"Tamara, kommst du mein Schatz?", hörte ich die Stimme meiner Mutter von unten rufen.
"Ja, ich komme gleich", murmelte ich leise.
Ich stand in Jonas' Zimmer und sah mich in dem großen Raum um.
Wie lange hatte er hier nicht mehr geschlafen?
Wie lange hatten wir gehofft, er würde wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden?
Wie lange hatten wir uns alle eingeredet, dass alles wieder gut werden würde?
Und jetzt? Jetzt war Jonas tot. Er würde nie wieder zurück kommen. Er würde nie wieder in seinem Zimmer schlafen oder mir genervt erklären, ich solle endlich lernen anzuklopfen.
Ich schloss die Tür hinter mir und schlich die Treppe hinunter, wo meine Eltern bereits auf mich warteten.
Meine Mutter umarmte mich seufzend. Es war für uns alle nicht leicht gewesen zu akzeptieren, dass Jonas tot war. Seit diesem Tag waren wir alle verändert.
Früher hatte ich ihn jeden Tag nach der Schule besucht. Auch nach seinem Tod war ich noch einige Tage zum Krankenhaus gegangen und stand einige Minuten still in Jonas altem Krankenzimmer. Ich hatte die Hoffnung, dass das alles ein schlechter Scherz war und mein Bruder noch lebte. Das er breit grinsend hinter der nächsten Tür hervorspringen und mich mit einem lauten 'Buuh!' erschrecken würde.
Doch es war nicht so. Jonas war tot. Und er würde für immer tot bleiben.
Ich setzte mich in unser Auto und mein Vater fuhr mit uns ins Krankenhaus.
Wir mussten noch alle Sachen von meinem Bruder holen.
Mich auf dem kahlen Gang umsehend folgte ich meinen Eltern in Jonas' Zimmer.
Alles hier erinnerte mich an geile Zeiten mit meinem Bruder. Mal hatten wir ein Rollstuhlrennen veranstaltet. Ein anderes Mal versuchte mich Jonas mit einem der Krankenpfleger zu verkuppeln.
Ich lächelte ein wenig. Egal wie schlecht es ihm gegangen war, wir hatten immer Spaß gehabt. Zusammen.
Im Zimmer angekommen machte ich mich daran das Nachtschränkchen neben dem Bett zu durchsuchen.
In der untersten Schublade lagen in der hintersten Ecke verschiedene Briefe versteckt. Neugierig geworden holte ich sie heraus. Es waren viele. Komisch er hat doch von keinem Post bekommen.
Vorsichtig holte ich einen der Briefe heraus und las die ersten Zeilen. Meine Augen weiteten sich und ich hastete mit dem Zettel zu meinen Eltern. "MAMA! PAPA! Seht mal hier. Jonas hat Tagebuch geführt!"
Ungläubig sahen meine Eltern mich an und nahmen mir den Zettel ab. "D-Das gibts ja nicht. Warum hat er uns davon nichts erzählt?", hauchte meine Mutter.
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Ich will darauf hinweisen, dass nicht alles, was ich hier schreibe so tatsächlich in einem Krankenhaus vorkommt.