LARS
Ich starre auf mein Smartphone. Wo bleibt Stefan nur?
Auf dem Display sehe ich, dass meine WhatsApp Nachricht zwar bei ihm angekommen ist, er sie aber noch nicht gelesen hat.
Vielleicht erreiche ich ja meinen Bruder. Ich grinse, als ich den Text eingebe: „Und, großer Bruder, schon eine Zuckerschnecke für den Abend gefunden? Und was macht mein Musical- Ersatz?“
Ich lache und tippe auf den Senden- Knopf. Mal schauen, was er antwortet.
Ich winke dem Barkeeper. „Noch ein Hefeweizen“ ordere ich.
Ich habe mir in all den Jahren angewöhnt, nicht zu viel zu trinken. Meinst nur wenige Bier oder gar keinen Alkohol. In meinen Sessions war es stets wichtig gewesen, einen kühlen Kopf zu bewahren und den devoten Partner genau zu beobachten, insbesondere, wenn man sich nicht kennt. Wobei „kühl“ bei so etwas wohl nicht ganz der passende Ausdruck ist. Auf jeden Fall ist in solchen Situationen Alkohol absolut unpassend. Mut habe ich mir auf jeden Fall nie antrinken müssen, so wie es andere Männer scheinbar brauchen.
Der kleine Dicke hat meine Bestellung nickend entgegengenommen und bedient den Zapfhahn. Dabei muss er wegen seiner geringen Körpergröße den Arm doch ganz schön strecken.
Wer kommt auf die Idee, so jemanden einzustellen? Der mag ja sein Handwerk verstehen, aber eine Augenweide ist er nicht gerade. Als Frau würde ich mich verarscht fühlen und mich beschweren.
Oder wenn ich selbst auf Männer stehen würde.
Ich lächle bei dem Gedanken. Als ob! Einer der wenigen Dinge, die ich nie ausprobiert habe. Nein, andere Schwänze ziehen mich nun wirklich nicht an. Das ist höchstens Konkurrenz. Es sei denn, man macht zu zweit….
Oh Fuck, ey. Ich scheine wirklich untervögelt zu sein.
Dafür, dass es erst am frühen Abend ist, ist die Bar schon ganz schön voll. Wir haben ja erst halb sechs.
Ich nehme das volle Glas entgegen und lege ihm passend einige Münzen auf den Tresen. Trinkgeld bekommt dieser Frosch von mir nicht.
Ohne weiteren Kommentar nimmt dieser Zwerg das Geld. Er meidet meinen Blick. Offensichtlich hat er meine Abneigung bemerkt.
Ich nehme einen Schluck und sehe mich um. Am runden Ecktisch hinten links sitzen zwei hübsche Mädels und schlürfen an ihren Cocktails. Offensichtlich sind sie alleine. Zumindest kann ich keine weiteren Jacken entdecken und die restlichen Stühle stehen zu ordentlich unter der Tischplatte. Nein, die beiden sind ohne Begleitung hier.
Beide sind blond und recht schlank. Die eine trägt ein rotes enges Kleid, die andere Bluse und Minirock. Beide sind sehr geschminkt und tragen auch entsprechenden Schmuck. Ganz klar, sie sind hier, um Männer aufzureißen. Vermutlich wären sie in meinen Augen noch hübscher, wenn sie nicht ganz so angemalt wären. Aber Geschmäcker sind ja auch verschieden.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen – ich mag es, wenn Frauen sich schminken, aber das hier sind zwei wandernde Farbkasten. Aber egal, was soll’s. Für einen Abend….
Ich schätze sie auf knapp über zwanzig und ich bin mit meinen dreißig daher einiges älter als sie. Trotzdem kann ich es nicht lassen, herüberzustarren und sie intensiv zu mustern.
Mein Bruder würde jetzt den Kopf schütteln, wenn er sehen würde, was ich hier treibe. Erst neulich meinte er wieder, ich bräuchte etwas Festes. Ich habe ihm daraufhin den gleichen Ratschlag gegeben und darauf hingewiesen, dass schließlich er von uns beiden der ältere ist. Seine Antwort war ein wütendes Schnauben gewesen.
Apropos Aron – da ich mein Handy auf stumm gestellt habe, schaue ich mal nach. Hm, gelesen hat er meine Nachricht, aber keine Antwort. Soll ich noch was draufsetzen und ihm erneut was schreiben?
Aber irgendwie macht es keinen Spaß, wenn er nicht antwortet. Und wenn ich ihn zu viel ärgere, wird das mit der Musical- Vertretung eh nichts. Naja, viel Hoffnung habe ich da nicht. Da unser Geschäftspartner beim ’Glöcker von Note Dame‘ auch da sein wird, kann er nicht jede oder jeden nehmen. Eigentlich kommt nur eine Frau in Frage – wie sähe es sonst aus, wenn er statt mir mit einem anderen Mann kommen würde. Dann würden ihn die anderen für schwul halten. Und das ist er genauso wenig wie ich.
So wird dieser Kelch wohl diesmal nicht an mir vorüberziehen und werde diese Musik ertragen müssen und mich furchtbar langweilen.
Was aber nicht bedeutet, dass man nicht vorher ein wenig Spaß haben kann.
Ich stelle das kleine Gerät auf Vibration und stecke es zurück. Falls Stefan sich doch noch meldet.
So langsam sollte er sich mal blicken lassen. Lange werde ich nicht mehr auf ihn warten.
Einer der Girls blickt jetzt in meine Richtung. Ich grinse lapidar und zwinkere kurz. Aus Erfahrung weiß ich, dass dies bei den Weibern eigentlich immer gut ankommt. Die meisten stehen darauf, ich wirke dann ein wenig wie die softe Version eines Bad Boys. Wobei ich alles andere als soft bin.
Das Mädel wird rot, kichert und wendet den Kopf ab. Sie beugt sich rüber zu ihrer Freundin. Beide tuscheln und nun ist es die andere, die meinen Blick sucht. Ich erhebe mein Glas und proste ihr zu.
Sofort wendet sie sich ab und die beiden flüstern wieder gegenseitig und kichern auch dabei.
Ich nehme das Bier und erhebe mich von meinem Hocker. In Zeitlupe gehe ich mit festen Schritten in ihre Richtung.
Sie blicken mich mit einer Mischung von Faszination und Unsicherheit an. Tja Mädels, hier kommt mal ein richtiger Mann. Keine Ahnung, mit welchen Milchbubis ihr euch sonst abgibt.
Beide erwarten sicher, dass ich mich jetzt zu ihnen an ihren Tisch setze. Aber weit gefehlt. Ich mache nie das, was die Frauen erwarten.
So schlendere ich langsam zu einem anderen Tisch, ganz in der Nähe des ihrigen. Ein Wunder, dass er noch komplett frei ist. Betont langsam ziehe ich den Stuhl hervor und setze mich. Dabei lasse ich die beiden keinen Moment aus den Augen.
Die eine ist rot geworden, während ihre Freundin verlegen zur Seite blickt. Geht doch!
Ich nehme noch einen weiteren Schluck, ehe ich mein Glas auf den Tisch stelle und strecke meine Beine ausgestreckt unter der Tischplatte aus. Natürlich so, dass die beiden es sehen.
Das gehört alles zu meinem Spiel. Denn ich bestimme hier die Regeln.
Davon abgesehen, weiß ich noch nicht, ob ich das hier wirklich was wird. Einerseits sind sie ganz annehmbar; andererseits springt der Funke bei mir nicht so über, wie ich es gerne hätte.
Ob das am Gespräch mit Herrn Schmidt von heute Vormittag liegt? Es ist wirklich lange gegangen, insgesamt zwischen drei und vier Stunden.
Drei Stunden lang war ich nett, habe nicht in der Nase gebohrt, habe mich zurückgenommen und war höflich. Kein einziges Mal kam das Wort „Scheiße“ über meine Lippen, darauf bin ich besonders stolz. An sich ist der alte Herr auch ganz in Ordnung – nur lebt er eben in einer ganz anderen Welt als ich. Er ist der klassische Firmenpatriarch und das ist eben die Schnittmenge, die wir haben – unsere Firmen.
Wieder hat er erzählt, dass er die Firma seinem Sohn überschreiben möchte. Eigentlich könnte ich über diese Aussicht froh sein. Jedoch hat sich sein Nachwuchs nie blicken lassen. Verhandelt hat immer sein Vater. Entweder ist der Sohnemann also ein Muttersöhnchen, das nichts zu sagen hat, oder er interessiert sich überhaupt nicht dafür. In beiden Fällen äußerst schlechte Voraussetzungen. Umso wichtiger, dass wir uns mit Herrn Schmidt einigen, bevor er sich aus dem Geschäft zurückzieht.
Wieder riskiere ich einen Blick auf die zwei jungen Frauen. Sie haben die Köpfe zusammengesteckt und beugen sich über das Handy der einen. Das Lachen der beiden dringt zu mir rüber, scheint also ganz lustig zu sein. Zumindest für die beiden.
In diesem Moment summt mein Telefon. Eine Whatsapp- Nachricht.
Nicht von meinem Bruder. Der hat sich verkrochen. Ich bin mal gespannt, was er morgen erzählt. Dass er meine Nachricht gelesen hat aber nicht antwortet deutet darauf hin, dass er wohl gerade beschäftigt ist und Spaß bei dem Treffen hat. Hätte er nämlich von vorne herein nicht gestört werden wollen, hätte er sein Smartphone ausgeschaltet. Demnach ist es wohl besser als erwartet.
Wir selbst haben neben unseren Privathandys noch ein gemeinsames Geschäftshandy. Diese Woche ist es mein Part, erreichbar zu sein. Allerdings halten wir uns auch an die Geschäftszeiten – sonst hätten wir keine freie Minute mehr. Am Samstag, 16.00 Uhr wird es bis Montag, 09.00 Uhr ausgeschaltet. Freizeit ist wichtig und die muss man sich nehmen; vor allem, wenn man eine eigene Firma hat.
Geschrieben hat mir doch tatsächlich Stefan.
„Musste länger arbeiten und hatte noch Stress mit meiner Ex. Sorry. Komme gleich. Bist du noch da?“
Oha, das hört sich nicht gut an. Normalerweise kommen er und Beate doch gut miteinander aus. Keine Ahnung, was da los war.
„Ja, bin wie verabredet in der ‚Goldenen Palme‘. Bis gleich“.
‚Goldene Palme‘ ist auch ein blöder Name für eine Bar. Naja, eigentlich ein Mittelding zwischen Cafe, Bar und Restaurant. Es gibt einige kleinere Gerichte, die man an einer Theke bestellen kann, eine Bar und die Einrichtung hat etwas von einem Cafe. Und Cafespezialitäten gibt es auch genug auf der Karte. Es ist fast so, als hätte sich der Besitzer nicht entscheiden können. Trotzdem ist die Lokalität beliebt – vielleicht gerade deshalb, hier findet sich jeder wieder.
Über der Bar und der Theke hängen aufgeblasene Formen, die an eine Palme erinnern. Zumindest sollen diese blassen Gebilde wohl diese Pflanze darstellen. Die Farben sind schon ziemlich verblichen – der Stamm der Palme gleicht einer Art Blau und die Blätter sind eher braun als grün. ‚Zur sterbenden Palme‘ oder ‚Zur trockenen‘ Palme würde da wohl eher passen.
Auch sonst scheinen einige der Einrichtungsgegenstände eher etwas älter zu sein. Irgendein Kult wird da zelebriert. Sicher hat der Besitzer überall auf Ebay gesucht, bis er dieses alte Zeug gefunden hat und das wohlmöglich zu einem höheren Preis erworben als sie neu wert sind.
Ich schiele nochmals zu den zwei ‚Damen‘ hinüber und erwische die rechte von ihnen, wie sie ihrerseits gerade in meine Richtung blickt. Ich lächle sie freundlich an.
Sie erwidert mein Lächeln. Vielleicht wird das ja heute doch noch ganz nett.
Ich wende mich nun der Getränke- und Speisekarte zu. Vermutlich verwirre ich sie jetzt und sie fragt sich verwundert, ob ich schüchtern bin. Anhand meines Äußeren und bisherigen Verhaltes müsste sie es allerdings besser wissen.
Ich hätte schon Bock, so langsam auf Tuchfühlung zu gehen, aber ich möchte einfach auf Stefan warten. Keine Ahnung, ob er nach seinem Streit mit Beate noch Lust auf das andere Geschlecht hat. Und mein Freund ist mir nun mal wichtiger als diese zwei da, die ich vermutlich eh nicht mehr wiedersehen werde.
Und es ist auch immer spannender, wenn man zwischenzeitlich Desinteresse vorspielt, das macht die zwei Schnecken da drüben nur um so heißer.
Ich bin mittlerweile bei der Getränkekarte angelangt, als sich Schritte nähern. Ich lege die Karte beiseite.
„Hallo Stefan. Da bist du ja“.
Ein etwas erschöpft wirkender Blonder kommt auf mich zu. Sein langes Haar hat er, wie meist, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
„Grüß dich, Lars“. Ich erhebe mich und wir umarmen uns kurz. Das ist mittlerweile zu einem Ritual bei uns geworden. Ich bin normalerweise nicht der Typ, der andere Männer umarmt. Bei ihm mache ich da eine Ausnahme. Bei Stefan ist irgendwie alles anders.
Mein Freund setzt sich zu mir und fährt, etwas atemlos, fort: „Entschuldige bitte. Es ist heute einfach ein chaotischer Tag“.
„Ja, man sieht es dir an“. Die berühmt- berüchtigte Lars- Ehrlichkeit. Ich halte nichts von falschen Komplimenten. „Stress mit deiner Ex, wie du geschrieben hast“.
Stefan nickt. „Ja. Aber jetzt muss ich erst mal etwas essen und trinken“.
„Nimm die Spaghetti Bolognese, die sind ganz ok“ schlage ich vor.
„Ja, hört sich gut an. Man muss hier selbst bestellen, oder?“
„Ja, da drüben“ antworte ich und deute auf die Theke. „Trinken kannst du da auch bekommen oder an der Bar rechts drüben“.
„Ich war schon lange nicht mehr hier und meist nur, um etwas zu trinken nach Feierabend“ erklärt er. „War dein Gespräch heute soweit zufriedenstellend?“
„Ja, aber jetzt mach schon und hol dir erst mal was“ brumme ich.
„Jop“. Er steht auf und macht sich auf den Weg.
Ich muss grinsen, als ich ihm nachschaue. Stefan ist optisch das ziemliche Gegenteil von mir. Er ist etwas kleiner als ich und eher dünn gebaut, blond und hellhäutig. Ich hingegen bin dunkel, habe oft einen Dreitagebart. Auf meinen muskulösen Körper bin ich stolz; schließlich trainiere ich auch regelmäßig dafür. Meine Augen sind dunkel und gleichen die meines Bruders. Meine Haare sind etwas länger, aber ansonsten sehe ich ihm ziemlich ähnlich – wir haben sogar die gleichen Tätowierungen. Aber lange Haare, so wie bei Stefan, wären mir zu aufwändig. Er hat mir mal gesagt, dass er sie regelmäßig pflegen muss, damit sie gut aussehen. Und das sehen sie, das muss ich zugeben. Trotzdem wäre mir das zu viel Arbeit.
Aber irgendwie ist das wohl so, wenn man Musiker ist. Genau gesagt Hobbymusiker. Aber ich denke oft, dass das eigentlich sein eigentlicher Beruf, seine Berufung wäre. Auf der Gitarre und mit seiner Stimme ist er einfach ein Gott.
Ich sehe, dass er gerade seine Bestellung aufgibt. Er nimmt etwas entgegen und kommt nach kurzer Zeit schon zu mir zurück. In der Hand hat er eine Flasche Bier. Offensichtlich das Getränk des Tages heute, wenn es bei ihm auch ein Pils ist.
„Und, dein Essen bestellt?“ frage ich ihn, als er sich wieder hingesetzt hat.
„Ja, geht aber noch eine Weile“. Er nimmt einen Schluck. „Ich sage dir, ich habe vielleicht einen Durst. Das war einfach ein verrückter Tag heute“.
Da er über seinen Streit mit Beate wohl gerade nicht reden möchte, schweige ich und warte, bis er fortfährt. „Hast du dich mit Schmidt einigen können?“
„Ich denke schon. Es war ein langes Gespräch, aber verlief gut. Er will sich nächste Woche nochmal melden und auch noch mit meinem Bruder sprechen, aber ich denke, wir haben den Job“. Ich überlege kurz, dann entschließe ich mich doch, es anzusprechen. „Was war bei dir los? Was wollte Beate?“
Er seufzt. „Sie will mich wieder zurück“.
„Was?!“ Ich blicke ihn überrascht an. „Dabei war sie es doch, die Schluss gemacht hat und eine plantonische Freundschaft wollte“.
„Ja. Nach 7 Jahren Beziehung!“ knurrt Stefan. „Und seit einem Jahr sind wir nur noch befreundet und es hat bisher auch gut funktioniert. Mit einem Male bemerkt sie, dass sie mich doch noch liebt und will es noch mal versuchen“.
Ich schüttle den Kopf. Frauen. Verstehe wer will.
„Und jetzt?“
„Naja“. Stefan zieht eine Grimasse. „Ich habe ihr erzählt, dass ich davon nichts halte und für mich etwas anderes als Freundschaft nicht mehr in Frage kommt. Irgendwie hat dann ein Wort das andere ergeben und am Ende sind wir im Streit auseinandergegangen“.
Nach kurzem Überlegen frage ich: „Und? Bereust du es?“
„Nein. Sie muss begreifen, dass daraus nichts wird. Das mit ihr, das ist vorbei“ kommt es sofort ohne Zögern. „Aber lass uns von etwas anderem reden. Was hälst du von der neuen Entwicklung von Natac, das vor kurzem herausgekommen ist?“
Stefan arbeitet in einer großen Firma, die unter anderem Sicherheitssysteme herstellt. Ich bin mit ihm auf einer Messe vor zwei Jahren ins Gespräch gekommen und seither sind wir befreundet. Dieser Kontakt hilft beiden Firmen und so können wir beide gut berufliches und privates miteinander verbinden. Ich erfahre so, an was gerade geforscht wird oder was Neues rauskommen wird, und ich informiere ihn über Schwachstellen, die ich aus meiner Sicht sehe. So profitieren wir beide. Natac ist dabei eine der führenden Firmen auf diesem Gebiet.
So unterhalten wir uns also über dieses Thema, bis eine Bedienung mit seiner Bestellung an unseren Tisch kommt. Stefan greift in seine Hosentasche und holt eine kleine Marke hervor, ganz ähnlich jenen, die man bei der Nutzung von Garderoben meist in die Hand gedrückt bekommt. Die Frau nimmt sie entgegen, stellt den Teller ab und verschwindet ohne ein weiteres Wort.
„Hm, nicht besonders freundlich“ murre ich. „Die sollte man eigentlich bestrafen“.
Mein Kumpel wickelt die Spaghetti um seine Gabel und lacht leise. „Oh Lars, du und deine Dominanz. Vergiss das doch einfach mal“.
„So was gehört sich einfach nicht. Wenn ich so arbeiten würde...“ antworte ich ungehalten. Stefan ist so ziemlich der einzige, der nicht so veranlagt ist wie ich und trotzdem um meine sexuellen Vorlieben weiß.
Meine Gedanken gehen zu den zwei Mädels am anderen Tisch zurück. Bei ihnen kann ich dieses prickelnde Spiel von Unterwerfung, süßem Schmerz, quälende Lust und großer sexueller Erfüllung nicht ausleben, das weiß ich. Trotzdem wendet sich mein Blick wieder zu ihnen. Jeder von ihnen spielt mit dem Handy und sie wirken beide etwas gelangweilt. Angesprochen hat sie bisher noch keiner. Ich – oder wir – sollten aktiv werden, bevor es ein anderer tut.
„Sind die nicht ein wenig jung für dich?“ fragt Stefan, der meinen Blick verfolgt hat.
„Wenn, dann für uns“ antworte ich mit einem Grinsen. Es ist Antwort und Frage zugleich.
Mein Blondschopf zögert, dann erscheint auch bei ihm ein Lächeln auf dem Gesicht. „Warum nicht? Gehen wir doch einfach mal zu ihnen rüber, dann sehen wir ja, was passiert“.
„Das machen wir. Aber zuerst“ ich deute auf seinen Teller „isst du das hier zu Ende. Nicht, dass du nachher schlappmachst“.