Die aus dicken Bohlen und mit Stahlbändern verstärkt gezimmerte Tür schwang ohne Knarzen auf. Dank geschickter Hände und einem erfahrenen Verstand ruhte seit Kurzem eine solide und wehrhafte Tür in gut gefetteten Angeln. Trotz des enormen Gewichtes vermochte der Ersteller den Schwerpunkt der Tür gewissenhaft auszugleichen, sodass es nicht viel brauchte, dessen Handwerkskunst zu bewegen.
Erwartungsvoll stand ein Mann mittleren Alters in reichlich abgewetzten Rüstzeugs auf der Schwelle. Seine Montur sollte einst bläulich schimmern, wohingegen die verblasste Färbung gegenwärtig nur noch erahnbar war.
An dem gehärteten Leder selbst ließ sich gleichwohl der wahre Wert derer erkennen. Aufwendig und in mühevoller Kleinstarbeit wurden eine Vielzahl kleiner metallener Streifen eingenäht, die dem Material seine Geschmeidigkeit erhielt, dennoch ausreichend Schutz bot. Obgleich abgetragen, schien sie ihren Dienst zu tun und kostete dem Träger dereinst sicherlich ein beträchtliches Sümmchen.
Seine Augen, trotz des Alters gezollten Fältchen, blickten wachsam und huschten musternd durch jedweden Winkel des Raumes. Autorität. Ja, das wäre zweifelsfrei das richtige Wort, um das auszudrücken, was man fühlte, wurde man von eben jenen fixiert.
Deutlich war sich dieser Mann seiner Stellung bewusst und strahlte, ohne überheblich zu wirken, Selbstsicherheit aus.
»Der ›Falke‹ ist nicht hier«, stellte er nüchtern und in gewohntem Befehlston fest.
Ihre Augenbrauen verzogen sich hin zum Nasenansatz und ihr linker Mundwinkel glitt amüsiert aufwärts. Sie gluckte. »Aufmerksame Beobachtung Hauptmann. Ich bin beeindruckt, was ihr mit nur einem Blick erfasst.«
Unmittelbar verhärteten sich seine Gesichtszüge. Ein Ruck ging durch seine Haltung und seine Rechte lag von einem zum anderen Augenblick auf dem Griff seines Schwertes. Die Augen zu Schlitzen verzogen, heftete sich sein Augenmerk in jene Richtung, aus der die unverhohlen weibliche Stimme erklang.
»Ihr seid schnell, gefällt mir. Beruhigt euch Hauptmann, war nicht so gemeint.« Mit süffisantem Grienen trat sie aus dem Schatten des nicht im Sichtfeld der Tür stehenden Schrankes.
Sichtlich entspannte sich Angesprochener. Die Finger seiner rechten Hand spreizten sich erst und vollführten gleich darauf eine Welle der Erleichterung. Ein gelassener Seufzer entwich ihm und schüttelte den Kopf. »Die Arbeiter unten erzählten mir, dass ich ihn genau hier finde. Von Euch ... erwähnten sie nichts.« Mit einem weiten Schritt befand er sich vollends im Raum und warf die schwere Tür leichtfertig ins Schloss. »Wir sind davon ausgegangen, ihr hieltet euch in Falkenhorst auf?« Ein verschmitztes Lächeln stahl sich in seine Züge. Wenn man bedachte, um was für einen Mann es sich hier handelte, wirkte dieses irgendwie fehl. Dennoch, sein Herz war größer als das so manchen Heimischen und zweifelsfrei schlug dieses am rechten Platz.
Sie nickte mit einem gleichartig herzlichen Schmunzeln und bot ihm ihre Hand. »Das sollte ich wohl sein, aber ebenso wie ihr bin auch ich hier, um mit dem ›Falken‹ etwas zu klären.« Sie hob ihr Kinn und deutete auf die aufwärtsführenden Stufen. »Er steht oben und hält Ausschau.«