wollte, denn man konnte ihr die vielen Jahre ansehen.
Vorsichtig schlich sie um das Haus herum, auf der Suche nach einem Fenster. Als sie eines fand hielt sie einen Moment inne. Nein, sie konnte nicht widerstehen. Edith blickte hindurch.
Ihre Vermutungen hatten sich bestätigt. Die Fußstapfen stammten von Aldwyn und Edgar. Und es war auch nicht die Hütte, die Edgar Aldwyn zeigen wollte.
Doch das, was Edith dort sah war jenseits ihrer Vorstellungskraft.
Aldwyn und Edgar standen dort, in der Mitte des Raumes. Aldwyn, die Hände an Edgars Hüfte, zog ihn näher zu sich, während Edgars Hände auf Aldwyns Wangen ruhten. Und es war noch nicht einmal hässlich, kein schmerzerfüllter oder schamvoller, sondern ein sinnlicher, liebevoller, und sanfter Kuss, den sie austauschten.
Ediths Augen weiteten sich. Passierte das gerade wirklich? War sie nicht vorhin wirklich umgekippt und träumte das? Doch so abscheulich dieser Anblick auch für sie war, konnte sie ihre Augen nicht von dem Geschehen wenden.
Die beiden jungen Männer lösten sich voneinander und lachten kurz. Dann ergriff Aldwyn die Initiative und küsste den anderen Mann intensiver als zuvor, drückte ihn enger an sich. Und Edgar erwiderte mindestens genauso, wenn nicht noch lustvoller. Die beiden konnten sich kaum noch voneinander lösen, vollkommen ineinader verschlungen. Edith war sprachlos. Sie war noch nicht einmal sauer. Es war so falsch, doch die Liebe, die die beiden gegenseitig ausstrahlten, war echt. Und Edith liebte eine echte Liebe. Doch es war der falsche, den Aldwyn da küsste, dass wusste sie ganz sicher. Eines stand jedoch fest: Ediths perfekter Abend würde nie stattfinden, und ihre Liebe würde sie Aldwyn auch nicht gestehen können. Nicht, solange Edgar noch hier war. In lauter Gedanken versunken, bemerkte sie gar nicht, dass sie entdeckt wurde.
Edgar und Aldwyn starrten Edith genauso erschrocken an, wie sie es auch bei ihnen getan hatte. Sobald sie dies jedoch bemerkte, stellte Edith fest, welch großen Fehler sie begonnen hatte. Ihr Blut schoss in ihre Beine, und sie rannte so schnell es ging fort.
"Edith!", hörte sie aus der Ferne, während sie in den Wald hineinrannte. "Edith, warte doch!"
Edith war so schnell sie konnte, doch das Rennen war nie ihre Stärke gewesen, und schon bald war sie außer Atem. Sie wollte nicht mit Aldwyn konfrontiert werden. Das war zu viel. Und das musste Edith ausgerechnet an dem Abend erfahren, an dem sie ihrem Freund ihre Liebe gestehen wollte! Wut kochte in ihr auf. Sie hasste Edgar. Sie hasste Aldwyn. Nein, sie liebte Aldwyn über alles, aber sie hasste ihn für seine Liebe zu Edgar. Vielleicht hatte sie sich auch geirrt? Vielleicht hatte sie auch etwas ganz anderes gesehen? Edith blieb stehen und rang nach Atem. Tränen durchtränkten ihre Augen, sodass ihre Sicht komplett davon eingenommen wurde. Sie hörte, wie sich zwei Personen näherten, und Aldwyn ihren Namen rief. Nichts sehnlicher wünschte sich Edith, als jetzt von diesem Ort weg zu kommen. Unwillkürlich fing sie an zu schluchzen.
Edith schreckte auf, als jemand zu ihrer Seite ihre Hand ergriff. "Laufen Sie." flüsterte der fremde Mann ihr zu, dessen Stimme ihr doch bekannt vorkam. Ohne auch nur nachzudenken folgte Edith seinem Befehl und Hand in Hand schnellten sie an den Bäumen vorbei. Der Atem schien ihr keine Probleme mehr zu bereiten, obwohl sie noch schneller als zuvor rannte, während die Äste ihr Wunden in Gesicht und Arme schnitten. Nachdem sie eine Weile gerannt waren hielten sie auf einem Berg an und Edith konnte endlich in das Gesicht des Mannes blicken, der sie gerade gerettet hatte. Es war derjenige, der ihr auch vorhin geholfen hatte, Aldwyn und Edgar zu finden.
"Ihr?", brachte Edith heraus, voller Erstaunen und Verwirrung.
Der Mann drehte sich zu ihr und präsentierte sich nun in voller Stärke. Er war nicht besonders gutaussehend, aber sein Selbstbewusstsein strahlte beinahe so hell wie der Mond über ihnen.
"So ist es." Ein Schweigen herrschte zwischen den beiden. Edith musste nachdenken.
"Das ist nun das zweite Mal in kurzer Zeit, dass Ihr mir helft. Wieso?" Für diese Worte hatte sie lange gebraucht.
"Nun,", antwortete er, "Ich weiß was Ihr wollt, Edith." Ediths Herz setzte für einen Schlag aus, als er ihren Namen sagte. Und obwohl es alles so falsch zu sein schien, fühlte sie, als könne sie ihm voll und ganz vertrauen. "Und ich möchte Euch helfen", fuhr er fort.
"Ach ja? Was will ich denn?", gab sie herausfordernd zurück.
"Aldwyn Turner", hieß es von dem unbekannten Mann. "Ihr wollt seine Liebe. Und Ihr sollt sie haben. Ich weiß, dass Edgar ein Problem darstellt. Aber es ist ein Problem, welches sich beseitigen lässt."
"Es ist nicht so, dass-"
"Ich weiß", unterbrach sie der Mann. "Ich habe auch nichts gegen Männer, die sich küssen. Und ich weiß, dass Ihr die beiden eigentlich nicht auseinanderzerren wollt. Aber Aldwyn ist nun einmal Eures." Edith sah dem Mann in die Augen. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen, oder wusste seinen Namen, und dennoch wusste er alles über sie und ihren sehnlichsten Wunsch. Er sprach die Wahrheit aus. Die pure Wahrheit. Es war wirklich kein Problem für Edith, wenn sich zwei Männer küssten. Sie kannte Aldwyn gut genug, um zu wissen, dass er ein ehrlicher Mann war. Dennoch, sie wollte an Edgars Stelle sein. Nein, sie musste an Edgars Stelle sein. Der Mann grinste zufrieden, als er bemerkte, dass er Recht hatte.
"Wer seid Ihr, dass ihr so viel über mich wisst?", wollte Edith wissen.
Er legte seinen Zeigefinger auf seine Lippen, und grinste so breit, dass seine Zähne zum Vorschein kamen. "Meinen Namen müsst Ihr nicht wissen. Das Einzige, was Euch interessiert, ist, dass ich Euch bis zu Eurem Ziel zur Seite stehen werde. Bis Ihr und Aldwyn euren ersten Kuss austauscht, wird nichts anderes mein Leben bestimmen." Dem musste nichts mehr hinzugefügt werden. Edith wusste, dass er die Wahrheit sprach, und sie musste es auch nicht verstehen.
"Gut, also, was nun?" Edith hatte sich beruhigt. Sie ging auch nicht mehr davon aus, dass Aldwyn und Edgar sie finden würden.
"Ich kann Edgar verschwinden lassen", antwortete er, wissentlich, dass Edith sich nun darauf einlassen würde. "Jetzt sofort." Edith sah zu ihm auf.
"Nein.", sagte sie fest entschlossen, "Nicht sofort."
"Edith! Wo bist du?!" Aldwyns Stimme erklang in ihrem Ohr. Edith wandte sich nach hinten. Wie konnte Aldwyn ihr bis hier gefolgt sein? Sie drehte sich um, panisch, den Mann nach einer Lösung fragend, doch er war verschwunden. Edith stand allein dort, und Aldwyn würde sie schon bald erreichen. Doch sie war ruhig. Jetzt würde sie nicht mehr fliehen. Aldwyn erreichte seine Kindheitsfreundin, dicht gefolgt von Edgar.
"Edith, bitte lass es mich erklären.", bettelte er, als er einige Zentimeter vor ihr anhielt. Edith sah ihn mit müden und kalten Augen an.
"Ich verstehe, Aldwyn", sagte sie. Er war überrascht. "Du liebst Edgar." Edgar stellte sich neben Aldwyn. Sie sah ihn an. "Und er liebt dich." Sie lächelte schwach.
Aldwyns Muskeln entspannten sich. "Dann ist also alles in Ordnung?", fragte er, hoffungsvoll.
"Ja", gab Edith zurück. Edgar und Aldwyn tauschten einen erfreuten Blick aus, und das erleichterte Lächeln war nicht mehr von ihnen zu lösen.
"Oh Edith, ich hatte ja so viel Angst! Ich dachte, ich hätte dich verloren!" Edith sah zu ihm auf. Er war also um sie besorgt? Dieser Gedanke entspannte ihre Muskeln, und nun lächelte sie auch wirklich.
"Nur über meine Leiche", gab sie freudig zurück. Aldwyn konnte sich nicht zurückhalten und umarmte sie fest. Edith legte ihren Kopf auf seine Brust und genoss die Nähe, die Umarmung erwidernd. Sie lösten sich voneinander, und Edith sah Edgar an. Seine hellen grünen Augen, so strahlend, voller Leben. Er schien auch dankbar zu sein, dass sie ihre Liebe akzeptierte. Edith nahm sich vor, Aldwyn und Edgar zu unterstützen. Ihnen einen sicheren Raum zu geben, sodass sie sich nicht ständig verstecken mussten. Denn es war klar, dass sie die Einzige sein würde, die diese Liebe unterstützt.
Während sie den beiden auf dem Rückweg ihr Vorhaben erklärte, ihnen beiden einen sicheren Ort vor der Öffentlichkeit zu organisieren, plante sie schon, wie lange sie brauchen würde, um Edgars volles Vertrauen zu erlangen. Denn erst dann würde er sich ohne misstrauischen Hintergedanken allein mit ihr treffen, damit sie...
Zu dritt kehrten sie zu dem Ball zurück. Es war vielleicht eine Stunde vergangen, also hatten sie nicht viel verpasst. Sie genossen den Rest des Abends. Jedoch war Edith etwas melancholisch gestimmt. Sie wollte Aldwyn doch so gerne ihre Liebe gestehen. Egal. Bald würde sie Aldwyn für sich haben. Während sie sich im Ballsaal umsah, konnte sie auch die Silhouette des Mannes erkennen, der so gewillt war, sie zu unterstützen. Er warf ihr ein wissendes Lächeln zu und verschwand daraufhin im Schatten des Hauses. Es verwirrte Edith nur minimal.
Edgar organisierte wieder eine Kutsche für die Freunde, die sie nach Hause bringen sollte. Aldwyn bedankte sich auf dem Weg tausend Mal für Ediths Verständnis, und erzählte ihr von der Angst der Zurückweisung. Niemals würde Edith Aldwyn gehen lassen. Dafür liebte sie ihn zu sehr. Während die beiden sich miteinander unterhielten musste sie sich jedoch zurückhalten, Aldwyn nicht zu küssen - oh, wie lange würde es noch dauern, ihn endlich zu spüren? Edith hielt sich jedoch gekonnt zurück.
Am Morgen nach dem Ball machte sich Edith frisch und sah sich in der Stadt nach leeren Räumen um. Sie fand einige, aber die meisten waren ungeeignet oder brauchten zu viel Aufarbeitung. Edith entschied sich für ein kleines und unscheinbares Haus am Rande der Stadt. Es war nicht zum Verkauf frei gegeben, sondern stand einfach leer, und war in einem guten Zustand. Am selben Nachmittag noch machte sich Edith auf zu Aldwyns Haus und gab ihm Bescheid. Er bedankte sich herzlich und wollte ihr noch etwas Tee anbieten, diese jedoch verneinte dankend und machte sich wieder auf den Weg zu sich nach Hause. Edith hatte heute noch zu tun. Sie musste nachdenken. Wieso konnte nicht wieder der mysteriöse Mann erscheinen? Er wüsste sicher, was zu tun ist. Etwas aufgewühlt über ihre Gedanken betrat Edith die Stube ihrer Eltern und ging weiter hindurch in ihr eigenes Zimmer.
"Guten Tag."
Ediths Herz blieb stehen und sie schreckte zurück gegen ihre Tür. Der Mann saß auf ihrem Bett. "Ihr!", rief sie entsetzt.
"Ja, ich bin es. Ich sagte doch, ich bin da, wenn Ihr mich braucht." Er rückte etwas zur Seite und tippte mit der Hand auf den freien Platz neben ihm, womit er andeutete, sie solle sich setzen. Edith folgte dem Befehl jedoch nicht sofort. Sie musste sich erst beruhigen.
"Ich brauche Hilfe", sagte sie schließlich.
"Ich weiß, deswegen bin ich hier."
Edith wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Wusste der Mann nicht ohnehin, was in ihrem Kopf vorging?
"Nun,", fing er an, "Wie ich sehe wählt Ihr einen guten Weg, euer Ziel zu erreichen." Ediths Gesichtsmuskeln zogen sich zu einer fragenden Miene zusammen. "Ihr wollt Edgars Vertrauen gewinnen, um ihn dann hinterrücks umzubringen."
Edith sah betreten zur Seite. Genau das war ihr Plan. Eine grausame Tat, die jedoch notwendig war. Edith wusste, wie grausam es war, doch der Mann lies es wie ein völlig normales und übliches Vorgehen klingen. Tat er so etwas etwa öfter?
"Nun denn, es handelt sich nun um die Ausarbeitung dieses Plans. Ihr habt schon einen großen Schritt gemacht, dem jungen Paar einen Raum zur Entfaltung ihrer Sexualität zu bieten. Nun solltet Ihr Edgars Vertrauen gewinnen. Ich schlage vor, Ihr werdet seine beste Freundin, diejenige, zu der er geht, wenn ihm unsägliche Sorgen plagen. Spielt Schach mit ihm, besucht ihn bei Reitturnieren, unterhaltet euch mit ihm über Literatur während eines langen Spazierganges."
Was der Mann da zu ihr sagte, erschien ihr sehr logisch. Sie würde nach der Arbeit viel Zeit mit Edgar und Aldwyn verbringen.
"Aber wie bringe ich ihn dazu, sich allein mit mir zu treffen?", fragte sie schließlich.
"Das ist ganz einfach. Aldwyn hat doch bald Geburtstag, nicht wahr? Sie beide organisieren ein wunderbares Geschenk für ihn."
"Eine Hochzeit!", fiel Edith sofort ein. Der Mann lächelte zufrieden.
"Eine gute Idee", bestätigte er. Für einen Moment schwiegen die beiden. Edith jedoch, dachte nach. Es war wirklich der perfekte Plan. Da Aldwyns Geburtstag immer näher rückte, würde sie auch nicht so lange warten müssen.
"Eine Sache noch", warf Edith in den Raum, kurz bevor der Mann gehen wollte. "Wie sorge ich dafür, dass ich nicht erwischt werde? Ich meine, ich kann mit dem Messer umgehen, aber man wird es erkennen, oder nicht?"
"Oh,", sagte der Mann mit einem verspielten Grinsen auf seinen Lippen, "Darüber müsst Ihr euch keine Sorgen machen." Und damit verschwand er hinter ihr aus dem Raum und war sofort wie vom Erdboden verschluckt.
Edith sah nach draußen. Es war noch nicht allzu spät. Sie konnte jetzt noch zu Edgar fahren. Je schneller sie sich mit ihm befasste, desto besser würde ihr Verhältnis werden. Edith ging zur Eingangstür, warf sich schnell ihren Mantel um und schnellte auf die Straße hinaus. Sie dankte Gott, dass es schneite, denn so konnte sie schneller als an den vorherigen Tagen unterwegs sein, wo die Straßen immer noch zugefroren waren. Edith fragte sich, ob jemals wieder Frühling kommen würde.
Bald schon erreichte Aldwyns Haus. Sie musste ihn fragen, wo Edgar wohnte.
"Guten Nachmittag, Edith", begrüßte Aldwyn sie, nach dem er ihr die Tür geöffnet hatte.
"Guten Nachmittag, Aldwyn", grüßte sie zurück. "Ich habe mich gefragt, ob wir beide nicht Edgar besuchen wollen? Seit wir uns kennen gelernt haben, will ich mit ihm eine Partie Schach spielen."
Ohne ein Wort zog Aldwyn sich an und die beiden machten sich auf den Weg zu seinem Geliebten. Edith entschied, dass dies der subtilste Weg war, an Edgars Wohnort heran zu kommen. Aldwyn schien die ganze Zeit etwas sagen zu wollen, und sie wartete geduldig, doch er sagte nichts, bis sie an Edgars Haus angekommen waren.
Edgar öffnete den Freunden und hieß sie herzlich willkommen. Sie wurden in ein Gästezimmer gebracht und setzten sich auf die bequemen Sessel.
"Edith erzählte mir, dass sie unbedingt eine Partie Schach mit dir spielen wollte, Edgar", begann Aldwyn sofort.
"Das stimmt", führte Edith weiter fort. "Mein Vater pflegte es eine lange Zeit mit mir zu spielen."
"Ich bin gespannt, welche Fähigkeiten du heute an den Tag legen wirst." Edgar reichte ihr mit einem charmanten Lächeln die Hand, und nachdem sie diese annahm führte er sie zu einem Tisch, auf dem ein graziöses Schachfeld stand mit genauso prunkvollen Figuren, die bereit waren gespielt zu werden. Edith und Edgar setzten sich gegenüber, und Aldwyn setzte sich mit einem Stuhl daneben.
"Nun, Ladies first heißt es, nicht wahr?", Edgar deutete auf die weißen Spielfiguren, die vor Edith standen.
"So heißt es", antwortete sie und setzte das Pferd von g1 auf f3. Edgar antwortete darauf, indem er den selben Zug spiegelverkehrt ausführte: Das Pferd von g8 auf f6.
Das Spiel zog sich in die Länge, mal war Edith in Führung, und manchmal rettete sich Edgar durch ein paar geschickte Züge, sodass Edith beinahe die Hoffnung aufgab, zu gewinnen. Am Ende jedoch stand Edgars König auf c8, und Edith ergriff die Möglichkeit, ihn mit dem Turm auf c7 Schach Matt zu setzen.
Edgar lehnte sich zurück und entspannte seine Muskeln.
"Verdammt, Edith", sagte er, während er einen tiefen Atemzug ausstieß, "Du bist schlau. Ganz schön fix, mit deinen Zügen. Du hast das Spiel genau im Griff", er sah sie an und lächelte. "Das könnte die beste Schachpartie meines Lebens gewesen sein. Ich bin beeindruckt."
Edith lächelte erleichtert. "Geht mir ebenso. Du warst auch nicht schlecht. Für eine ganze Weile hattest du das Spiel in der Hand. Ich dachte, ich wäre verloren!"
"Umso faszinierender ist es, dass du es dennoch zu deinen Gunsten ausnutzen konntest."
Edith war zufrieden. Dass sie ihn hierbei besiegt hatte, bewies Edgar, dass sie eine starke Frau war und nicht so leicht unterzukriegen. Da war sie sich sicher. Edith und Edgar spielten noch eine weitere Runde, jedoch unterhielten sie sich mehr, als das sie sich auf das Spiel konzentrierten. Edith war sich sicher, dass sie beide sich gegenseitig schon öfter Matt gesetzt hatten, es nur einfach nicht auffiel.
Als es bereits dämmerte, beschloss Edith, Aldwyn und ihrem neu gewonnenen Freund Edgar das Haus zu zeigen, welches sie für die beiden organisiert hatte. Sie gingen einmal quer durch die Stadt, bis sie dort ankamen.
"Das ist unglaublich, Edith! Wie lange hast du hiernach gesucht?", wollte Edgar wissen, als er gerade mal einen Schritt hineingesetzt hatte.
"Ich hatte einen ganzen Morgen lang Zeit", antwortete Edith stolz. Ja, sie war stolz. Dieser Tag hatte sie um einiges näher an Edgar gebracht, und dieses Haus würde sein Vertrauen nur zu ihr stärken.
"Ich weiß nicht, wie ich dir jemals danken soll, Edith." Edgar begutachtete den Raum, jedes Möbelstück. In der Mitte stand ein großes Bett, welches Edith dort bereitgestellt hatte.
"Nun, ich denke, ihr beide solltet euch erst mal diesen Ort angucken. Hier sind zwei Schlüssel. Ich habe sie in einer Schublade gefunden. Es gibt nur diese zwei, also macht euch keine Sorgen, das jemand stört." Das war die Wahrheit. Edith hatte wirklich nur diese zwei Schlüssel. Sie hielt es für besser, dem jungen Paar seine Privatsphäre zu lassen. Edgar und Aldwyn gaben ihr zu verstehen, dass sie recht hatte, und so ging Edith wieder hinaus, legte die Tür vorsichtig ins Schloss und machte sich auf den Weg nach Hause. Es war schon spät.
In der nächsten Woche verbrachte Edith viel Zeit mit Edgar und Aldwyn. Sie ritten einmal aus, machten viele Spaziergänge im Schnee und diskutierten über das jüngste Buch von Poe: "Der Untergang des Hauses Usher" und weitere Autoren und deren Bücher, wie zum Beispiel Pavese. Aldwyn und Edgar versteckten ihre Liebe zueinander während der Zeit nicht. Im Gegenteil, manchmal scherzten die beiden sogar, ihren Lebensabend miteinander verbringen zu wollen. Und obwohl es als Scherz verpackt wurde, übersah Edith nicht den Funken des ernsthaften Wunsches danach in deren Augen. Edith wusste, dass es Zeit war, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Einmal besuchte sie Edgar also etwas früher, um ihm ihr Vorhaben über die Hochzeit an Aldwyns Geburtstag anzuvertrauen.
"Aber das ist doch schon so bald", zweifelte Edgar erst. Edith jedoch versicherte ihm, dass es nur eine intime Hochzeit sein würde, und sie nur seine Hilfe brauche, vorher den Hinterhof der Kirche – Dort, wo es stattfinden sollte – etwas zu dekorieren und vorzubereiten. Darauf lies sich Edgar doch ein, und Edith konnte ihm ansehen, wie sehr er sich freute. Sie freute sich auch. Alles lief nach Plan.
Den mysteriösen Mann sah sie zu der Zeit nicht, was aber heißen musste, dass sie alles richtig machte.
Sie und Edgar trafen sich öfter um einige Dinge zu planen. Sie verlegten den Ort des Geschehens auf eine unscheinbare Ecke im Wald am Stadtrand. Edgar fürchtete nämlich, sie würden entdeckt werden. Das verstand Edith, und so gingen die beiden in den besagten Wald und suchten sich eine Lichtung aus. Sie war perfekt. Sie beschlossen außerdem, dass es am späten Nachmittag passieren sollte. Edgar hatte bereits die Ringe besorgt und gab sie Edith, damit sie sie aufbewahrte. Gewiss würde sie das tun.
"Ich werde ihn in den Wald führen, während du schon hier wartest", erklärte sie dem jungen Mann.
"In Ordnung", gab er zurück.
Edith war nun sicher, dass sie, Edgar und Aldwyn bereit für diesen Abend waren. Als sie eines Abends von Edgar nach Hause kam, saß der mysteriöse Mann wieder in ihrer Stube. Er sah etwas schmaler als zuvor aus.
"Guten Abend", begrüßte er sie warmherzig. Sie war nicht mal mehr überrascht.
"Guten Abend", gab sie zurück. "Die Planungen laufen super. Jetzt muss ich nur noch wissen, wie Ihr diese Sache regeln wollt."
"Ihr meint den Mord?" antwortete er gezielt. Es traf Edith wie einen Schlag. Sie war in der ganzen letzten Woche vor dem geflohen, was sie vorhatte. Es war verboten, aber sie musste es tun. Nein, sie musste es tun. Aldwyn gehörte ihr. Der Mann sah anscheinend ihren inneren Kampf. "Ihr solltet euch nicht davor fürchten, Miss. Macht euch keine Sorgen. Ich weiß, wo Edgar sein wird, und ich weiß, wann er nicht mehr da sein wird. Lasst das bloß meine Sorge sein."
Edith nickte. "Edgar wird…", es kostete Überwindung, die folgenden Worte über die Lippen zu bringen, doch Edith wusste, es war nötig. Es war nötig, damit es zur Realität wurde. "Edgar wird morgen Abend sterben. Durch meine Hand." Unsicher sah sie zu dem Mann auf.
"So ist es", antwortete er, ein irgendwie trauriges Lächeln auf seinen Lippen.
Bald darauf verlies er sie auch. Vorher versicherte er ihr noch, dass sie sich auch keine Sorgen um die Konsequenzen ihrer Tat machen musste. Edith bedankte sich, und geleitete ihn hinaus. Wieder in ihrem Zimmer wurde sie den Gedanken nicht los, dass Aldwyn sie bald schon fest in seinen Armen halten würde. Er würde einsehen, dass sie die Richtige für ihn war. Sie beide würde für immer zusammen sein. Edith überkam ein warmer Schauer von Glück und sie musste unwillkürlich lächeln. Morgen schon. Morgen war es so weit.
Am nächsten Morgen stand Edith auf, ging in das kleine Bürozimmer ihres Vaters und strich den dreizehnten Februar aus dem Kalender. Heute war Aldwyns Geburtstag. Sie würde ihn nachher zusammen mit Edgar besuchen. Edith musste ihn allerdings vorher dazu zwingen, nichts über die geplante Hochzeit zu sagen. Der Plan war, dass Edgar auf der Lichtung warten, und sie später mit Aldwyn dazu kommen würde. Natürlich würde sie nichts dergleichen tun.
Edith ging hinunter in die schmale Küche, befüllte eine Kanne mit etwas Wasser und stellte diese auf den Kamin, den sie vorher schon befeuert hatte. Während das Wasser zum Kochen gebracht wurde, deckte sie den Tisch zum Frühstück. Danach steckte sie ein paar Teeblätter in das heiße Wasser und stellte die Kanne zu dem restlichen Gedeck dazu.
Nachdem sie mit ihrer Familie gefrühstückt hatte, packte sie ein paar Sachen zusammen und ging durch die kalte Luft auf die Lichtung im Wald. Als sie ankam, war Edgar bereits dort und ging ungeduldig auf und ab, während unter ihm die zugefrorenen Blätter knarzten.
"Guten Morgen, Edgar", begrüßte Edith den jungen Mann. "Ich hatte dich hier gar nicht erwartet."
"Guten Morgen Edith." Edgar blieb nun stehen und sah sie etwas aus den Gedanken gerissen an. Dann fand er wieder die Fassung. "Entschuldige bitte, ich bin nur so aufgeregt wegen heute Abend."
Edith lächelte unwillkürlich. "Ja, das glaube ich dir." Sie nahm das Tuch, welches sie unter ihrem Arm eingeklemmt hatte, und schlug es auf. Edgar kam direkt zur Hilfe.
"Gehen wir hiernach zusammen zu Aldwyn?", fragte Edgar freundlich, während sie beide vorsichtig das Tuch auf den Boden hinabließen.
"Gewiss", antwortete Edith sofort und zupfte das Tuch zurecht. Es war ein weißes Laken, welches sie aus dem Lager Zuhause stibitzt hatte. Gemeinsam befestigten sie das Tuch mit Steinen, die sie in der Umgebung fanden, und stellten ein paar Kerzen auf.
"Gut,", begann Edith, als sie alles angerichtet hatten, "wir sollten das wieder einpacken. Wie wäre es, wenn du es mitnimmst Edgar? Dann kannst du es anrichten, bevor ich mit Aldwyn hinterherkomme."
Edgar stimmte zu. Gemeinsam packten sie alles wieder ein, und machten sich auf den Weg zu Aldwyns Haus. Inzwischen war es schon Mittag geworden.
Als sie Aldwyns Haus erreichten, öffnete ihnen Mrs Turner und hieß sie herzlich willkommen. Edith und Edgar wurden ihre Mäntel abgenommen und sie wurden in die Küche der Familie Turner geführt. Dort saß Aldwyn bereits, ein Kuchen mitten auf dem Tisch. Als er Edgar und Edith sah, stand er sofort auf und begrüßte sie herzlich. Beinahe hätte er Edgar geküsst, doch sie beide konnten sich noch rechtzeitig von einander trennen. Edith hätte sich gewünscht, dass sie es getan hätten. Eine verbotene Liebe bedeutete nur Schmerz. Das wusste sie, denn Aldwyn und Edgar hatten ihr viele Geschichten erzählt, wie sie fast erwischt worden wären, oder wie misstrauisch ihre Eltern wurden, wenn sie sich in das Haus am Stadtrand zurückziehen wollten.
Nun saßen sie zu sechst am Tisch, aßen Kuchen, tranken Tee und unterhielten sich. Am späten Nachmittag verließ Edith wieder das Haus und machte sich auf den Weg nach Hause. Edgar und Aldwyn beschlossen, zusammen spazieren zu gehen. Edith wollte sie dabei in Ruhe lassen. Aldwyn würde sie bald schon ganz für sich allein haben, da musste sie ihm nicht jetzt noch Edgar vorenthalten.
Am frühen Abend hatten sich Edith und Edgar am Waldrand verabredet.
"Danke, dass du das für uns tust" sagte Edgar irgendwann zu ihr, so voller Freude. Seine Hellgrünen Augen blitzten auf. "Ich kann es immer noch nicht fassen, dass diese Affäre bald zur Realität wird. Weißt du, ich liebe Aldwyn wirklich. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals eine so wundervolle Person treffen würde. Und da war er plötzlich. Es war, als kannten wir uns schon seit Ewigkeiten. Er versteht mich einfach. Und dass du, seine beste Freundin, die ihn schon seit ihrer Kindheit kennt, uns unterstützt ist fast das größte Geschenk. Du bist eine wirkliche Stütze für uns, Edith. Ich danke dir so sehr."
Edith wurde rot. "Ach Edgar, du machst mich ja ganz verlegen!" Sie lachte etwas unbeholfen. Nach einer kurzen Pause sagte sie dann: "Ich sehe die wahre Liebe zwischen euch, und das gibt mir auch Hoffnung. Weißt du? Hoffnung auf eine ebenso liebevolle Beziehung wie ihr sie habt. Nein, ich bin wirklich glücklich für euch zwei."
"Ich bin sehr froh, wie du die Welt betrachtest, dass es dir nur auf die Liebe ankommt, und nicht auf das Geschlecht, Edith. Du hast ein wahrlich gutes Herz. Es ist mir wirklich eine Ehre, dich zu kennen."
Edgar zog Edith zu sich heran und hielt sie sanft, aber fest, in seinen Armen. Edith war etwas überrascht, erwiderte jedoch die Umarmung und atmete Edgars männlichen Geruch ein. Er war wahrlich ein guter Kerl. Nach einer Weile des Schweigens und der festen Umarmung lies er sie los, hielt sie aber an den Schultern fest und sah ihr direkt in die Augen. Edith erwiderte den Blick und sah erneut in Edgars lebendige grüne Augen.
"Edith", begann er, "Ich bin mir sicher, derjenige, mit dem du deinen Lebensabend verbringen wirst, wird ein glücklicher Mann sein."
Edith wusste nicht so recht, was sie dazu sagen sollte, lächelte jedoch glücklich. Edgar lies sie nun endgültig los. Sie verabschiedeten sich, und Edgar verschwand im Wald, während Edith Aldwyn abholte. Sie drehte die Box mit den Ringen in ihrer Tasche zwischen den Fingern hin und her.
"Guten Abend, MyLady", es war der Mann, der in einer Gasse neben der Straße stand und Edith aus dem Schatten heraus begrüßte. Edith drehte sich gewandt um und stellte sich ihm gegenüber. Die Gasse war schmal genug, dass sie knapp drei Fuß voneinander entfernt waren. Erwartungsvoll sah sie ihn an. "Nun, ich hoffe, dieses Gespräch mit Edgar hat Eure Meinung nicht geändert? Es waren ein paar sehr bewegende Worte, auch von Eurer Seite."
Wo war er nur, als wir gesprochen haben? Woher weiß wer, was wir sagten? Edith war unschlüssig, was sie darauf antworten sollte.
"Nun?", drängte der Mann.
"Nein", antwortete Edith schnell. "Nein. Ich will Aldwyn immer noch für mich haben."
Der Mann nickte. "Gut. Was wäre denn der ganze Aufwand wert, wenn Ihr es am Ende doch nicht tun würdet." Er sah auf Ediths Tasche, in der sie nicht aufgehört hatte, die Box durch ihre Finger gleiten zu lassen. "Die Ringe?", fragte er.
Edith holte die kleine Dose aus der Tasche und sah sie an. "Die Ringe für Aldwyn und Edgar. Edgar hatte sie besorgt." Der Mann nickte wieder.
"In Ordnung", sagte er schließlich. "Ich denke, das wird das letzte Mal sein, dass wir uns begegnen. Ich gehe davon aus, dass alles zu euren Gunsten verlaufen wird." Edith durchfloss wieder ein Gefühl von Glück, von Erleichterung. "Alles was Ihr jetzt noch tun müsst", setzte der Mann noch an, als er sich schon von der Mauer gelöst hatte, "ist nach Hause zu gehen, und zu warten." Er sah der jungen Frau noch einmal fest in die Augen, ging um die Ecke und verschwand.
Edith blieb noch ein wenig stehen. Nachdem sie diese Konversation ein bis zwei Mal hatte revue passieren lassen, machte sie sich auf und ging nach Hause. Es war etwas wärmer als in den letzten Tagen, fiel ihr auf, und der Himmel versprach das erste Gewitter des Jahres. Wie ungewöhnlich, Dachte sich Edith, Gewitter im Winter ist wie Schnee im August. Es passiert nie. Heute muss wohl ein besonderer Tag sein, nicht wahr?
Bald erreichte Edith das Haus, in dem sie aufgewachsen war. Vater und Mutter waren vor dem Kamin eingeschlafen, Mutter halb von einer Decke bedeckt und das Holz fast verglüht. Edith richtete die Decke, befeuerte den Ofen neu, nahm sich das Buch, welches sie gerade las und setzte sich dazu.
Nachdem ihre Eltern wieder zu Bewusstsein kamen, bedankte sich Vater für das Frühstück, stellte sicher dass Edith auch die Grüße an Aldwyn ausgerichtet hatte und gab der Mutter zu verstehen, dass das Abendessen gekocht werden sollte.
Während die Mutter also kochte und Vater sich über aktuelle Geschehen ausließ, las Edith in ihrem Buch und sah ab und an nach draußen. Warten, hatte er gesagt. Aber wie lange?
Die Familie aß zu Abend. Es gab Suppe, wie so üblich. Nichts passierte. Nach dem Abendessen half Edith, den Tisch aufzuräumen, das Geschirr abzuwaschen, abzutrocknen und einzuräumen. Danach setzte sie sich mit ihrem Vater ins Wohnzimmer und sie spielten Schach. Edith musste an das Feld und die Figuren von Edgar denken. Dagegen sahen ihre Figuren wie von einem Kind geschnitzt aus. Völlig in Gedanken verloren gewann Vater das Spiel. Er jedoch beschwerte sich, dass Edith nicht aufmerksam genug gewesen war, gab ihr Hinweise zu ihren Handlungen und forderte eine Revanche. Sie spielten einige Spiele an diesem Abend. Mutter warf ihrem Mann zwischendurch vor, er solle seine Tochter nicht so hart rannehmen, sie sei doch einfach müde. Doch das interessierte ihn nicht, und er sagte Edith bei jedem Zug, was sie hätte besser machen können, und ging jedes Mal jede mögliche Handlung durch. Wieder ermahnte ihn die Mutter, und wollte ihre Tochter schon fast zu Bett zwingen. Doch Edith war nicht müde. Sie war hellwach. Sie war nur abgelenkt. Sie wartete.
Am Ende war Vater ihre schlappen Handlungen müde, und er sah ein, dass er nur zu einer Wand sprach und Diskussionen mit sich selbst führte. Mutter war schon lange vorher ins Bett gegangen, und jetzt saß Edith vor dem Kamin, starrte in das flache Feuer und bekam kein Auge geschlossen. Ihr Herz pochte wie wild. Wann würde Aldwyn endlich hereinkommen? Edith beschloss, Wasser aufzusetzen, um Aldwyn einen Tee anbieten zu können, wenn er kommen würde.
Wieder wartete sie. Das Wasser kochte nun schon zum dritten Mal, und langsam fing die Stille an laut zu werden. Edith stellte die Kanne nun hinunter, füllte Wasser nach – nach dem vielen Kochen war schon ein Teil des Wassers verdampft – und stellte die Kanne auf den Kamin. Sie legte mehr Holz in die Feuerstelle, stand auf und stellte sich ans Fenster. In der ganzen Zeit, als ihr Vater auf sie einredete und sie so lange auf das Feuer gestarrt hatte, hatte Edith gar nicht bemerkt, wie der Regen an die Fensterscheibe peitschte. Sie verlor sich in den Tropfen, die an der Scheibe vorbei rannen, als ein plötzlicher Knall sie aus ihrer Trance riss. Der Raum wurde hell erleuchtet, und in einer gewissen Entfernung konnte Edith den Rissen, die der Blitz durch den Himmel schnitt, folgen. Ihre Augen waren nun weit aufgerissen.
Es klopfte. Es klopfte wie wild an der Tür. "Edith! Edith, bist du da?" Edith erkannte die Stimme, dessen Besitzer weiter gegen die Tür hämmerte. "Edith! Bitte, komm!" Sie rannte zur Tür, schlug sie auf, und Aldwyn fiel ihr beinahe in die Arme, als er ein weiteres Mal gegen die Tür schlagen wollte. Sie fing ihn rechtzeitig auf, stellte ihn sicher auf die Füße und schloss die Tür hinter ihm. Aldwyn war klitschnass.
"Aldwyn!", brachte sie erschrocken heraus. "Was machst du hier? Wie spät ist es? Du bist ja ganz nass! Hier, setz dich an das Feuer. Ich hole frische Klamotten für dich. Zieh dich schon mal aus." Aldwyn folgte still ihren Anweisungen, ohne auf die Fragen einzugehen. Das war Edith jetzt auch weniger wichtig. Sie schlich sich das Zimmer ihrer Eltern, nahm sich eine Hose, eine Unterhose und ein Hemd ihres Vaters und ging damit wieder zurück ins Wohnzimmer, wo sich Aldwyn gerade die Hose von seinen Beinen strich. Edith reichte ihm die trockenen Klamotten, nahm die Kanne mit dem kochenden Wasser vom Kamin, ging in die Küche und legte Teeblätter in das Wasser. Es war Aldwyns Lieblingstee. Edith stellte immer sicher, welchen da zu haben, falls ihr Freund einmal kommen sollte. Mit zwei Tassen und der Kanne kehrte sie wieder ins Wohnzimmer zurück und half Aldwyn, sich das Hemd anzuziehen. Sie lies ihn im Sessel sitzen und reichte ihm die dünne Decke, die sie vorher fein säuberlich zusammengefaltet hatte. Sie rückte einen Stuhl an den Sessel heran, schüttete in die Tassen etwas Tee ein, reichte Aldwyn eine Tasse, die er dankbar annahm, und legte sanft ihre Hände auf seinen Arm. Er war schon wesentlich ruhiger.
"Aldwyn", sie suchte seinen Blick und fand ihn schließlich. "Nun erzähl mir bitte, was ist los? Warum kommst du zu so später Stunde hier her?" Als sie merkte, dass Aldwyn die Tasse fast fallen ließ, ergriff sie diese schnell und stellte sie auf den Tisch neben sich.
"Sie… Sie haben Edgar gefunden", brachte er heraus. "Wir wollten uns heute Abend nochmal in dem Haus treffen, um meinen Geburtstag zu feiern. Unsere Ruhe vor der Außenwelt zu haben, weißt du?" Edith nickte. "Aber er ist nicht gekommen. Eine Weile habe ich gewartet, aber er war einfach nicht da. Ich legte mich auf das Bett, und dann muss ich irgendwie eingeschlafen sein. Als ich aufwachte war es auf jeden Fall schon tiefe Nacht und es regnete wie aus Eimern. Ich floh schnell nach Hause. Als ich durchnässt die Küche betrat, saß da Familie Hunt, traurig, weinend. Ich wusste nicht was los war, ich war verwirrt. Mrs Hunt drehte sich zu mir, stand auf, und erklärte mir, dass Alice – du weißt, Edgars Schwester – ihn im Wald aufgefunden hatte. Tod."
"Edgar ist… Tod?", fragte Edith, verständnislos. Doch sie wusste, dass er jetzt seine Arbeit erledigt hatte.
"Ja…" Aldwyn hielt verzweifelt seine Tränen zurück. Edith strich ihm mit der Hand über die Wange und streichelte sie mit dem Daumen. "Und sie wissen nicht einmal, wieso!", fuhr er fort. "Er ist einfach tot! Keine Anzeichen an Mord, Vergiftung! Und erbliche Krankheiten gibt es auch nicht in der Familie. Einfach: Tot."
Edith wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Aldwyn zuckte leicht, fing an zu schluchzen. Er lies sich auf Ediths Schulter nieder. Mit gerunzelter Stirn legte sie ihre Arme um ihren Freund und hielt ihn fest.
Noch lange unterhielten sie sich. Aldwyn brachte die meiste Zeit nur halbe Sätze heraus, bis er wieder anfing, die Tränen laufen zu lassen. Edith hielt ihn geduldig in ihren Armen, hielt seine Hände. Sie setzte sich auf die Lehne des Sessels, ihre Beine halb auf seinen, um Aldwyn die Nähe zu geben, die er gerade brauchte.
Als das Feuer fast abgeklungen war, waren die Tassen und die Kanne leer, der Regen war nun etwas ruhiger und Aldwyn und Edith saßen enger beieinander. Nach einer Stille, in der sich Aldwyn beruhigt hatte und ein Taschentuch nach dem anderen vollgeschnieft hatte, sah er mit seinen angeschwollenen Augen zu Edith hinauf.
"Danke, Edith. Ich wusste nicht, zu wem ich sonst hätte gehen sollen."
"Du musst dich nicht bedanken, Aldwyn", versicherte sie ihm schnell. "Ich werde immer für dich da sein. Komme, was wolle." Edith legte ihre Hände an Aldwyns Wangen, hielt ihn sanft und lächelte ihren Freund an. "Bis an mein Lebensende."
Aldwyn legte seine Arme um Ediths Taille und sah ihr tief in die Augen. Sie fühlte, dass er etwas sagen wollte, aber er sah sie einfach nur an. Sie sah Verzweiflung in seinen Augen, Trauer, und irgendwo, tief in seiner Iris vergraben, glaubte sie einen Hauch Liebe zu entdecken.
Edith sah, dass sie diesen Hauch ausnutzen musste. Es war ein Funke, der zwischen den beiden hin und her sprang. Edith lies ihre Arme auf seine Schultern fallen und verschloss ihre Hände hinter seinem Nacken. Aldwyn öffnete den Mund, und schloss ihn wieder. Was wollte er ihr sagen? Nun komm schon, Aldwyn. Dachte sich Edith.
Wie aufs Signal hob sich Aldwyn zu Edith herauf, und legte seine Lippen ohne zu zögern auf ihre. Der Kuss schmeckte salzig aufgrund der Tränen, die vorher zuhauf über seine Lippen geflossen waren. Doch er war voller Liebe. Voller Leidenschaft. Als Edith das bemerkte, erwiderte sie den Kuss und schob sich selbst von der Lehne des Sessels auf den Schoß ihres Freundes. Er drückte sie fester an sich, wobei die Sanftheit seines Kusses nicht abnahm.
Schließlich löste sich Edith wieder von ihm. Ungläubig sah sie ihrem Freund in die Augen. War das gerade wirklich passiert? War das alles nicht doch nur ein Traum? Oder war ihr größter Wunsch nun wirklich in Erfüllung gegangen? Ihr Herz wummerte in der Brust und sie lief heiß an. Aldwyn lächelte.
"Danke", sagte er bloß, und legte Ediths Kopf auf seine Schulter. Sie ließ ihre Hände auf seiner Brust ruhen und ruhte sich in seinen Armen aus. Aldwyn zog die Decke über sich und Edith und deckte sie damit gemeinsam zu. Edith genoss seine Nähe und Wärme. Das ruhige heben und senken seiner Brust beruhigte ihren Puls.
"Ich wollte dich nicht verwirren, Edith", fing Aldwyn wieder an. Edith regte sich nicht, aber er wusste, dass sie zuhörte. "Tut mir leid. Ich wollte nur ehrlich zu dir sein. Du bist mir in dieser Zeit eine so gute Freundin gewesen. Ich wusste gerade einfach nicht, wie ich meinen Dank besser ausdrücken soll – ich hoffe, du verstehst das." Edith war etwas verwirrt. Was wollte er ihr nun damit sagen? "Was ich sagen will, Edith", Aldwyn legte seine große Hand an ihre Haare und kraulte sanft ihren Kopf, "ich denke, Edgar ist nicht der Einzige, den ich liebe. Ich denke, es wird eine Weile kosten, mich von ihm zu verabschieden. Aber dann, nach einer gewissen Weile, dann würde ich gerne mit dir zusammen sein."
Ediths Herz setzte für einen Schlag aus. Und noch einen. Sie erinnerte sich wieder zu atmen, und der Schmerz in der Brust lies nach. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Stattdessen krümmte sie sich noch mehr auf seinem Schoß zusammen, woraufhin er sie fester hielt. Er verstand sie also.
Am nächsten Morgen wachte Edith in Aldwyns Armen auf. Sie hatte es also nicht geträumt. Es war real. Sie sah ihrem Freund aus Kindertagen in die Augen, die allerdings geschlossen waren, da er noch schlief, und wandte sich vorsichtig aus seinem Schoß. Edith deckte ihn zu, ging in die Küche, lies etwas Wasser in ihre Hände laufen und wusch ihr Gesicht damit ab. Danach ging sie wieder zurück ins Wohnzimmer, wrang Aldwyns nasse Klamotten aus und hing sie an den Kamin, den sie wieder befeuert hatte. Als sie das getan hatte, räumte sie die Tassen und die Kanne weg, ging in ihr Zimmer und richtete ihre Kleidung. Sie setzte sich wieder ins Wohnzimmer zu Aldwyn und las.
Bald wachte auch er auf und half ihr, das Frühstück anzurichten. Dort erklärte er Mr und Mrs Turner, warum er hier war, und wie die Situation aussah. Mr und Mrs Turner sprachen ihr Mitleid aus und genehmigten Aldwyns Entschluss, Edith zur Partnerin zu wählen. Während er diese Worte aussprach, nahm er sanft Ediths Hand und schloss sie mit seinen ein.
Am Nachmittag begleitete Edith ihren Freund nach Hause, wo er sich seine eigenen Klamotten anzog. Der Regen von letzter Nacht hatte die Straßen von dem Schnee und dem Eis befreit, und man hätte fast meinen können, eine neue Zeit bräche an. Als sich Aldwyn fertig umgezogen hatte, gingen die beiden zum Haus der Hunts, wo Edith auch der Familie ihr Beileid mitteilte. Aldwyn sollte helfen, das Begräbnis zu organisieren. Sie blieben noch zum Abendessen, und beschlossen dann, draußen im großen Landschaftspark zu spazieren.
"Das erinnert mich", erwähnte Edith, als sie gerade über Edgar Hunt sprachen, "Edgar hatte mir diese Ringe gegeben." Edith holte die kleine Schachtel mit den zwei Ringen hervor und zeigte sie ihm. Aldwyn nahm sie vorsichtig in die Hand und betrachtete die Ringe.
"Sie sind wunderschön", sagte er, fassungslos, seine Augen wurden feucht. Er blieb stehen. Dann sah er Edith in die Augen. "Ich finde, wir beide sollten sie tragen." Edith sah ihn verwundert an. "Zu seinen Ehren. Als Erinnerung. So wird er weiter bei uns sein. Hier." Aldwyn holte einen Ring heraus, und steckte ihn erst Edith an, und dann den anderen an seinen Finger. "Siehst du? Diese Ringe verbinden uns beide, und uns beide mit Edgar. So wird er immer bei uns sein."
Edith lächelte. "Das ist eine wundervolle Idee, Aldwyn." Und sie küsste ihn.