7. Kapitel
Peter Schmeissvogels Geschichte
Peter Schmeissvogel war ein vielseitiger Mensch. Neben seiner Rolle als Bandleader und Schürzenjäger, konnte er von sich durchaus behaupten, es auch in beruflicher Hinsicht geschafft zu haben. Er war Leiter einer bisher stets geheim gehaltenen Laborabteilung, welche sich mit der Entwicklung von biologischen Kampfstoffen befasste.
Seine erste und einzige Ehe, war schon längst in die Brüche gegangen und so konnte er machen was er wollte. Die Frauen lagen ihm zu Füssen, wie es bei Männern seines Schlages oft der Fall war. Meist wenn sie herausfanden, dass er Musiker war und er sie dann zu einer seiner zahllosen Abendvorstellungen einlud, wo er seinem Charme freien Lauf liess, schmolzen die meisten wie Butter in seinen Händen (dass er nach wie vor nur ein kleiner Provinzmusiker blieb, verdrängten die meisten). Obwohl noch lange keine Weltbekanntheit erlangt, besass er doch diese ganz besondere Aura von… ja was war es eigentlich? Er wusste es selbst nicht mal so genau. Aber es gefiel ihm. Die meisten Frauen, welche sich für ihn interessierten, interessierte sein anderer Beruf als Laborleiter herzlich wenig. Für sie war er der anbetungswürdige Künstler, den es sich allemal lohnte zu verführen. Dabei verdiente er das meiste Geld gar nicht mit der Musik, sondern tatsächlich mit seinem Job als Laborleiter. Dies war allerdings vor allem, weil er gelernt hatte, sein Wissen und sein Können besonders erfolgreich an den Mann zu bringen. Schon so manche seiner Entwicklungen war auf dem Schwarzmarkt gelandet, wo sie dann von irgendwelchen mächtigen Geldgebern gekauft wurde.
Gerade war er daran eine neue Art von Virus zu entwickeln, welche irgendeinem der zahllosen Schurkenstaaten in der Welt, als biologische Waffe dienen sollte. Seine Auftraggeber, waren sehr reich und einflussreich. Ihre genauen Ziele kümmerte Peter jedoch nicht sonderlich, solange sie ihn am Ende gut bezahlten. Doch diesmal hatte er sich wohl etwas übernommen und die Entwicklung des neuen Virusses, welches er gerade züchtete, war noch nicht ganz ausgereift. Seine Auftraggeber machten jedoch enormen Druck und darum arbeitete er unermüdlich, um diese zufrieden zu stellen. So war er auch an jenem Abend wieder vollgepumpt mit einem Cocktail aus Aufputschmitteln und andern ungesunden Substanzen.
Gerade hatte er das zum hundertsten Mal modifizierte Virus, einem kleinen Affen gespritzt, um zu sehen, wie es wirkte, als auf einmal die Tür seines Labors aufging und ein, in einen dunklen Anzug gekleideter Mann, welcher ihn irgendwie an einen riesigen Kleiderschrank erinnerte, eintrat. Seine Mine mit dem dunklen, exakt gestutzten Bart, war finster und die schwarzen Augen im goldbraunen Gesicht, nagelten den Laborleiter fest. «Mein Boss will wissen, wie es mit der Entwicklung seiner Waffe steht, » sprach er mit einem fernöstlichen Akzent. «Es ist noch nicht so weit, » sprach Peter und versuchte, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. «Ich teste das Virus gerade an dem Affen hier aus, aber noch weiss ich nicht wie es diesmal genau wirkt. » «Du weisst, dass Geduld nicht unbedingt die Tugend meines Auftraggebers ist, » gab der Fremde zu bedenken und sein Stimme nahm dabei einen bedrohlichen Klang an, der Peter ganz und gar nicht gefiel. Doch er versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er die Hose schon ziemlich voll hatte und erwiderte: «Wenn die Auftraggeber wollen, dass ich ihnen eine gute Arbeit abliefere, dann müssen sie sich leider noch ein wenig gedulden. »
Der menschliche Kasten machte einen bedrohlichen Schritt auf den Laborleiter zu und drückte ihn unsanft gegen das Gehege des Affen hinter diesem. «Meine Auftraggeber, wollen einfach nur ganz sicher sein, dass du auch dein Bestes gibst…» Er drückte Peter noch fester gegen das Gehege und der Affe, begann daraufhin nervös zu keckern und im Käfig herum zu springen. «Gibst du denn auch wirklich dein Bestes? » fragte der Kasten. «Ja…» stiess Peter mühsam hervor, denn im eisernen Griff des Fremden konnte er kaum noch atmen. «Ich… gebe immer mein…» der Laborleiter, konnte den Satz nicht beenden, denn er spürte einen stechenden Schmerz im Nacken, der ihn aufschreien liess. Der verrückte Affe, dem er gerade das Virus gespritzt hatte, hatte ihn heftig mit seinen kleinen, scharfen Zähnen gebissen. «Argh!» stöhnte er und hielt sich den Nacken mit seiner rechten Hand. Er blutete stark.
Der Kasten- Mann liess durch den Vorfall zum Glück von ihm ab. «Oh nein! » stöhnte Peter und vor seinen Augen verschwamm auf einmal alles. Er begann zu taumeln und musste sich am Tisch festhalten. «Was ist mit dir? » fragte der Bärtige leicht verunsichert. «Der infizierte Affe er… hat mich gebissen. Das ist… gar nicht gut… wir wissen nicht was…» Peter sackte zusammen und versankt in tiefste Dunkelheit.
Endlos lange erschien ihm die Zeit die er in dieser Dunkelheit herumirren musste. Doch in Wahrheit, dauerte es nur ein paar Minuten. Als er jedoch wieder aus ihr auftauchte, war es als müsse er sich durch ein zähes Teer- Bad nach oben kämpfen. Als er die Augen wieder öffnete spürte er kaum mehr etwas, nur noch seltsame Wut und ein plötzlicher Hunger, welche sich wie ein rotes Tuch über sein Bewusstsein breiteten und Teile davon nach und nach zu verschlingen drohten. Vor ihm stand dieser grosse Mann, der irgendetwas zu ihm sagte, doch er verstand kaum etwas. Es schien Peter, als wäre er in Watte gepackt. Dieser Mann… er machte ihn wütend, er machte ihn zornig und… irgendwie regte er in ihm den neu erwachten Hunger an.
Hinter dem Mann, sprang ein kleineres Etwas, wild in einem Käfig herum, warf sich gegen die Gitterstäbe und gab seltsame Töne von sich. Er wusste gerade nicht mehr, was das für ein Geschöpf das war. Sein Gedächtnis schien auf einmal Löcher zu haben und da war nur dieser unstillbare Zorn … dieser Hunger. Der Mann, der vor ihm stand, war gross und muskelbepackt. Peter hörte auf einmal dessen Puls pochen und das Geräusch von seinem Blut, welches durch die Venen rauschte.
«Nein! » stöhnte er und taumelte zu einem kleinen Labortisch, der sich in der Nähe befand. Darauf lag eine Spritze mit einer gelblichen Flüssigkeit darin. Er versuchte sich angestrengt zu erinnern. Wofür war diese bloss? Er entsann sich ganz vage, dass er diese bereitgelegt hatte, nur im Fall das… etwas Schlimmes passierte. Aber was bloss Schlimmes? Verwirrt blickte er erneut rüber zu dem kleinen, wild gewordenen Etwas in dem Käfig, dass ihn gebissen hatte. Schmerzen hämmerten in seinen Nacken. Die Wunden brannten wie Feuer und mit allerletzter Anstrengung, packte Peter die Spritze und rammte sie sich in den Oberarm. Nach einer Weile, schien seine verschwommene Sicht etwas besser zu werden und er schaute zu dem Kasten- Mann herüber, welcher ihn nun anschrie. Doch irgendwie verstand er viele seiner Worte weiterhin nicht. Was war nur… mit ihm los? Das Tier in seinem vergitterten Gefängnis sprang immer weiter und lauter schreiend herum. Bis… der Käfig zu Boden fiel und aufsprang! Das kleine Ding war frei und einen Augenblick lang, standen sich Peter uns selbiges Auge in Auge gegenüber und knurrten einander an. Schliesslich gab der Affe jedoch nach und zog seiner Wege. Peter stiess einen triumphierenden Schrei aus und danach… wandte er sich mit gierigem Blick, dem grossen Mann zu…
Eine Weile später erst, glaubte Peter aus einem seltsamen Traum zu erwachen. Sein Bewusstsein war nun wieder ein wenig klarer, doch sein Mund und seine Hände blutverschmiert. «Was war nur passiert? Er erinnerte sich im besten Willen nicht mehr. Schnell ging er zu einem Brunnen, an dem er gerade vorbeikam und wusch sich Gesicht und Hände. Irgendwie kam ihm dieser Ort bekannt vor. Es war ein Schulhaus. In diesem Schulhaus musste er schon mal gewesen sein. Was machte er hier den jeweils? «Hej Peter! » vernahm er auf einmal eine männliche Stimme hinter sich. Vor ihm standen drei Männer, die er eigentlich hätte kennen sollen, begleitet wurden sie von zwei hübsche Frauen. Wer waren sie nur? Er wusste nicht mehr, dass die Männer seine Bandkollegen waren, mit denen er hier jeweils im Keller musizierte. Die Frauen waren vor allem dabei, um für deren Entspannung zu sorgen (wohl von der Spezies Provinz- Musiker Groupies). Peter jedoch konnte das alles nicht mehr richtig einordnen.
Einer der Männer, er hiess Franky kam zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter. «Du siehst irgendwie beschissen aus. Alles klar mit dir? » «Ja…» erwiderte Peter verwirrt. «Hast du dir mal wieder die Kante gegeben? (übermässiger, exzessiver Drogenkonsum) Machst ganz den Eindruck. » Die Kante gegeben? Was meinte diese seltsame Mann bloss damit? Peter erinnerte sich nicht mehr wirklich daran, dass er schon beinahe alle möglichen und unmöglichen Substanzen zu sich genommen hatte (sogar solche, die er selbst teilweise zusammengebraut hatte). Was ihm jetzt jedoch in gewisser Weise sogar zu Gute kam, weil er sich schon einiges gewöhnt war. Die Spritze mit dem gelben Inhalt half ausserdem dabei, dass der Virus sich nicht so schnell ausbreiten konnte, wie es sonst der Fall war.
«Wollen wir noch etwas üben und den beiden Mädels unsere vielseitigen Künste zeigen? » fragte Franky. Die Mädchen kicherten vielsagend, als sie das hörten und hakten sich je eine bei Peter und seinem Kollegen unter. «Da sind wir aber gespannt," witzelten sie und auch wenn Peter überhaupt nicht begriff, worum es dabei eigentlich ging, führte er die eine Dame hinunter in den Keller.
«Meinst du nicht der Hauswart schmeisst uns raus, wenn er uns hört? » gab ein anderer Bandkollege, namens Paul zu bedenken. «Ach was! » wir müssen nur leise genug sein, dann kriegt er gar nichts mit, » lachte Franky und zusammen gingen sie in den Übungskeller, welcher ausserdem noch mit einem bequemen Sofa ausgestattet war. Sie tranken noch ein paar Bierchen und die Damen Champagner. Dann begann die eine von ihnen Peter zu verführen. Sie berührte ihn an den verschiedensten Stellen, die unter andern Umständen dazu geführt hätten, dass er Lust auf sie bekam. Doch irgendwie war es seltsam, er fand sie zwar lecker, aber auf eine Art, welche ihr bestimmt nicht gefallen hätte.
Und so führte eins zum andern und schlussendlich ergriff erneut der rote Nebel aus Wut und hungriger Gier von Peter Besitz und es folgte ein weiterer Blackout…
Schliesslich fand er sich wieder, zwischen seinen Kollegen und den zwei Frauen. Alle wirkten seltsam verändert und irrten leise stöhnend im Musikkeller herum. An ihren Hälsen klafften tiefe Wunden, deren Blut jedoch schon geronnen war. Wie Blitzlichter, durchzuckten Peter einige Erinnerungsbrocken: Wie er diesen Hunger plötzlich wieder verspürt hatte, wie er allen die Kehlen aufgebissen hatte und… er schaute die Frau an, die ihn überall berührt hatte. Ein Stück aus ihrer Hüfte war herausgerissen worden und… er hielt das blutende Stück Fleisch noch in seiner Hand… irgendwo regte sich Widerstand in seinem Inneren und er hatte auf einmal das Gefühl, dass er das Fleisch nicht roh essen sollte. Fleisch musste man doch anbraten, sonst… das war doch alles nicht normal!
Seine Gedanken drehten sich wild im Kreis, er war so durcheinander. Zu was wurde er hier? Zu was, waren all die anderen hier unten geworden? Immer wieder verspürte er diese klaren Momente, die dann doch auf einmal wieder in diesen seltsamen Blackouts mündeten, in denen er scheinbar zu unglaublichen Taten fähig wurde.
Doch auch wenn er sich diese Fragen jetzt alle stellte, hatte das Virus, mit welchem ihn der Affe angesteckt hatte, Peters Gehirn schon so weit befallen, dass er nicht mehr begriff, dass ein Mensch überhaupt kein Menschenfleisch essen sollte. Dieses Stück der armen Frau, die nun mit leeren Augen und einem abgebrochenen High Heel Absatz umherwackelte, war für Peter in der jetzigen Situation, wie ein ganz normales Stück Fleisch irgendeines Tieres und so ging er hinauf in die Küche und suchte nach der richtigen Pfanne...
Doch das hörten der Hauswart und dessen Frau und sie kümmerten sich darauf um ihn. Nach dem Glas Wasser, dass er von der Frau bekam, hatte er erneut einen Filmriss und danach wusste er überhaupt nichts mehr…
Die Zombie- Invasion begann und niemand konnte voraussagen, wie alles noch enden würde…