Schon als ich klein war, wurde mir gesagt, dass ich eines der hübschesten Mädchen im Land sei. Meine Eltern herrschten als König und Königin, weshalb ich es nach einigen malen schon nicht mehr glaubte. Als ich noch klein war, wurde meine Mutter aus meinem Leben gerissen. Es wahr mehr als nur schrecklich für mich, als sie nicht mehr für mich da war. Sie konnte mich nicht mehr in den Arm nehmen, mit mir singen oder meine Tränen wegwischen. Meinem Vater ging das auch sehr nahe, auch wenn er sich dies als König nicht so wirklich anmerken lies. Wenn man ihm jedoch tief in die Augen sah, sah man den Schmerz.
Der Alltag im Schloss ging mit der Zeit wieder normal weiter und mein Vater und ich kamen nach langer Zeit über unseren Verlust hinweg.
Ein paar Jahre später lernte mein Vater eine wunderschöne Frau kennen. Er sagte immer zu mir, dass sie der Engel sei, der ihn wieder zu sich selbst werden und ihn lebendig fühlen lies. Nach nicht allzulanger Zeit heirateten sie. Maria wurde zur neuen Königin des Reichs und meiner neuen Stiefmutter. Viele Männer des Königreichs beneideten ihren König, da er eine so schöne junge Frau hatte. Allen anderen spielte sie die liebe Frau nur vor. In Wahrheit war sie die schrecklichste Person in diesem Land! Wenn mein Vater nicht da war, lies sie mich mit einer kleinen Bürste die Böden schrubben, bis diese glänzten und sie sich in ihnen spiegelte. Niemand sagte etwas gegen sie, da sie ja ihre neue Königin war und sie ihr gehorchen mussten. Regelmäßig schnitt sie mir mit einem Messer meine langen schwarzen Haare ab. Zudem durfte ich nicht mehr wie früher in meinen schönen Kleidern durch das Schloss laufen oder mich meinen Pflichten als Prinzessin widmen. Nein! Ich musste in zerlumpten Kleidern das Schloss säubern und das komplett alleine. Sie entließ alle, deren arbeit es normalerweise war. Mit meinem Vater hatte ich auch schon lange nicht mehr gesprochen, da er, wenn er nach Hause kam nur Zeit mit seiner Frau verbrachte und nach wenigen Tagen wieder weg ritt. Manchmal bekam ich etwas zum Essen, das nicht für die Schweine bestimmt war. Selbst wenn ich krank war, musste ich arbeiten. Die einzige, die wirklich für mich da war, war eine andere Magd. Sie hieß Susanne. Zu ihrem Pech war sie die Kammerzofe der Königin und musste deshalb immer auf abruf stehen. Abends unterhielten wir uns dann immer noch ein bisschen bis wir todmüde in den Schlaf fielen, da wir uns ein Kämmerchen teilten.
Die Jahre zogen ins Land und ich wurde achtzehn Jahre alt. Normalerweise hätte ich schon viel früher verheiratet werden müssen, doch als Prinzessin durfte ich nur jemand adeligen heiraten. Mein Vater konnte keine Vorschläge mehr von seinen Freunden machen, da er schon seit langer Zeit tot war. Er wurde in einer Schlacht getötet. Meine werte Stiefmutter hatte in der Zeit das gesamte Vermögen für sich verprasst, weshalb unser Königreich nun pleite war. Maria schmiss sich an jeden reichen Typen rann, nur um an ihr Geld rann zu kommen. Jedoch wollte keiner sie heiraten.
Wie immer sang ich beim Arbeiten und Sie beobachtete mich dabei, wie an jedem anderen Tag auch. Auf einmal kam ein junger Mann auf einem atemberaubenden weißen Pferd angeritten. Erstaunt sah er mich an, als er meinen Gesang hörte. Mit einem breiten Grinsen kam er auf mich zu. An seiner Kleidung konnte man erkennen, dass er ein Prinz war. Er wusste und konnte natürlich nicht erkennen, dass in meinen Venen ebenfalls blaues Blut floss.
„Oh holde Maid, ihr habt aber eine himmlische Stimme! Sagt mir, wie heißt ihr?", fragte er mich.
„Nur, wenn ihr mir zuvor euren verratet!", antwortete ich ihm neckisch.
„Prinz Charming!", schrie plötzlich Maria. „Endlich seid Ihr hier!"
Sie winkte ihm und eilte die Treppen nach unten. Er jedoch stand, wie ich ebenfalls, wie versteinert da. Sie kam zu uns geeilte und schubste mich von ihm weg.
„Du, Magd, geh sofort wieder zurück an die Arbeit!", fauchte sie mich an. „Entschuldigt bitte, dass diese Magd so unverschämt zu euch war! Möchtet Ihr mit rein kommen und eine Erfrischung zu euch nehmen?"
„Das ist sehr nett von euch, ich muss jedoch weiter. Es war schön, euch kennengelernt zu haben. Doch eines müsst ihr mir noch verraten. Wie heißt die Magd, die eine engelsgleiche Stimme hat?", fragte der Prinz und sah meine Stiefmutter hoffnungsvoll an. Sie sah ihn empört an und sagte zu ihm, dass es besser währe, wenn er nun wieder gehen würde und wann anders wieder kommt. Da würde sie ihm dann auch meinen Namen nennen. Er lächelte freudig, bedankte sich und sagte, dass er in sechs Tagen wieder kommen würde. Nach dem Gespräch kam Maria zu mir und schlug mir mit voller Wucht ins Gesicht und brüllte mich an, dass ich es nicht wert wäre, und es auch niemals sein würde, um mit dem Prinzen, um überhaupt mit irgendeinen Prinzen oder Adeligen zu sprechen. Und, dass mein Platz bei allen anderen Mägden sei.
„Ich bin eine Prinzessin und die rechtmäßige Trohnfolgerin! Und das weiß jeder hier im Schloss und auch alle, die in diesem Land leben!", schrie ich ihr entgegen. Daraufhin kassierte ich die nächste schallende Ohrfeige. Meine Stiefmutter packte mich am Kragen und zog mich daran nach oben zu ihrem ekligen Gesicht.
„Du bist hier nichts!", schrie sie mir ihre Speicheltröpfchen ins Gesicht. „Alles dreht sich ihr um mich! Den Rest des Tages wirst du ohne Essen und ohne Wasser in einem der Turmzimmer verbringen. Schau, dass du jetzt sofort verschwindest!", nach diesen Worten warf sie mich auf dem Boden. Ich rappelte mich wieder auf und wollte gerade etwas erwiedern, als sie mich abermals schlug.
„Jetzt verschwinde endlich!", mit diesen Worten zogen mich die Wachen von ihr weg, brachten mich in einen der Türme und sperrten mich dort ein. Verärgert schlug ich gegen die Tür und versuchte sie zu öffnen, was mir nicht gelang, da sie ja abgesperrt war. Verzweifelt ließ ich mich an der Tür nach unten gleiten und brach in Tränen aus. Nun kam einfach alles hoch, was in der letzten Zeit schief lief. Maria behandelte mich schon die ganze Zeit über wie ein Stück Dreck. Na ja, selbst den behandelte sie noch besser! Als meine Tränen endlich versiegten, fasste ich den Plan, dass ich hier irgendwie raus musste.
„Vielleicht kann ich mich ja, wenn ich genügend Stoffe aneinander knote, von hier oben abseilen.", murmelte ich meinen Plan vor mich hin. Anscheinend standen keine Wachen vor meiner „Zelle", ansonsten wäre ich keine weitere Minute mehr in dem Raum gesessen. Schnell stand ich auf und prüfte, ob ich die Stäbe von dem Fenster lösen konnte. Narürlich ging das nicht. Ich wickelte ein Tuch um die Stäbe und drehte es so, damit sich die Stäbe verbogen. Nach den ersten kleinen Erfolgen riss das Tuch in der Mitte durch. Wütend warf ich es nach hinten weg in eine Ecke und rüttelte an den Stäben, doch diese bewegten sich keinen Millimeter. Ich setzte mich auf den Boden und zog meine Beine an meinen Oberkörper.
„Wie komme ich ihr nur raus?!", fragte ich mich laut und die Tränen bahnten sich ihren Weg meine Wangen hinunter.
„Wie kann ich diese kleine dumme Magd nur ruhigstellen?!", fragte ich mich und sah mich dabei in meinen Spiegel. „Wegen der habe ich jetzt auch noch Falten bekommen. Wegen der kann ich es mir nicht erlauben mein junges Aussehen zu verlieren!"
Ich ging in meinem Schlafzimmer umher und überlegte mir, wie ich diese dumme Magd beseitigen konnte und das ohne, dass jemand aus dem Königreich mitbekam, dass ich dahinter steckte. Plötzlich kam mir die Idee, dass ich den Jäger dazu beauftragen konnte!
„Und falls dieser sich verplappern sollte, würde ich ihn um die Ecke bringen. Dieser Plan ist brillant!", freute ich mich und ging zu meiner Tür. Dort sagte ich zu den Wachen, dass sie den Jäger zu mir bringen sollten.
„Mein lieber Jäger, du müsstest für mich meine Stieftochter in den tiefen dunklen Wald bringen und sie dort töten. Wenn du das getan hast, kommst du mit IHREM HERZEN wieder hier her zurück. Und dann bekommst du einen großen Sack voller Gold.", unterbreitete ich ihm mein Angebot. Ich wusste, dass er es annehmen würde, als er seine Belohnung hörte.
„Mit der größten Freude werde ich mich um ihr Anliegen kümmern.", nahm er das Angebot an und fragte, wann er es bearbeiten solle. Da es schon etwas dunkel draußen war, gab ich meinen Wachen den Auftrag Schneewitchen aus ihrem Zimmer zu holen, sie zu fesseln und ihr einen Sack über den Kopf zu ziehen. Sie erledigten ihre Aufträge und ich legte mich zu meinem wohlverdienten Schönheitsschlaf hin.
Ich hörte draußen vor meiner Zelle Schritte.
„Hoffentlich lassen sie mich jetzt endlich frei!", dacht ich mir und sah mit hoffnungsvollen Blick die Tür an. Jedoch kamen drei Wachen herein. Einer schubste mich zu Boden und hielt mich fest, ein anderer stülpte mir einen Sack über den Kopf und der letzte fesselte meine Arme hinter meinem Rücken. Sie zogen mich hoch vom Boden und schubsten mich durch den Flur, bugsierten mich die Treppen hinunter und schubsten mich weiter durch die Gegend. Ich hatte keine Ahnung wo es hin ging, oder was mit mir geschehen wird, wenn diese Typen dann endlich mal fertig waren.
„Jetzt gehört sie dir, Jäger!", vernahm ich die Stimme eines Wachen und wurde von jemanden, wahrscheinlich von dem, dem die Stimme gehörte, nach vorne geschubst. Jemand packte mich grob am rechten Oberarm und zog mich mit sich.
Durch die stickige Luft unter dem Sack, fing ich an zu husten. Grob wurde mir der Sack vom Kopf gezogen und ich starrte in die Dunkelheit.
„Wer sind sie und wo sind wir?!", fragte ich mit zitternder Stimme in die Dunkelheit.
„Im Wald.", kam eine flüsternde Antwort zurück.
Plötzlich erklang ein tiefes Grollen hinter uns gefolgt von einem Ächzen.
Der Griff um meinen Arm wurde fester und damit unerträglich.
„Sie tun mir weh!", sagte ich zu ihm.
„Sei leise oder sie finden uns noch!", mit diesen Worten zerrte er mich weiter.
„Wer findet uns noch?", fragte ich ihn verwirrt im Flüsterton.
Im rechten Augenwinkel sah ich etwas Silbernes aufblitzen. Dann merkte ich auch schon, wie sich die Fesseln lockerten und hörte, wie jemand davon rannte. Die komischen Geräusche wurden langsam Lauter. Schnell lief ich in irgendeine Richtung davon und hoffte, dass „Sie" mich nicht fanden.
Nach einiger Zeit konnte ich nicht mehr weiter rennen. Zu meinem Glück war das Kleid, welches man als Magd trug, viel praktischer als die ganzen bauschigen Prinzessinnenkleider, die ich früher mal besessen hatte. Ich wusste nicht wie viel Uhr es gerade war, doch langsam ging die Sonne auf und vertrieb so die Dunkelheit ein kleines Bisschen. Da ich mich, als ich nicht mehr weiterlaufen konnte, wo verschanzt hatte, hatte ich nun genügend Kraft um weiter zu gehen. Ein ganzes Stück außerhalb des Waldes stand ein kleines Häuschen. Ohne großartig darüber nachzudenken ging ich auf das Haus zu und schaute mir dort alles an. Hinter mir raschelte es im Gebüsch, weshalb ich mich schnel in das mir fremde Haus flüchtete. Darin suchte ich nach etwas Nahrhaften und fand zu meinem Glück auch etwas. So sättigte ich erst mal meinen Hunger und sah mich anschließend noch im Haus um. In einem Zimmer standen sieben Betten. Bei diesem Anblick schlug so gleich die Müdigkeit zu und ich legte mich ein eines der Betten. Dort fiel ich sofort in einen tiefen Schlaf.
„Ist sie eine von denen?"
„Wenn sie eine wäre, würde sie nicht da liegen und schlafen!"
„Und wenn sie mitten in der Verwandlung ist?", hörte ich Stimmen sagen, die sich um das Bett verteilten.
Als ich die Augen aufschlug, sah ich eine Klinge wenige Zentimeter vor meinen Augen schweben. Einen entsetzten Aufschrei konnte ich mir nicht verkneifen. Der, der die Waffe auf mich gerichtet hatte, ließ diese sinken.
„Wer seid ihr?", fragte dieser und sah mich misstrauisch an.
„Schneewittchen.", antwortete ich knapp und sah sie alle kurz an, um sie einschätzen zu können. Als sie meinen Namen hörten, kam getuschel auf.
„Was macht ihr hier?", fragte ei anderer.
Bei dieser Frage erzählte ich von den Geschehnissen der letzten Stunden. Gemurmel kam erneut auf, nachdem sie mir ruhig umd aufmerksam gelauscht hatten.
„Okay, nun wissen wir etwas über euch. Wenn ihr hier bleiben wollt, dann müsst ihr euch etwas mit ihr einbringen.", sagte augenscheinlich ihr Oberhaupt. Ich nickte schnell, da ich mir kein anderes Zuhause suchen oder bauen wollte.
„Wenn du ein Klopfen oder Scharren hörst, dann rühre dich nicht und lasse nichts und niemanden hier rein!", wies mich ein anderer an.
„Aber natürlich.", antwortete ich und stand langsam aus dem Bett aus.
In den darauf folgenden Tagen half und brachte ich mich in den Haushalt mit ein. Wir wuchsen alle enger zusammen und wurden so zu sehr guten Freunden.
An diesem Tag war ich draußen am Arbeiten, als mich plötzlich von hinten jemand angriff und mich biss. Die Person biss mir Stücke meines Fleisches aus meinem Armen und ich konnte mich gerade noch so von dieser Person schützen. Die Herren, mit denen ich nun zusammen lebte, hatten mir erklärt, dass ich mich von solchen Menschen nicht beißen lassen sollte und ihnen nach Möglichkeit etwas durch das Gehirn stechen sollte. Das gelang mir gerade noch so mit einem Stock, als auch schon einer von den Jungs ankam. Zusammen gingen wir rein und ich schwieg über das, was gerade passiert war.
Mein Körper fing immer mehr und mehr an zu schmerzen, weshalb sich die Jungs gut um mich kümmerten. Der Schmerz wurde immer unerträglicher bis mein Herz plötzlich aufhörte zu schlagen und ich den Schmerz nicht mehr spüren musste.
Ich war durch das ganze Land geritten, um das Mädchen mit der Engelsstimme wieder zu sehen. Mitten im Wald fand ich sie am Boden liegend. Sofort stieg ich von meinem Pferd und rannte zu ihr. Ich kniete mich neben sie und konnte mein Glück kaum fassen. Ich drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Lippen, als sie plötzlich erwachte. Sie sah zwar nicht mehr so aus wie letztes mal, als wir uns trafen, doch ich liebte sie immer noch. Ich spürte auf einmal, dass mich etwas biss und sah auf meinen Arm. Zu meinem Entsetzen kaute meine große Liebe an mir herum und wollte damit auch nicht mehr aufhören. Sie biss immer mehr Stücke meines Fleisches aus mir heraus. Durch den großen Schmerz und Blutverlust fiel ich in Ohnmacht, die ich mehr als nur willkommen hieß. Das war das Letzte, das ich mitbekam bevor ich abtrat.