Er erwachte von einem brennenden Schmerz im Gesicht. Im ersten Moment stellte er sich die Frage, wo er war. Draco versuchte sich zu bewegen, aber die magisch flammenden Ketten hielten ihn an die Mauer gepresst. Die Kühle der Mauer kroch seinen Rücken hinunter oder war es die aufsteigende Angst. Der Dunkle Herr stand direkt vor ihm und lächelte sardonisch. „Aufwachen, Kleines.“ Beängstigend sanft strich er seinem Gefangenen über die Lippen. Gleichzeitig breitete sich der Schmerz vom Gesicht über den Hals zur Brust und den Armen und Beine aus. Draco verzog dennoch keine Miene. Seine Selbstbeherrschung hatte er in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut. Diese Selbstbeherrschung stellte sich als Fehler heraus, denn Potter verstärkte den Fluch weiter. „Bei Merlin, Malfoy. Du bist immer noch schön.“ Samtige Zärtlichkeiten wechselten sich mit schmerzhaften Grausamkeiten ab. Die Ambivalenz intensivierte beides. Draco wand sich hilflos, um in eine angenehmere Position zu kommen. „Du bist wunderschön, wenn du leidest.“
Er küsste den Wehrlosen weich auf den Mund. Sie erinnerten sich beide an jenen einen scheuen Kuss, den sie in der Quidditchumkleide kurz bevor der Krieg sie wieder eingeholt hatte, tauschten. Da gab es diese seltsame Anziehungskraft zwischen ihnen, der sie sich stets verweigert hatten. Unwillkürlich öffnete Draco den Mund leicht. Er hasste sich im selben Moment dafür. Lord Potter lachte leise. Dieses Spiel war besser, als er erwartet hatte und vor allem war es anders. Der Dunkle Herr litt an beständiger Langeweile, so erzählte man sich zumindest.
Der Dunkle Lord winkte leicht und Dracos Hemd verschwand. Zauberstablose und wortlose Magie dachte der Sklave noch ein wenig beunruhigter. Er hatte vorher gar nicht darüber nachgedacht, dass Potter keine Zauber aussprach. Beunruhigend. Wirklich beunruhigend.
Mine hatte die Wahrheit gesagt, dachte Lord Potter, vermutlich hätte dieses Miststück keine vier Wochen ausgehalten. Aber so konnte er sich viel Zeit lassen. Die Haut fühlte sich zwar von dem Öl gut an, aber die Perfektion, die er sich früher einmal ausgemalt hatte, fehlte. Schade. Nun, darum konnte sich die Dienerschaft kümmern. Es liefen genügend von ihnen überall herum. Sie konnten ihn pflegen und kosmetisch behandeln. Malfoy würde ohnehin nichts dagegen tun können.
Noch immer streiften Potters Finger verspielt über Dracos Oberkörper. Es war nicht unangenehm. Offensichtlich verstand er es, einen Mann zu berühren. Die Finger wanderten den Hals hinauf bis zu Dracos Lippen. Gehorsam nahm dieser den angebotenen Daumen in den Mund und saugte einige Zeit aufreizend daran. Da war es wieder – Potters leises Lachen. Erregend und gefährlich. „Du wirst mich anbetteln, sterben zu dürfen“, wisperte er in Dracos Ohr, während er daran knabberte.
Diese verführerische Kälte ließ in Dracos Adern das Blut scheinbar erstarren. Gleichzeitig verzweifelte er an der Aussichtslosigkeit seiner Situation. Potter ließ von seinem Opfer nicht ab. Die Ketten fielen unerwartet auf den Boden. Jetzt fiel auch Draco zu Boden. Die Ketten hatten ihm Halt gegeben. Das Blut floss träge in die Glieder zurück. Es kribbelte unangenehm „Ah. Das ist praktisch. Du bist schon am Boden“, höhnte der Lord. „Weißt Du eigentlich, wie es ist getreten zu werden, wenn man am Boden liegt?“
Draco verlor einen Moment jede Selbstbeherrschung: „Nein. Aber du wirst es mir sicher gleich zeigen. Potter“, fauchte er dieses unwürdigen Spieles gänzlich leid. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er auf eine seltsame Art mit Potter flirtete.
Belustigt ließ Lord Potter wieder die glühenden Nadeln über dessen Körper huschen. Der Sklave stöhnte vor Schmerz auf. „Wie schön, dass du zur alten Form zurückfindest, Malfoy. Du verstehst es, mich zu erheitern. Aber dein Benehmen kann ich dir nicht durchgehen lassen. Weißt du, der Oktober hier im Schloss ist so langweilig, also habe ich viel Zeit, dir die Regeln beizubringen. Du warst ja mal in diesen Inquisitionskommando, da kennst du dich mit Regeln aus.“ Jetzt hauchte Potter geradezu. Die Nadeln schienen stärker über den Körper des jungen Mannes zu gleiten. Ein weiteres Mal intensivierte er den Fluch. Dann hörte der Schmerz plötzlich auf. Malfoy nutzte die Gelegenheit um Atem zu holen. Die Tür hinter dem Dunklen Lord öffnete sich unerwartet.
„Hi Harry“, sagte Ron, den niemand hatte anklopfen hören, sehr lässig. Ohne auf die Situation einzugehen sprach er einfach weiter. Er hielt einen alten Kasten in Hand, der so gar nicht in das elegante Ambiente passen wollte – sein uraltes Zauberschachspiel „Ich konnte nicht schlafen und dachte, du hättest vielleicht Lust noch eine Partie Schach zu spielen?“ Das war grotesk, dachte der Sklave. Er wand sich am Boden und Weasley beachtete ihn nicht. Stattdessen fragte er Potter nur, ob er Schach spielen wolle. „Du reist heute Mittag ab. Dann sehen wir uns einige Zeit nicht. Eine Partie ist fein. Malfoy, mach es dir da unten nicht zu bequem. Eine Partie dauert nicht lange.“
Die beiden Lords begaben sich in den breiten Wohnbereich. Sie nahmen vor einem der Kamine Platz. Ein Lakai brachte ihnen eine Flasche Rotwein und schenkte ein. Dann verschwand er so diskret, er nur konnte. „Mine hat Dich geschickt?“, stellte Harry mehr fest, als er fragte. Ron antwortete nicht, sondern eröffnete die Partie. Sie spielten eine Weile. Immer noch war Ron Harry beim Schach spielen deutlich überlegen. Man konnte sie für gewöhnliche junge Männer halten, die Spaß an einem guten Spiel hatten. Sie saßen in weichen Sesseln, tranken Rotwein und wirkten völlig entspannt.
„Grüß´ deine Eltern wenn du im Fuchsbau ankommst. Sie waren schon lange nicht mehr hier. Richte ihnen aus, dass sie im Schloss im November erwartet werden. Arthur versprach uns damals regelmäßig zu kommen. Das letzte Mal ist fast ein halbes Jahr her. Ginevra vermisst sie sicher.“ „Schach“, sagte Ron unbeteiligt.
Er wusste, wie schrecklich seine Familie diesen Ort fand. Natürlich hatten sie alle geschworen zu kommen. Aber als dann die Dunkelheit in Harry sichtbar wurde, versuchten sie sich zu drücken. Remus und Tonks besuchten das Schloss sehr regelmäßig, allerdings blieb Teddy stets zu Hause. Kingsley vermied jedes Zusammentreffen mit Harry. Fred und George besuchten Ron und Ginny ziemlich oft in Hogsmeade. Das Schloss selber betraten sie nur ungern. Harry ließ sie gewähren, weil Ron ihn darum bat. Auch ihn konnte er nicht mehr lieben. Die alte Vertrautheit hatte in jener Nacht ihr Ende gefunden, doch Ron blieb treu. Manchmal verfluchte er sich dafür, dass er zugestimmt hatte in den Kreis zu gehen. Doch er wurde gebraucht. Harry hörte manchmal auf ihn, das milderte einiges. „Ich werde es ihnen ausrichten“, sagte er ruhig. „Schachmatt.“
LLord Potter betrat sein Privatgemach, ohne den am Boden verharrenden jungen Mann auch nur eines Blickes zu würdigen, so dass Draco sich kurzfristig der Illusion hingab, er hätte ihn vergessen. Der Magierlord schenkte sich ein Glas giftgrünen Absinth ein. Stilvoll entzündete er das obligatorische Zuckerstück auf dem Absinthlöffel und schaute dem Zucker beim Schmelzen zu. Dann trank er ihn in einem Zug aus. „Wir waren gerade an der Stelle, an der du nützlich werden wolltest“, spottete er leise. Harry schloss die Tür mit seinem Zauberstab ab und lächelte grausam. „Nicht, dass uns wieder jemand stört.“ Draco schwieg abwartend. Was geschehen würde, würde geschehen. Er konnte es nicht verhindern.
„Komm her!“, befahl der andere kalt. Der Sklave gehorchte ohne zu Zögern. Potter hatte sich seinen großen schwarzen Sessel gefläzt. Zum ersten Mal wurde sich Malfoy bewusst, welch eine grausame Schönheit Harry ausstrahlte. Voldemort war durch die Horkruxe, die er erschaffen, hatte mehr und mehr entstellt worden. Der junge Lord jedoch war zweifellos attraktiv. Seine Muskeln zeichneten sich leicht unter dem Abendanzug ab. Das schwarze Haar schimmerte gepflegt im Kerzenlicht. Die Gesichtszüge hätte man schön nennen können, wären sie nicht ohne jedes Gefühl. Die legendären grünen Augen zogen den Blick magisch an. Er trug schon lange keine Brille mehr. Abgesehen von der blitzförmigen Narbe auf der Stirn schien sein Teint makellos.
„Öffne meine Hose“, lautete der nächste Befehl. Auch diesen befolgte Draco ohne Widerstand. Ihm war klar, dass das Spiel für Harry gerade erst begann. Der Lord knöpfte sein Hemd auf. Er lag nun mit offenem Hemd und geöffneter Hose entspannt da. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte er lässig. Draco konnte sich der Attraktivität kaum entziehen und dennoch stieß ihn diese unnatürliche Kälte ab. „Seit wann bist du eitel, Potter?“, sprach er, aus einer ihm selbst unverständlichen Todessehnsucht heraus. Der Fluch traf ihn dieses Mal direkt in den Magen und warf ihn auf den Boden. „Oh. Malfoy. Du beginnst mir wirklich Spaß zu machen. Oder hoffst du schnell getötet zu werden? Keine Sorge, das wird nicht geschehen. Ich habe mir etwas anderes ausgedacht. Wenn du dich nicht benimmst, wird jemand anderes deine Schuld tilgen. Der Preis muss gezahlt werden. Wie wäre es mit deiner Verlobten? Ja. Miss Astoria Greengrass ist derzeit noch zu Gast im Schwarzen Schloss. Sie wollte morgen früh abreisen. Wegen deines unmöglichen Benehmens wird sie wohl bleiben müssen und ihren Wunsch erfüllt bekommen.“ Damit hatte Draco nicht gerechnet.
Er mochte Astoria, auch wenn er sie nicht unbedingt geliebt hatte. „Verzeiht mir, Mylord“, bat er um Atem ringend. „Was ist der Wunsch von Miss Greengrass?“ fragte er panisch. „Sie bot sich mir an, im Gegenzug zur Freilassung ihrer älteren Schwester Daphne. Eigentlich fand ich Miss Greengrass ein wenig zu jung. Ansonsten gefällt sie mir ausnehmend gut. Nun ja. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“ Ein Zauber warf Draco an das Kreuz zurück und kettete ihn an. „Mylord, bitte sie ist…“ „Noch Jungfrau“, vollendete Lord Potter den Satz. „Das macht es ja gerade reizvoll. Sie ist sehr hübsch und unschuldig. Ich mag so etwas wirklich gern und einige meiner Gäste auch. Wusstest du, das Severus eine Schwäche für Jungfrauen hat? Sie muss sich jetzt nicht mehr für dich aufheben. Wo ist also dein Problem? Genau genommen gehört sie mir ohnehin. Angenehme Träume.“ Potter klang so leidenschaftlos, als spräche er gerade über Bienenzucht. „Mylord, bitte…“, versuchte Draco es ein weiteres Mal. „Nein. Du musst lernen, dass Dinge ihren Preis haben. Denk´ gut darüber nach.“ Er zog sich sehr langsam wieder an, warf einen ganz leisen Fluch auf den Wehrlosen und ging lächelnd.