Rot sank die Sonne hinab, durch Schleier glühender Wolken dem Talgrund entgegen und auf die Berggipfel zu. Das Gras veränderte sich, wurde von Smaragdfarben zu Türkis und Dunkelgrün. Die Vögel woben die kristalline Melodie des Abends in die würzig-kühle Luft hinein.
Mit dem letzten Sonnenstrahl legte sich ein Nebelschleier über die Talsohle, der langsam in die dichten Wälder und weiter die Berge hinaufzog. Je dunkler es wurde, desto höher zogen die Schwaden nach oben, sie bildeten eine gewaltige Kuppel, in denen sich der Glanz der Sterne verschwommen bis hinab ins Tal spiegelte. Das blaue Licht fiel auf die hohen Gräser und entzündete sie.
Ein großer, warmer Wind strich durch das Tal, jede Ecke besuchte er und bewegte die sanft leuchtenden Gräser hin und her. Überall prüfte er die Nebelschwaden und schob sie hier und dort in andere Richtungen. Dann stieg er auf in die Höhen, zum großen Horn und zog durch die Ritzen und Spalten hindurch, dass ein silberheller Ton im ganzen Tal zu hören war.
Die Geister der Nacht erwachten. Vorsichtig sahen sie sich um, hoch zu den Nebelschleiern und den durchschimmernden Sternen. Als Erstes sprangen braun-dunkelgrün leuchtende Männlein ins Tal hinab. Aus dem Wald hüpften sie hervor und glitten durchs Gras bis zum Talgrund hinab, wo sie in den Gräsern umhersprangen und den Abhang wieder hinaufkletterten, um nochmals ins Tal hinabgleiten zu können.
Ihnen folgten weiß und gelb glühende Elfen, durch die Luft sausten sie und verteilten ihre glitzernden Funken überall.
Blau schimmernde Wassergeister waberten zwischen Baumstämmen und Sträuchern hindurch, im Tiefflug huschten sie durch die Wiesen. Dabei scheuchten sie so manch ein dunkelrotes Fünkchen auf, das aufstob, kurz keckernd schimpfte und sich dann mit anderen zum Tanz zusammenfand.
Hoch oben in den Bergen rauschte der Wind an einer Höhle vorbei, in der grün glühende Augen wachten und ins Tal hinabsahen. Zwei gewaltige Pfoten aus Schatten berührten den Felsboden, langsam ging das Wesen auf den Ausgang zu. Dort, eine Handbreit unter den weißen Nebelschleiern, verharrte es und wartete, bis der Mond im Osten in den Himmel stieg. Als das blau-weiße Licht auf die Nebelschleier traf, sandte es seinen schaurigen Geisterruf in die Nacht und ins Tal hinaus. Auf- und abschwellend war er nicht mit den Ohren zu hören, doch jedes Wesen im Tal spürte ihn.
Die Wesenheiten hielten inne, in ihren Tänzen, in ihren Sprüngen, in ihrem Gleiten. Der Himmel verdunkelte sich, nach und nach verschwand das Licht der Sterne, mit ihnen erloschen die Gräser im Tal.
Eifriges Gewusel begann, alle großen und kleinen Lichter strebten den Hängen der Berge zu. Über ihnen brodelte es, der weiße Nebel vermischte sich mit den schwarzen Schleiern und wurde in sie aufgesogen. Leises Grollen schallte durch das Tal, ein sanfter Wind zog als Vorbote durch die Gräser.
Berghänge und Steilklippen leuchteten in grün und rot, blau und gelb, violett und türkis. Alle Nachtgeister hatten sich dort versammelt und sahen abwechselnd zum Himmel auf und in ihr Tal hinab.
Vor der Höhle bleckte das Wesen mit den grünen Augen die langen, elfenbeinfarbenen Zähne und hob den Kopf empor. Es sog die spannungsgeladene Luft ein und heulte auf; ein tiefer Ton, der jeden Winkel durchdrang.
Von oben kam tosendes Krachen als Antwort. Gleißendes Licht durchzog die schwarze Wolkendecke. Gleich darauf stob ein kleiner, strahlender Drache aus dem Dunkel hervor. Ins Tal raste er hinab, glitt auf lodernden Schwingen auf die Wiese zu, an den Gräsern vorbei, begleitet von freudigem Donnern. Kurz vor dem Boden löste er sich auf, wurde zu einem weißen Hauch, der sich im stärker werdenden Wind verlor.
Abermals krachte es, einmal, zweimal. Zwei glühende Drachen, rot und golden, rasten aus den Wolken hervor. Durch die Luft tanzten sie, umeinander und badeten Baumwipfel und Berghänge in ihr Licht. Mit einem letzten tosenden Krachen stoben sie ineinander, die Schlangenleiber lösten sich in feinen Nebel auf.
Über all dem wachte die Schattenkreatur in den Höhen der Berge. Der Wind kam zu ihm, ein unruhiger Geist, der beständig durch alles fuhr, was er finden konnte, auch durch sein tiefschwarzes Fell. Glühend stob der Donnergeist zu ihm hinab und kreischte in die Nacht hinein. Für einen Moment erhellte sein weißes Licht das Dunkel; in diesem kurzen Augenblick verband sich sein Herzschlag mit dem des uralten Wächters.
Ein Blitzdrache nach dem anderen donnerte hinab ins Tal, manch einer zog in die Bäume hinein und tränkte sie mit seiner Himmelsmagie. Die Bewohner des Tals sandten ihre eigene Magie aus, die sich in glitzernden, funkelnden Farben traf und mit der Magie der Drachen vermischte. Hauchfeiner, warmer Regen ging über dem Tal nieder.
Als sich die schwarzen Wolken auflösten, strahlten die Sterne vom Himmel hinab. Im Tal hoben tausende kleine Blüten ihre Köpfe und öffneten sich. In allen Farben des Regenbogens leuchteten sie, jede mit ihrer besonderen Färbung, für diese eine Donnernacht.