Die digitale Welt war ein Widerspruch in sich. Ja, sie bestand aus Code, aber je mehr er sich damit auseinander setzte, desto sicherer war sich Koushiro, dass niemand diesen Code geschrieben hatte. Es war kein Fall von einem Code der irgendwann geschrieben war und sich selbstständig gemacht hatte, wie er es einmal vermutet hatte. Nein, was auch immer die digitale Welt war: Sie war anders. Sie funktionierte auf der Basis von Computern und ihrer Logik, aber irgendwie auch nicht.
Er hatte so viele Daten gesammelt und würde noch viel mehr sammeln, doch je mehr Informationen er hatte, desto widersprüchlicher wurde alles. An sich hätte es ihm schon als Kind klar sein sollen: Die Wappen reagierten auf ihre Gefühle. Und Gefühle waren etwas, das auch jetzt noch Computern schwer fiel. Computer konnten sie nicht vorhersehen, nicht berechnen. Wieso sollte also etwas, in einer computersimulierten Welt auf Gefühle reagieren?
Er seufzte und griff nach seinem Oolong-Tee. Zugegebenermaßen war es sein Stolz, der ihn bei der Sache hielt. Immerhin könnte er auch einfach sagen, dass es egal war. Niemand machte sich die Mühe jedes Detail der Erde zu verstehen, der realen Welt. Sicher, Physiker hatten Ansätze, aber dass niemand die Universums-Formel fand, verwunderte auch keinen. Doch Koushiro saß hier und suchte das digitale Gegenstück.
»Du solltest nicht so ewig am Computer sitzen, Koushiro-han«, warf Tentomon ein.
Es hatte mit einem Buch neben dem Schreibtisch gesessen, während er gearbeitet hatte. Nun, einem Manga, um genau zu sein. Vor nicht allzu langer Zeit hatte es Shonen-Magazine für sich entdeckt. Dann hatte Koushiros Vater seine alte Sammlung aus dem Keller abgestaubt und wenigstens hatte Tentomon eine Beschäftigung für sich gefunden.
»Ich weiß«, seufzte Koushiro und lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück. Er drehte sich vom Bildschirm weg, um seine Augen etwas zu entspannen.
»Ich weiß, dass du Neugierig bist, aber du könntest auch einfach mal rausgehen«, meinte Tentomon. »Oder in die digitale Welt.«
»Pass auf, bald klingst du wie meine Mutter.« Koushiro lächelte sanft.
»Deine Mutter ist sehr weise, weißt du?«, erwiderte sein Partner.
»Ja.« Noch einmal seufzte Koushiro.
»Worüber grübelst du wieder?«, fragte Tentomon schließlich.
Koushiro warf dem Computer einem Seitenblick zu, nahm dann das Digivice, das davor lag. »Nur die Natur der digitalen Welt und die Natur der Digimon.«
»Dasselbe wie immer also«, erwiderte Tentomon altklug. »Und, was sind deine Ergebnisse soweit.«
»Ich bin mir relativ sicher, dass du keine künstliche Intelligenz bist«, scherzte Koushiro und schaffte es damit Tentomon dazu zu bringen ganz von seinem Manga aufzublicken.
»Ach ja?«
»Ja. Weil künstlich würde bedeuten, dass euch jemand erschaffen hat. Aber zumindest dahingehend bin ich mir sicher: Niemand hat sich hingesetzt und die digitale Welt programmiert. Sie muss irgendwie anders entstanden sein.«
»Nur wie, das weißt du nicht«, schloss Tentomon.
Koushiro nickte stumm und sah auf sein Digivice, ehe sein Blick wieder zum Computer glitt. »Aber ich werde es herausfinden.«