Wie lange noch?
Der Himmel zeigt sich in guten Farben. Wolkenstreifen in leichtem pastellviolett mit weißen Spitzen. Der Untergrund babyblau. Ein warmer Tag geht zur Neige und ich versuche kurz zu entspannen. Vögel gibt es genug und alle zwitschern miteinander. Sie streiten nicht, dass kann ich raushören. Ob sie sich untereinander verstehen, weiß ich nicht. Dich verstehe ich grad nicht und ich fühle mich wie ein wildes Tier, vor dem die Vögel in Deckung gehen, es aber dennoch auslachen weil es so tollpatschig ist. Vögel sind leicht und wendig, ich bin schwerfällig und gekrängt. Aus der zwitschernden Masse höre ich nur deine Stimme. Doch du trällerst nicht. In deinen Worten liegt Kälte und Distanz und das macht mir irgendwie Angst, doch in der Hauptsache bin ich traurig, traurig über den Umstand dich nicht zufrieden stellen zu können. Ich zweifle an mir, noch mehr an dir.
Ich höre die Bahn.
Dieses gleichmäßige Rauschen der Gleise kommt mir bekannt vor. Ein ähnliches Geräusch habe ich in letzter Zeit in meinem Kopf.
Meine Stimmung ist stabil, doch meine Freude die normalerweise meinen Tag bestimmt kommt mir langsam abhanden. Ich muss mehr und mehr kämpfen für ein Lächeln und Leichtigkeit.
Leichtigkeit.
Wir beide haben viel. Wir beide sind viel. Wir beiden wollen viel. Wir beide haben die Chance dazu. Mit deinen Worten aber, machst du alles kaputt, zerstörst was wir haben, was wir sind, was wir wollen. Natürlich liebe ich dich. Aber zu welchem Preis? Dir geht es nicht gut. Ich weiß das. Du kannst nicht über deinen Schatten springen. Das ist auch schwer, ich habe es auch schon öfter probiert.
Ich habe es probiert.
Ich habe geschrieben und den Himmel machen lassen und mein Blick geht wieder hoch und alles sieht anders aus. Fast nur noch babyblau und Reste von blassvioletten Wolken. Es ist dunkler geworden. Alles geht weiter, auch ohne mich. Alles dreht sich weiter. Die Zeit macht sich nichts aus mir und meinen Befindlichkeiten. So wie du. Ist das richtig? Ist es zu viel verlangt, es anders zu wollen? Die erhoffte Ruhe finde ich noch nicht. Noch nicht bei dir, noch nicht. Wie lange ich das noch durchhalte? Die Frage hat mir noch niemand gestellt? Ich stelle sie mir und finde jeden Tag eine andere Antwort darauf. Jetzt ist es dunkel. Ich habe den Schutz der Nacht. Alles ist gleich. Gleich sichtbar, gleich unsichtbar, egal ob gleitender anmutiger Vogel oder wildes unbeholfenes Tier.
Noch vertraue ich dir. Noch traue ich dir was zu. In ein paar Stunden ist es wieder hell. Ich kann nichts dagegen tun.
Es ist ein Brief an bekannt. Es ist ein Brief an dich. Es endet in einem Brief an unbekannt.