- Was ist Individualität?
Sie ist ein Recht, das jeder von uns bedingungslos hat und uns niemals verwehrt werden darf. So steht beispielsweise im Artikel 2.1 des deutschen Grundgesetzes geschrieben, dass jeder das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat, solange er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Warum wird dann einigen Menschen bis heute untersagt, ihr Recht auf Individualität zu nutzen, um sie selbst zu sein? Warum leiden gerade in dieser Sekunde Menschen, nur weil sie “anders” sind? Unsere Angst vor dem Unbekannten hat uns vielleicht über die Jahrtausende hinweg das Überleben gesichert, uns jedoch auch zu solchen Gewohnheitstieren mutieren lassen, dass wir keine Neuerungen in unseren Denken mehr zulassen können.
Jedoch wird uns diese antrainierte Engstirnigkeit mehr und mehr zum Verhängnis, je komplexer unsere Welt wird. Alles Neue versuchen wir abzustoßen, selbst wenn es eigentlich zu uns gehört. Vor allem, wenn es über Jahrhunderte hinweg verpönt und strafrechtlich verfolgt worden ist.
Dabei spreche ich vor allem von sexuellen Orientierungen, die “von der Norm abweichen”. Wobei diese Formulierung mehr als nur falsch ist. Denn nur weil man sich zu Menschen des eigenen Geschlechts hingezogen fühlt, man sich nicht in seinem eigenen Körper Zuhause fühlt, oder sich keinem biologischen Geschlecht zuordnen möchte, ist man noch lange nicht anders als alle anderen Menschen.
Zwar bedeutet Individualität sich anders zu fühlen als die breite Masse, jedoch heißt das nicht, dass man einen anderen Wert als jeder andere hat.
Erst recht bedeutet eine andere sexuelle Orientierung nicht, dass man zur Zielscheibe oder gar dem Boxsack der Gesellschaft werden muss. Liebe hat viele Gesichter und jedes davon sollte so akzeptiert werden, wie es ist, solange niemand dabei zu Schaden kommt.
Und dennoch werden tagtäglich Menschen diskriminiert, nur weil sie sich selbst verwirklichen wollen. Sie werden beschimpft, ausgegrenzt und oft auf niedergeschlagen, nur weil sie auf eine Weise lieben, die viele nicht nachvollziehen können.
Das muss aufhören. Homosexualität ist nicht gegen Gott oder unnatürlich. Genau genommen wurde gleichgeschlechtliche Liebe bereits bei 1500 verschiedenen Tierarten festgestellt. Unter Tieren, auf die wir stets hinunter blicken, weil sie ja so primitiv sind, wird diesen Verhalten toleriert, ja sogar als vollkommen normal angesehen. Warum also schaffen wir Menschen das nicht, wo wir uns doch für die Krone der Schöpfung halten?
Und nur weil man Transsexualität oder andere “außergewöhnliche” Geschlechtszuordnungen nicht direkt wissenschftlich erklären kann, ist es kein Grund zu leugnen, dass diese existieren.
Es sollte egal sein, wer wen liebt. Es ist und bleibt Liebe, die dort mit Füßen getreten wird, nur weil sie nicht verstanden wird. Dabei sollten wir einfach nicht vergessen, dass das noch immer Menschen sind, die wegen dieser grundlosen Diskriminierung leiden und viel zu oft einfach ihr Leben aufgeben, obwohl sie es verdient haben, glücklich zu werden. Sie machen nichts falsch, sind nicht krank und schaden auch niemandem, nur weil sie fühlen wie sie fühlen.
“Normal” existiert in unserer Welt nicht, ebenso wenig wie Gleichheit. Wir sind alle unterschiedlich. Niemand ist mehr wert als der andere und niemand hat das Recht, uns einen Teil unserer Persönlichkeit streitig zu machen. Menschen kann man nicht über ihre sexuelle Orientierung definieren. Man ist nicht nur hetero, homo-, trans-, bi- oder asexuell. In erster Linie ist man ein Mensch, der dieselben Bedürfnisse und Rechte wie jeder andere hat.
Also lasst uns endlich aufhören, gegen unsere Unterschiede anzukämpfen und stattdessen ein jeden von uns als den akzeptieren, der er ist.
© Alex Frost