Melina und ich suchten uns ein paar Köstlichkeiten am Buffet und setzten uns in den Garten zu den anderen Gästen. Für Selina hatten wir schon einen Teller und Besteck mitgebracht und auf meinem war genug für uns beide. Sel hatte schon damit gerechnet, denn sie kam kurz darauf zu uns und bediente sich von meinem Teller. "Bist ein braver Mann." lächelte sie. Anna kam mit einer Kaffeekanne und schenkte uns ein. "Was darf ich denn ihrer Tochter bringen, Frau Doktor?" - "Selina reicht, Anna, du darfst mich ruhig Selina nennen. Bring ihr doch bitte einen Kakao!" - "Gerne! Bin gleich wieder da!" wir sahen ihr hinterher "Sie ist ein liebes Mädchen aus der Nachbarschaft. Verdient sich ein paar Euros in den Ferien bei Mira." - "Na ja, früher half ihr Branka. Da sieht man wie die Zeit vergeht. Mira hat sich sehr über deine Hilfe gefreut!" - "Nicht der Rede wert. Wir haben sie auch gestern lang genug aufgehalten. Sie bleibt normal nie so lange auf, weil sie morgens die Gäste betreuen muss, aber wenn du da bist, laufen ihre Uhren anders. Du bist halt immer noch ihr Micha!"
"Weißt du, ich möchte gerne nochmal ein, zwei Wochen runterkommen, heuer. Wenn die Vortragsreihe beendet ist, und sonst alles halbwegs läuft... Andere Leute haben auch mal drei Wochen Urlaub. Wir sind eigentlich stinkreich und haben keine Zeit für uns. Dr. Glimpf macht seine Sache gut, finde ich und mit Ines, die sich um deine anderen Dinge Kümmert bist du doch ganz gut vertreten und ich ich bin bei Weitem nicht so wichtig wie ich tu. Wir müssen lernen, auszuspannen, Frau Doktor!" - "Weißt du was? Ich gebe dir in allen Punkten recht! Nur bist du zweimal wichtig! Einmal für die Stiftung und einmal als Familienvater und deshalb ist deine Idee mit dem zweiten Urlaub goldrichtig." - "Siehst du eine Möglichkeit, Ines eine Weile zu ersetzen? Ich würde Sie und Bertl zu gerne eine Woche mitnehmen. Die beiden sind die treuesten Freunde und auch die Arbeit, die sie für uns tun ist überdurchschnittlich." - "Ich weiß Michael und genau das würd ich auch gerne, aber wenn Ines mich vertritt bin ich viel ruhiger, weißt du?" - "Allerdings." - "Ich habe übrigens vorhin kurz mit ihr telefoniert." - "Und?" - "Das willst du nicht wissen!" - "Das hat schon einmal eine Rothaarige hier bei Mira zu mir gesagt. Vor zehn Jahren!" - "So schlimm ist es diesmal nicht, Liebster." - "Du hast Liebster gesagt, also ist es schlimm. Geht es um Frau Renate Montar?" - "Sie hat sich beim Personal bereits beliebt gemacht. Insbesondere bei Ines, der sie nach ihrem ersten Satz Inkompetenz vorwarf!" - "Ich werde Ines anrufen! Sie braucht sich nichts gefallen zu lassen von der alten Schreckschraube! Gott, ich hasse sie. Ich bin kein Mensch der nicht verzeihen kann, aber sie hat bei mir echt versch..." - "MICHAEL! Bitte!" - "Mami, ich glaube, er wollte verschissen sagen!" Ich neige nicht wirklich zu Kraftausdrücken, aber dass Melina ihre Mutter davon in Kenntnis setzte, was ich wohl sagen wollte, zwang mir, trotz Selinas strengem Blick, ein Lächeln auf die Lippen...