Stille legte sich um die Ruine des Königsberger Schlosses. Der Hauptturm der monumentalen Anlage, die schon preußischen Königen als Residenz diente, war nun nichts weiter als ein Haufen Schutt. Steine am Boden, das war vom barocken Prachtbau geblieben. Auf dem noch einigermaßen intakten Turm an der Ostseite des Schlosses prangerte nun Rot. Nicht Rot, wie sie es kannten, wie sie es 12 Jahre lang erlebten. Nun prangerte nicht das rechtsgedrehte Kreuz, sondern die Sichel auf dem blutfarbenen Grund, begleitet durch einen Hammer.
Es war ein stiller Abend, dieser 10. April. Die Gewehrschüsse waren verstummt, die Bomber hatten sich verzogen, in den fernen Osten. Hin und wieder sah sie in der Ferne die stählernen Vögel gen Westen ziehen, um dort noch mehr Tod und Schmerz zu säen. Genau den Tod und den Schmerz, den sie einst selbst verbreiteten, ja, immernoch verbreiten. Die Luft roch nach wie vor nach Krieg. Und es wehte Ostwind. Tiefer grub sich der Gestank des Krieges ins Land, weiter, Richtung Oder, Spree, Elbe. Ein Pfahl, mitten ins Herz dieses Monsters. Ein Monster, böse in der Gestalt, gut im Herzen. Die finstere, kriegstreiberische Fassade hatte Deutschlands gutes Herz überschattet, überdeckt und verdunkelt. Die Dichter und Denker, die einst von Freiheit und Einheit träumten, waren tot. Verschwunden. An ihrer Stelle traf man nur noch stoisch auswendig gelernte Parolen, regelmäßige Hitlergrüße. Sie sehnte sich nach dem Deutschland ihrer Vorfahren, ein stolzes, freies, angesehenes Land. Ihre Abscheu gegenüber dem braunen Krebsgeschwür, das 12 Jahre lang die Strippen dieses Landes zog, spielte aktuell aber keine Rolle. Die Braunen waren tot, und sie nahmen Deutschland mit sich. An ihre Stelle traten nun die Roten, und sie waren keinen Deut besser.
Kein bisschen.