Stumm drückte Mario Sabatini dem Padre ein Bündel abgegriffener Geldscheine in die Hand.
Dieser nickte statt einer direkten Antwort und kramte den Schlüssel unter seiner Soutane hervor. Knarrend öffnete sich die Seitentüre der alten Kirche.
Ohne sich nochmals umzusehen, betrat Mario das alte Gebäude. Er zeigte auch keine Reaktion, als die Türe hinter ihm wieder geschlossen und verriegelt wurde.
Das schummrige Licht der angezündeten Kerzen im Inneren verbreitete eine beruhigende Stimmung. Die Schritte des Italieners hallten in der Stille, als er bedächtig nach vorne schritt. In der Mitte des Kirchenschiffs blieb er stehen, ehe er sich nach rechts wandte.
Nur wenige Opferkerzen brannten. Mario griff in seine Hosentasche und holte zwei Münzen hervor, ehe er sie in den kleinen Schlitz des Kästchens warf. Laut scheppernd fielen die Münzen auf den metallenen Boden im Innern und durchbrachen die Stille.
Unberührt griff er nach zwei der dünnen Kerzen, hielt deren Docht in das Feuer und platzierte sie in der Mitte des Ständers. Dann setzte er seinen Weg fort.
Vorne im Altarraum stand aufgebahrt in einem großen schwarzen Sarg der Leichnam des Andrea Gonzales.
Der Italiener beachtete ihn nicht weiter – dazu war später noch Zeit. Die Beerdigung war in gut einer Stunde angesetzt.
Stattdessen wandte er sich nach rechts. In der vorderen Reihe saß ein älterer Mann, umgeben vom Qualm einer Zigarre. Neben ihm lag eine leere Schachtel.
Der Asche auf dem Boden nach war dies nicht die erste Zigarre, die er genoss. Mit geschlossenen Augen nahm der Alte einem weiteren Zug und schien nicht zu bemerken, dass sich der andere neben ihn setzte. Mario starrte geradeaus und schwieg.
„Salute, Mario!“, hörte er den anderen nun leise sagen, ohne das dieser in seinem Tun innehielt. Allerdings hatte er die Augen nun geöffnet und musterte den Jüngeren von der Seite.
„Salute, Giovanni. Havanna?“
„Si. Ich habe sie mir damals für eine besondere Gelegenheit aufgehoben. Und die ist nun, oder was meinst du?“
Der junge Sabatini lächelte. „Si! Kann man wohl so sagen.“
„Ich hätte dir vielleicht auch eine aufheben sollen aber so wie ich weiß rauchst du nicht.“
„Du bist richtig informiert.“
Giovanni Martinez ließ ungerührt weitere Asche auf den heiligen Boden fallen. „Da DU gekommen bist, nehme ich an, dass Manuel meinen Vorschlag annimmt?“
„Ja, das hat er.“
Der alte Mann nahm seine Zigarre aus dem Mund und musterte seinen Gesprächspartner intensiv. „Und damit ist die Sache erledigt?“
„Was uns angeht, ja.“ Sein Blick fiel auf den Sarg. „Sofern deine Familie nicht weitermacht.“
Giovanni warf einen prüfenden Blick auf seine Rolex. „In genau 26 Minuten wird mein Sohn einen Brief erhalten, in dem ich es ihm erkläre. Er wird sich meinem Willen beugen.“
Marios Blick war undefinierbar. „Manchmal zahlen die Väter für die Sünden ihrer Söhne.“
„Sieht so aus!“ Der alte Mann nahm einen letzten tiefen Zug. „Ich bin mit Andrea gut ausgekommen, trotz allem. Wir waren von gleichem Schlag, er und ich.“
Sabatini zog es vor, nicht zu antworten. Geduldig wartete er ab, bis Giovanni seine Zigarre absetzte. Achtlos – und das passte irgendwie so gar nicht zu seinem bisherigen Verhalten – warf er sie hinter sich.
„Ich bin soweit. Wir sollten es hinter uns bringen. Schließlich braucht der Padre auch genug Zeit, um die ganze Sauerei rechtzeitig vor eurer Beerdigung aufzuräumen.“
Statt einer direkten Antwort griff Mario in die Innentasche seines Jacketts. „Du hast sicher nichts vergessen?“
„Nein! Nun mach schon.“
Es war ein sauberer Schuss. Giovanni Martinez war sofort tot.