Der feine Herr im Nadelstreif, leicht ergraut, gut aussehend könnte man sagen, holt sein Handy aus der Jackentasche, wischt leicht drüber, drückt und wischt wieder, dann schüttelt er den Kopf und legt das Handy auf den Tisch. Der feine Herr blickt immer wieder verstohlen zum Eingang, ich glaube, er erwartet jemanden, einen Geschäftspartner oder eine vielleicht eine schöne Frau? Der Mann streicht sich mit der Hand über die kurzen Haare, so als ob er sie noch in die richtige Lage bringen müsste, doch dieser Haarschnitt benötigt nicht mal eine Bürste, diese Haare sitzen perfekt. Wieder ein verstohlener Blick zum Eingang. Wen erwartet dieser feine Herr.
Mit einem vielsagenden Blick mustert ihn eine kleine, etwas molligere Dame, mit kurzem dunkelbraunem Haar, vielleicht etwas zu kurz geschnitten - nach meinem Geschmack. Sie rückt ihre etwas altmodische Brille zurecht und lächelt scheu. Der besagte Herr scheint sie nicht wahrzunehmen, denn wenn er einen kurzen Blick auf den Eingang riskiert, kann man kein zucken, nicht mal einen Anflug einer Gefühlsregung in seinem Gesicht erkennen.
Besagter Herr greift zum wiederholtem male zu seinem Handy, wischt und drückt und legt es nicht wieder auf den Tisch zurück - nein, sein Handy klingelt endlich und erreicht das Ohr des feinen Herren und ….endlich zeigt der Herr eine Regung, die Stirn legt sich in Falten, eine ganz lange, von einer Seite zur Anderen und noch viele kleine, fast unscheinbare, die sich über und unter der großen Falte bilden. Nun trommelt der feine Herr ganz diskret mit den Fingern der linken Hand auf den Tisch, eins, zwei, drei, vier, eine winzige Pause und das Spiel beginnt wieder von vorne. Die mollige Dame mit der altmodischen Brille sieht ihm fasziniert zu und versucht, mit ihren kurzen, etwas dicklichen Fingern bei diesem Fingerspiel mithalten zu können, doch irgendwie will es einfach nicht klappen, die Dame lässt es wieder sein und schickt dem feinen Herrn zum wiederholtem male ein süßes Lächeln, leider wieder umsonst.
Sichtlich enttäuscht legt der Herr sein Handy neben die Kaffetasse auf den Tisch zurück. Nun schweift sein Blick durch das Lokal, die kleine Dame wird nur am Rand zur Kenntnis genommen, naja sie ist unscheinbar, oder vielleicht doch nicht? Hat sie nicht eine altmodische Brille auf der Nase, die eventuell zu einem zweiten Blick einlädt? Wieder wagt die Dame einen scheuen Blick, ein kurzes Lächeln in die Richtung des feinen Herrn und wirklich, die Blicke treffen sich, nur kurz, denn in diesem Augenblick erscheint eine elegante, groß gewachsene, modisch gekleidete Dame in der Tür, die sogleich alle Blicke auf sich zieht. Auch die etwas mollige Dame blickt zur Tür und erstarrt in der Bewegung, denn sie wollte im selben Augenblick ein winzigkleines HALLO mit den Fingern zum feinen Herrn abschicken.
Der feine Herr jedoch ist sichtlich bemüht, die schicke Dame zu begrüßen, die er zu kennen schien, doch als er abrupt den Sessel nach hinten wegzustoßen versucht, gerät dieser zu Fall, natürlich mit einem lauten Knall, der feine Herr erschrickt, macht einen kleinen Schritt zur Seite und stolpert über das Sesselbein. Da liegt er nun, der feine Herr, am Boden der Tatsachen, zu Füssen der schicken Dame, bei der man ein klitzekleines, schadenfrohes Lächeln erkennen konnte, doch sie hält ihm galant die Hand entgegen und hilft ihm, wieder auf die Beine zu kommen.
Die etwas mollige Dame, mit der altmodischen Brille steht mit offenem Mund an ihrem Tisch und war vor Schreck bewegungsunfähig.
Der feine Herr ist wegen seines Hoppalas sichtlich verunsichert, er überlegt verlegen, ob er sich mit einem Kuss bei der schicken Dame bedanken sollte, lies es jedoch sein, putze sich stattdessen die Hose ab und setzt sich wieder an den Tisch, die elegante Dame nahm neben ihm Platz und bestellt sich, so als ob nichts geschehen wäre, einen Capuccino und einen Apfelstrudel mit Sahne.