Sie rannte.. keuchend, panisch, verwirrt,
ängstlich..
Das ohrenbetäubende Heulen jagte durch die nächtlichen Felder, die stillen Zeugen, die wie Gespenster im milchig-weißen Mondlicht anklagend in den wolkenlosen Himmel starrten.
Ihre nackten Arme, wund geschlagen durch die peitschenden Gerstenhalme, brannten schmerzlich, weiteren Hieben standhaltend. Sie weinte. Die heißen Perlen rannten ihr über die bereits zu Salz getrockneten Tränen. Die kalte Nachtluft tat in den Lungen weh. Wie lange würde sie noch durchhalten können? Würde sie jetzt Halt machen, wäre das ihr sicherer Tod..
Dann sah sie es!
Das war ihre Chance. Ihre einzige Chance.
Eine alte Scheune tauchte verlassen im Mondlicht auf. Sie könnte sich darin einschließen.. vielleicht würde sie tatsächlich noch den Morgen erleben können..
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Das Tor ging nicht auf, der Riegel war rostig und klemmte!!
"Oh bitte!! Bitte!!" flüsterte sie verzweifelt, am Schieber rüttelnd und ziehend. Und wieder fuhr ein Heulen durch die Felder..
"JETZT MACH SCHON!!!" schrie sie jetzt. Und tatsächlich! Endlich gab der Riegel nach! Schnell verschwand sie im Schutz der Herberge, schloss hinter sich und atmete durch..
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"Lisa.."
Ein schweres Atmen kam aus dem hinteren Teil der Scheune. Kein Zweifel! Das war Markus! Ihr fester Freund.. Er hatte es also auch geschafft. Sofort rannte sie zu ihm..
"Lisa.. was geschieht mit mir.." er weinte, völlig aus der Fassung, nicht ganz bei sich.. sein Unterarm eine einzige klaffende Fleischwunde, zerfetzt, zertrümmert.. doch das war nicht alles..
Das Wimmern wurde ein Knurren.
Das Weinen entlud sich als das Geheul eines Wolfes.
Bevor ihr Verstand begreifen konnte, was da geschah, stürzte er sich auch schon auf sie in blinder Wut und im Hall ihrer verzweifelten Schreie zerfetzte er den zierlichen Körper seiner Freundin.
Die zarte Haut, die er noch wenige Stunden zuvor zärtlich mit Händen und Lippen liebkost hatte, wurde nun von seinen Klauen durchbohrt und zerrissen.
Da lag das leblose Mädchen.. oder das, was von ihr übrig war, inmitten einer Lache aus Blut. Er kniend daneben.. den Blick klagend zum Mond gerichtet stieß er ein schmerzerfülltes Heulen aus, das seine Verzweiflung aus seinem tiefsten Inneren nach außen trug.
Sklave seines Instinkts war er nicht länger ein Mann.