Das Pflänzlein wuchs nah am Wegesrand, wo es langsam vor sich hin sich wand. Eines Tages kam heran, ein Wanderer, wer könnt es ahnen. Er lief und pfiff mit lustigem Liede und lief beschwingt, er war auf dem Weg zu seiner Liebe. Da sah er im hohen Grase wachsen, ein Pflänzlein, das blühte und ihm gefiel so sehr. Er ging dorthin, in die Wiese hinein, doch sah er nicht, dass dort Wasser war, was für eine Pein! So er also auf die Wiese trat, nur das Pflänzlein im Blick, da sanken seine Stiefel in morastige Tiefe. Er wunderte sich noch, warum das Vorankommen immer schwerer wurde, doch sah er die Pflanze nur und dann wars zu spät. Er sah hinab, war fast angekommen, da stellte er fest, dass er war eingesunken. Mit Kraft versuchte er, sich zu befreien, doch keinen Zweck hatte es, er musste sich eilen. Doch nichts half, langsam er versank, bis er bis zur Brust im Morast stand.
Die Nacht war schon hereingebrochen, der Wanderer an seine Liebste dachte. Kein Hilferuf wurde gehört, die Tiere und Vögel lebten unberührt. Die Sterne sahen auf den Wanderer hernieder, da sah er ein Lichtlein, der Wanderer, es kam auf ihn zu von fern. „Hilfe“ ruft er laut und stark, ein Funken Hoffnung kam in sein Herz. Da kam das Licht noch viel näher heran und der Wanderer erkannte – es ist ein kleines Ding. Und mit Schrecken stellte er fest: dies ist keine Lampe, es ist ein Irrlicht! Mit Schrecken sah er flackerndes Feuer, ihm war gar nicht geheuer! Da kam das Flämmlein auf ihn zu, er sah ein kleines Männlein, das leuchtete ihm zu. Es schaute den Wanderer lange an, hüpft vor ihn hin und fragte ihn dann: „Wie kommt es denn, dass du hier bist, zum Tageslicht du versunken bist?“
„Ja, so wars, die Blume war so schön! Ich wollte sie pflücken und damit zu meiner schönen Liebsten gehen!“
Mit hellen Augen sah ihn das Irrlicht an. „So, zu deiner Liebsten gehn? Ist sie denn wirklich so sehr schön?“
„Ja, also nein. Man sagt so nicht. Doch für mich, da ist sie schön, denn ihr Herz ist rein und mir zugetan. Die schönste Dame auf der Welt ist sie, das muss ich sagen! Auch wenn viele sagen, sie sei hässlich, aber das mag man über viele andere ebenso sagen. Doch nun werd ich sie nie wiedersehen, ach, was bin ich traurig, keiner hörte meinen Hilferuf und mein Flehen!“
Da weinte der Wanderer, jung war er noch, der Morast ging ihm bis zum Kinn, sein Leben schien dahin. Da hüpfte das Irrlicht auf und ab, es murmelte geschwind „Was mir das hier wohl bringt?“
Zum Wanderer gewandt, da sprach es sodann „Hör mal, ich könnt dir helfen. Doch das tu ich nicht einfach so, das ist nicht meine Natur. In Morast und Sumpf locke ich die Leute, auf dass sie Ertrinken und nicht mehr sind von Heute! Doch wenn du mir versprichst, drei Gefallen mir zu tun, sollte ich in Zukunft dich rufen, so will ich dir helfen und dich retten, so dass du kannst zu deiner Liebsten gehen! Komm nur jedes Jahr an diesem Tage hier vorbei und warte bis es dunkel ist, das verlange ich, sodass ich dir meinen Wunsch kann sagen. Und sorge auch dafür, dass dies dein Leben lang ein schöner Tümpel sei!“
Das versprach der Wanderer. Das Irrlicht flitzte um den Wanderer herum und warnte ihn, sich nicht umzusehen. Dann tippte es mit kleinen Fingern auf des Wanderers Kopf. Langsam, langsam bewegte sich der Wanderer, der Kopf kam zuerst aus dem Morast, dann die Brust, die Arme und die Hüften. Schlussendlich sprach das Irrlicht zu ihm „Nun geh, du kannst laufen, das kleine Stück Weg. Um das Pflänzlein mach dir keine Gedanken, ich will es dir reichen, am Rande meines Reichs.“
Und so kam der Wanderer, erschöpft und doch froh, am Wegesrand an und fiel auf die Knie. Das Irrlicht, das hüpfte hinter ihm her, das schönes Pflänzlein in den kleinen Händen. Das reichte es dem Wanderer, der noch verschnaufte und sein Glück bald zu fassen glaubte. Da sagte ihm das Irrlicht nochmal, was er ihm denn versprochen hatte in seiner Not, er möge es halten, so hatte er gelobt.
Der Wanderer, er ging zu seiner Liebsten, schenkte ihr das Pflänzlein, was sie sehr erfreute. Schlamm und Morast wusch er sich ab und sie saßen bald am Feuer zusammen. Tief in der Nacht erzählte der Wanderer ihr, was er am Tag erlebt hatte und was er versprochen hatte. Lange lagen sie wach – was soll man bloß von einem Versprechen zu einem Irrlicht halten? Doch dann beschlossen sie, fortan gemeinsam für den Tümpel zu sorgen, auf dass er immer ein gutes Heim für das Irrlicht sei. So taten sie es und später brachten sie es auch ihren Kindern bei.
Kein Mensch versank fortan mehr in dem Tümpel und das Irrlicht, das flitzte hin und her und erfreute sich.
- Dies ist die Version für den Märchenabend, welcher am 29.02.2020 auf Belletristica stattfand. Die ursprüngliche Version ist deutlich länger und geht noch weiter, schließlich hat der Wanderer ja drei Gefallen versprochen. Beizeiten werde ich die lange Version ebenfalls hier hochladen. -