Prompt: Magische Worte
"Es sind drei einfach Worte." Olli wedelt mit drei Fingern vor meinem Gesicht rum. "Ich verstehe echt nicht, was daran so schwierig sein soll, Cora."
"Ich weiß es doch auch nicht." Frustriert lasse ich mich rückwärts auf mein Bett fallen und verberge mein Gesicht unter meinen Händen. Eigentlich weiß ich sehr gut, was mir daran so schwer fällt. Aber das kann ich Olli nicht erklären. Daran wie die Matratze nachgibt, merke ich, dass Olli sich neben mich gesetzt hat. Langsam spicke ich durch meine Finger hindurch, sehe aber nur das gelockte, rostbraune Haar meiner Freundin.
"Was - was ist wenn nur ich es sage?" Plötzlich habe ich einen dicken Kloß im Hals und mir schießen die Tränen in die Augen. "Ich hab solche Angst, Olli."
"Papperlapapp. Kein Junge dieser Welt würde dich abweisen Cora! Du bist das hübscheste, intelligenteste und netteste Mädchen der ganzen Schule."
"Glaubst du das - wirklich?"
"Ich glaube das nicht. Ich weiß es. Überleg doch mal. Denk zurück. Ben in der Vierten! Der war ganz verrückt nach dir. Dann die Zwillinge Luca und Mattis in der Sechsten! Und jetzt...steht sowieso die halbe Schule auf dich."
Ich löse die Hände von meinem Gesicht und schaue Olli ernst an.
"Aber was wäre wenn...", setze ich an. Ich bringe die Worte nicht über die Lippen.
Olli schnaubt. "Cora, ganz ehrlich! Wie lange sind wir jetzt die aller besten Freundinnen? Du weißt ich würde dich nie anlügen - und du kannst mir immer alles sagen."
"Aber was wäre...wenn es kein Junge von unserer Schule wäre?"
"Was?" Olli quiekt aufgeregt und hüpft mit ihren Knien auf dem Bett auf und ab, während sie mich mit beiden Händen am Arm festhält. "Ist er etwa schon älter? Du bist so unanständig. Jetzt aber raus mit der Sprache - wie heißt er? Kenne ich ihn?"
"Beruhige dich wieder. Es ist nicht so wie du denkst", antworte ich. "Ich meine...was wenn es...wenn es kein Junge wäre?" Meine Stimme ist nur noch ein Flüstern.
"Ist er denn schon so alt? Ist es ein Lehrer? Oh mein Gott, Cora das ist nicht dein Ernst! Ist es Herr Bäumer? Oder - doch nicht etwa der neue Referendar - wie hieß er nochmal..." Olli macht eine Denkpause und tippt sich dabei an die Stirn.
"Olli."
"Was?"
"Olli."
"Cora?"
"Ich meine...Olli."
Verzweifelt schaue ich meine beste Freundin an. Ich hoffe in ihren Augen irgend eine Art Erkenntnis zu sehen. Doch diese schaut mich nur verwirrt an. Mit ihren großen dunkelbraunen Rehaugen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt werden. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen.
"Ich liebe dich."
"Ich weiß. Du bist so süß - ich liebe dich auch. Aber jetzt lenk nicht vom Thema ab. Und schau mal, wie einfach das gerade bei mir ging. Wenn du es genau so machst, dann kann doch gar nichts mehr schief gehen."
Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie begriffsstutzig Olli manchmal sein kann.
"Ich liebe dich, Olli."
Endlich - endlich schleicht sich Begreifen in Olli`s Blick. Sie rutscht ein paar Zentimeter von mir ab.
"Du meinst..."
"Ja verdammt. Ich habe mich in dich verliebt. In keinen Jungen von der Schule, in keinen Lehrer. In dich."
Olli schaut mich nur an. Unglauben spiegelt sich in ihren Augen wider. Sie klappt ihre kirschroten Lippen auf und wieder zu.
"Ich...ich muss nach Hause", stammelt sie und flieht aus dem Zimmer.
Das ist das Problem an den drei einfachen Worten. Hast du sie erst einmal ausgesprochen - gibt es kein zurück. Hast du sie erst einmal ausgesprochen, machen sie sich selbstständig. Hast du sie erst einmal ausgesprochen - weißt du nie was diese drei kleinen magischen Worte anrichten.