Entschlossen nehme ich den Weg unter die Füsse. Die Bisonfarm will ich besuchen, von der ich erfahren habe, dass diese wunderbaren Tiere dort riesige Weideflächen zur Verfügung haben. Für mich ist diese Wanderung eine Herausforderung, aber der Wunsch, die Bisons zu sehen, treibt mich voran. Sanft steigt die Strasse an. Zu beiden Seiten erheben sich die Jurahöhen mit ihren typischen Tannenwäldern. Kleine Häuser schmiegen sich an die Hänge. Bald schon führt mein Weg abseits der Strasse durch blühende Blumenwiesen. Es ist ein Traum! Immer wieder bleibe ich stehen. Ich hatte ganz vergessen, wie wundervoll es in dieser Höhe ist! Schmetterlinge gaukeln von Blüte zu Blüte, Grillen zirpen, in der Ferne höre ich das gemächliche Läuten von Kuhglocken.Weit weit oben ziehen Milane ihre Kreise.
Ein Wegweiser zeigt mir, dass ich richtig unterwegs bin. Nicht nur das, auch die Zeitvorgabe zur Bisonfarm scheine ich einzuhalten.
Da – ein Totempfahl steht mitten im Gelände. Nun kann es nicht mehr weit sein. Noch eine Steigung, aber dort hinten sehe ich Dächer. Wie sehr hoffe ich, dass es die Bisonfarm ist!
Ja! Voller Freude lege ich die letzten Meter zurück. Alles ist so, wie ich es im Internet gesehen habe. Restaurant, Tipis, Vergnügungsmöglichkeiten, Esel und Hühner – wo aber sind die Bisons? Enttäuschung macht sich breit. Ich frage den Kellner, ob er wisse, in welcher Richtung ich die Bisons suchen könnte. „Oh, die sind irgendwo dort!“ Er weist in in eine ziemlich unbestimmte Richtung. Nein, er wisse nicht, wann sie sich zeigen würden. Er zuckt mit den Achseln. „Zwei Minuten, fünf Minuten – spätestens wenn sie Durst haben, kommen sie hier am Brunnen trinken!“
Da ist also Geduld angesagt. Bisons leben ihren eigene Rhythmus, das ist mir klar.
In der Nähe des besagten Brunnens verzehre ich mein mitgebrachtes Picknick, mein Blick schweift immer wieder in die Richtung, welche mir der Kellner gezeigt hat. Die Zeit vergeht. Langsam muss ich mich wieder auf den Rückweg machen. Ich verspreche mir, bald wiederzukommen.
Kaum habe ich das Areal der Farm verlassen, erregt eine Bewegung am Horizont meine Aufmerksamkeit. Da sind sie! Wie angewurzelt bleibe ich stehen, nähere mich dem Zaun. Sie kommen! Die ganze Herde läuft Richtung Brunnen. Sie sind so viele! Atemlos und mit Tränen in den Augen beobachte ich Muttertiere mit kleineren und grösseren Jungen, halbwüchsige Bullen, höre ihr Schnauben. Ganz zuletzt kommt der Bulle. Welche beeindruckende Grösse! Welche Ausstrahlung! Er achtet bewusst darauf, dass sein ganzes Rudel vor ihm in die etwas engere Umzäunung um den Brunnen herum eintritt. Auf mich wirkt er weise und besonnen.
Sie trinken. Sie rupfen Gras ab. Sie drehen sich im Sand. Zwei streiten sich. Andere legen sich unter einer Baumgruppe in den Schatten.
Ich nehme wahr, wie unbekannt mir ihre Ausdünstung, ihr Geruch ist. Ich spüre ihre unbändige Kraft.
Dankbar und glücklich mache ich mich auf den Heimweg.
Habt ihr gehört, wie ich unterwegs laut „juhuu!“ gerufen habe?