Gesammelte Auszüge aus dem Tagebuch der Hüterin des Waldes, Erbin des Grauen Throns des Gleichgewichts.
Auszüge aus der Zeit bevor sie mündig war:
Eintrag 1:
Liebes Tagebuch,
heute war ich mit dem Mann unserer Königin unterwegs. Ich mag ihn nicht sehr. Er ist nicht angetan von meinem Meister und erwartet, dass ich ihm Respekt zolle, obwohl er nicht wirklich König ist. Er hat Zephyr angewiesen, nach Ägypten zu reisen. Ich bin gespannt, welche Geschichten er zu erzählen weiß, wenn er wieder heimkommt.
Nun muss ich los zu meiner Stunde.
Bis bald, deine Ladira
Eintrag 4:
Ich habe den Sohn des Dunklen Königs wieder getroffen. Er ist so anders als sein Vater - so lieb und nett. Ich hoffe, ich darf ihn später heiraten, wenn ich alt genug bin. Sie meinen, dass er die Welt verändern kann, weil die Königin auch noch immer kein Mädchen bekommen hat. Pyrofera und ich sollen dann das Land regieren vom grauen Thron des Gleichgewichts aus. Ich weiß nicht, ob ich das kann.
Eintrag 9:
Die Ratssitzung gestern war langweilig. Ich frage mich ja, warum ich mir die anhören muss. Ich will nicht herrschen, ich möchte viel lieber in ein Landhaus im Wald ziehen, wo meine Familie herstammt. Jedenfalls sagt der Meister das.
Er hat sogar erwähnt, dass eine Hochzeit zwischen zwei der mächtigsten Familien Elensars ganz gut wäre. Aber Pyrofera wäre eher in seinem Alter. Sie mag ihn aber nicht so sehr wie ich. Ich spüre wie mein Herz schneller schlägt, wenn ich ihn sehe. Alle meinen, ich sei noch zu jung, um richtige Liebe zu kennen ...
Eintrag 15:
Bald kriegen wir unsere Priesterweihe. Dann dürfen wir auch den Wald der Tausend Gefahren betreten. Ich bin aufgeregt.
Eintrag 16:
Zephyr ist noch immer nicht zurück. Es ist fast ein halbes Jahr her und keine Nachricht. Die Königin sorgt sich nicht so sehr wie mein Meister. Zephyrs Vater fragt fast täglich nach Nachrichten von ihm, weil er keine Magie beherrscht. Ich habe versucht, ihn im Wasser zu lokalisieren, aber ich sah nur zwei braune Augen.
Sie waren hübsch und friedlich.
Eintrag 24:
Pyrofera ist schon so viel weiter als ich. Es ist unfair. Ich lerne Tag und Nacht und ihr gelingt es einfach. Sie meinen, ich sei zu verblendet, um meine Magie richtig zu erforschen und würde nur eine halbfertige Priesterin werden.
Eintrag 30:
Liebes Tagebuch,
ich weiß, ich schreibe dir viel zu selten hinein. Heute ist etwas ganz Wunderbares passiert. Zephyr ist wieder da und er hat jemanden mitgebracht. Ich muss jetzt wieder los. Die Feier für ihn beginnt bald und ich darf mit meiner Schwester neben unserem Meister sitzen.
Eintrag 36:
Ich habe die Priesterweihen bestanden! Der Wald der Tausend Gefahren ist wundervoll. Ich will so gern dort leben, aber der Sohn des dunklen Königs möchte mit mir woanders hinziehen, weil er den Wald auf der Insel nicht betreten kann. Das wusste ich leider nicht. Irgendwie macht es mich traurig, aber ich will viel lieber mit ihm zusammen sein. Er hat gesagt, dass er seinen Vater schon gefragt hat und der einverstanden ist.
Eintrag 40:
Es ist so viel los. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll. Die Königin hat ihr viertes Kind bekommen und es ist wieder ein Junge. Zephyr ist wieder nach Ägypten gegangen. Er sagte, wenn wir fleißig Sprachen lernen, können wir vielleicht mal mit. Pyrofera würde sehr gern nach Ägypten, weil sie hörte, dass Katzen dort als heilig angesehen werden.
Die Zeit wird zeigen, was passiert, sagt der Meister immer, wenn wir zu ungeduldig sind.
Eintrag 130:
Ich habe dich lange nicht gesehen, liebes Tagebuch. Ich bin nun fast mündig und in ein paar Jahren werde ich den Sohn des dunklen Königs wirklich heiraten. Vorher müssen wir noch die Trauerzeit abwarten. Sein Vater ist gestorben und er wird bald gekrönt. Die Königin hat nun schon fünf Söhne und alle wachsen gesund und stark heran, doch sie wird immer verschlossener, weil sie keine Erbin hat. Ihr Mann kommt immer öfter zu uns und fragt meinen Meister und die anderen Weisen um Hilfe und Vorzeichen. Ich glaube nicht, dass sie viel helfen können. Sie können ja auch nicht mir helfen, meine Magie stärker zu machen. Sie sagen immer nur, ich soll weiter üben, üben, üben. Vielleicht brauche ich sie später ja auch nicht mehr.
Auszüge aus der Zeit, nachdem sie mündig geworden ist:
Eintrag 1:
Es sind so viele gekommen und haben uns zugesehen. Ich bin so glücklich. Mein Kleid war wunderschön und er sah umwerfend aus. Pyrofera übernimmt nun meine Dienste als Priesterin, weil ich jetzt verheiratet bin und keine Zeit mehr dafür habe.
Ich bin beim Meister ausgezogen und wohne im alten dunklen Schloss, aber der Name wird wohl geändert, weil mein Liebster sehr um gute Beziehungen zur Königin bemüht ist und er keinen Krieg will, so wie sein Vater.
Sie scheinen alle wohlgesonnen – außer Zephyr und mein Meister – die sind misstrauisch. Zephyr ist mit seiner Familie zurück in die Außenwelt und mein Meister in den Norden der Außenwelt. Er sagt, dort gibt es Menschen, die mit Drachenbooten fahren. Meiner Meinung nach, will er einfach nur kämpfen und beweisen, dass er noch gut sieht mit einem Auge. Er hat sich meine beiden Raben ausgeliehen als er ging.
Eintrag 9:
Ich lebe jetzt schon zwei Jahre mit ihm und ich glaube, ich bekomme ein Kind.
Eintrag 14:
Aus eins wurden zwei. Ich habe gestern meine beiden Mädchen im Arm gehalten. Sie sind so wunderschön. Saphira hat blaue Haare, so wie ich. Cellessina sieht ihrem Vater ähnlich mit der roten Mähne, aber sonst sehen die beiden fast gleich aus.
Er ist auch sehr glücklich über die beiden und spielt den halben Tag mit ihnen, wenn sie nicht schlafen oder Hunger haben.
Eintrag 16:
Meine Mädchen sind fast 2 1/2 Jahre alt und die Königin hat erneut ein Kind bekommen. Da keine Fahne weht, fürchte ich, dass sie nun sechs Jungen hat.
Eintrag 20:
Ich finde kaum mehr Zeit, etwas niederzuschreiben. Saphira und Cellessina sind jetzt sieben Jahre alt. Ich habe bemerkt, dass beide einen Funken Magie besitzen. Saphira zeigt eine Affinität zu Feuer, während Cellessina kaum mehr aus dem Wasser zu bekommen ist.
Die Königin ist wieder schwanger. Die Weisen sind sicher, diesmal wird es ein Mädchen.
Eintrag 22:
Alles verändert sich plötzlich. Mein Mann ist auf einmal so kalt. Er hat eine Dämonin von außerhalb kennengelernt. Ich befürchte, er mag sie viel zu sehr. Es tut mir weh.
Ich versuche meine Mädchen zu schützen. Er wird auch immer mehr wie sein Vater. Ich habe Angst.
Eintrag 23:
Die Dämonin ist schwanger von ihm. Ich habe mich eingesperrt und geweint. Wie kann er nur? Nach all der Zeit, wie kann er mir nur so weh tun?
Die Königin hat ein Mädchen bekommen. Mein Meister schrieb mir, ich solle schnell fort von hier, weil sich alles ändert.
Morgen werde ich mit meinen Kindern gehen.
Eintrag 27:
Ich spüre, dass meine Magie plötzlich stärker wird. Noch stärker als vorher. Ich liebe den Wald und geh' oft in ihm spazieren. Mein Priesteramt habe ich auch wieder angenommen.
Der Meister hat mir ein Landhaus im Wald auf der Insel herrichten lassen. Er sagt, da sind meine Mädchen sicher vor ihrem Vater. Er ist nun ganz so wie der Dunkle König vor ihm. Ich habe gehört, dass er ein Komplott gegen die Königin schmiedet.
Eintrag 30:
Gestern ist etwas ganz Furchtbares passiert. Die Barke der Königin lief aus, um dem Volk die kleine Prinzessin zu zeigen, die sie bekommen hat. Alle freuten sich. Ich war mit meinen Kindern am Strand und wir haben gesehen, wie auf einmal ein Sturm heraufzog. Es war kein normaler Sturm. Er hatte dunkle Magie an sich. Der Dunkle König hat ihn heraufbeschworen. Ich kann es fühlen. Pyrofera war auch bei mir. Sie sagt, seit er mein Herz losließ, bin ich frei und deshalb steigen meine Kräfte.
Aber sie waren, auch mit meiner Schwester zusammen, nicht groß genug, um zu verhindern, was wir sahen. Die Barke der Königin fuhr gerade in die tieferen Gewässer des Flusses, als der Sturm sich über ihr entlud. Das Schiff sank und mit ihm die königliche Familie. Es war ein grauenvoller Anblick.
Ich glaube, das kann ich dem Dunklen König nie verzeihen.
Eintrag 30 - Nachtrag:
Abends war ich noch mit den Mädchen spazieren. Ich habe viel geweint. Die beiden verstehen noch nicht so ganz, was sie gesehen haben, aber ich fühle, dass auch sie einen Schmerz verspüren.
Celles ist plötzlich stehen geblieben und hat mir gesagt, dass sie was am Strand gesehen hat. Wir sind hingegangen. Das Wasser hat einen kleinen Jungen an Land gespült. Er ist in dem Alter meiner Mädchen.
Ich fragte mich noch, ob er ein Überlebender ist, als ich sah, dass er ein Bündel an seine Brust drückte. Er hat die kleine Prinzessin gerettet.
Saphira fragte, ob er einer der Prinzen ist. Ich glaube ja. Er sieht dem Mann der Königin sehr ähnlich – nur so viel jünger.
Ich habe die beiden mit in unser Haus genommen. Ich werde sie aufziehen mit meinen Kindern und schützen. Hier auf der Insel sind sie sicher.