Trotz der Schmerzen vom Tubus und der Dauernadel in der Armbeuge, verlor sie nocheinmal das Bewusstsein, wobei man kaum sagen kann, ob es ein Schlaf der Erschöpfung war, der sie neuerlich übermannt hatte, oder aber eine Bewusstlosigkeit krankhafter Natur.
Während Petra wieder in die Besinnungslosigkeit geglitten war, saß Dr. med. Helmut Burger an seinem Schreibtisch und blätterte in ihrer Krankengeschichte. Er war es gewesen, der den Tod dieser jungen Frau einfach nicht akzeptieren hatte wollen! Der entgegen jeder sonst üblichen Praxis noch einmal den Puls gefühlt hatte, nachdem man den Kardiographen bereits weggestellt hatte. Er hatte einfach nicht wahrhaben wollen, dass sie gestorben war. Und er hatte schließlich (wie durch ein Wunder) Recht behalten! Hätte man ihn gefragt, warum, er hätte darauf keine Antwort gehabt. Und er stellte sich diese Frage nun selbst...
Petra Hager war vom Hotelpersonal eines nahegelegenen Wellnesshotels gestern Abend in ihrer Suite aufgefunden worden, nachdem sie zur gebuchten Wellnesbehandlung nicht erschienen war. Sie hatte leblos in ihrem Bett gelegen und es gelang nicht, die nur mehr ganz flach atmende junge Frau zu wecken. Schließlich holte man einen Arzt, der zwar sofort erkannte, dass es sich hier um eine lebensbedrohliche Situation handelte, jedoch keine nähere Diagnose stellen konnte. Auf Grund der offensichtlichen Dringlichkeit einer Behandlung, forderte er einen Rettungshubschrauber an, der sie sofort in das nahe liegende Landeskrankenhaus in Salzburg flog.
Noch während der Blutabnahme bei der folgenden Untersuchung fiel Dr. Burger auf, dass mit diesem Blut etwas nicht in Ordnung war.
"Was zum Teufel ist das denn für eine Suppe?"
rief er erstaunt aus und hielt die Unterdruckphiole gegen das Licht. Das Blut schien zu schäumen. Wenn auch kaum wahrnehmbar, entging dem geschulten Auge eines erfahrenen Mediziners nicht , dass in der Phiole wie in einem Glas Limo oder Cola, vereinzelt kleine Bläschen aufstiegen und zwar im Vergleich zu sonstigen Proben, in bedrohlichem Maße. Er klebte das Etikett mit ihren Daten auf das Glasröhrchen und wies die Assistentin an, das Blut sofort labortechnisch untersuchen zu lassen. Sofort auf die allgemein üblichen Blutwerte und im Anschluss dringend auf toxische Stoffe. Helmut Burger hatte noch nie einem Menschen Blut abgenommen, das schon bei der Betrachtung mit dem freien Auge auf eine Vergiftung schließen ließ. Auf Grund ihrer E-Card war es kein Problem gewesen, Blutgruppe und Rhesusfaktor zu ermitteln und er ordnete sofort einen Blutaustausch mit vorhandenen Reserven an. Diese hübsche junge Frau konnte ihm jede Sekunde unter den Händen wegsterben und er sah nur eine winzige Chance für sie, wenn er den Zerfall ihres Blutes stoppen konnte. Wenn man es schaffte, ihren Kreislauf zu stabilisieren, konnte man eine Dialyse anstreben, doch in ihrem derzeitigen Zustand war nicht daran zu denken! Die Symptome dieses Falles deckten sich mit keinem ihm bekannten Krankheitsbild. Noch ein Mal hielt er eine Phiole ihres Blutes gegen das Licht. Scheinbar zersetzte es sich in eine wässrige Substanz und eine oben schwimmende dickflüssigere Schicht. Etwas Ähnliches hatte er noch nie gesehen! Außer bei bereits Verstorbenen im Laufe des Studiums. Wie konnte sich das Blut eines lebenden Organismus in seine Einzelteile zersetzen? Es konnte sich eigentlich nur um eine Vergiftung handeln. Kohlenmonoxyd beispielsweise? Oder etwa Rattengift? Wer ihr das wohl angetan hatte...?