Es war endlich dunkel genug. Leise und unauffällig, wie eine schwarze Katze, machte sie sich davon. Mit geübten Hand griffen knackte sie das Auto und startete es. Sie fuhr nur bis zum nächsten Bahnhof. Dort angekommen nahm sie die Speicherkarte aus ihrem Smartphone und warf es in den nächsten Mülleimer. Die Tickets kaufte sie am Schalter und zahlte Bar. Sie zahlte immer Bar, nie mit Karte. Das war einer ihrer Grundsätze.
In ihrem Abteil ließ sie sich in ihr notdürftiges Bett plumpsen und seufzte. Diesmal fiel es ihr schwer zu gehen. Diesen Mann hatte sie echt leiden können. Aber es war an der Zeit. Sie musste wieder weg. Irgendwann holte ihre Vergangenheit sie immer ein. Aber die Abstände wurden länger. Sie lernte eben auch dazu. So ein Desaster wie 2008 konnte sie sich nicht nochmal leisten. Sie kramte in ihrer Tasche. Wer würde sie als nächstes sein? Henrietta Schmidt, Sandra Lehmann, Josephine Hartmann... Sie entschied sich für Sandra Lehmann.
Es war wieder einmal Zeit für Tabula rasa. Was sie nicht wusste: die Wachsschicht auf ihrer Tafel war mittlerweile verdammt dünn.