Link zur Vorgabe:
Neugierig blicke ich auf das große Tor.
Soll ich wirklich reingehen?
Es ist klar illegal, einzutreten.
Andererseits kann man die geöffnete Pforten nur als eines sehen – eine Einladung!
Vorsichtig schaue ich mich um – ist jemand in der Nähe? Vielleicht die versteckte Kamera? Oder sonst ein komisches Fernsehformat?
Unschlüssig tipple ich auf und ab, entferne mich, um nach wenigen Minuten wieder zurückzukehren. Ich war schon immer ein „Wunderfitz“, und genau diese Neugierde hindert mich, die Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen.
Das Wetter scheint mich in meinem Vorhaben zu unterstützen. Es ist zwar noch März, aber heute war ein wunderschöner Frühlingstag, und diese Stimmung liegt immer noch in der Luft. Auch wenn es in zwei Stunden dunkel sein wird es schon etwas abgekühlt hat, spürt man die Vorboten des Sommers – Vögel zwitschern und ich bin sicher, auf dem Gelände jede Menge Blumen entdecken zu können.
Entschlossen knüpfe ich meine Weste zu und pirsche mich langsam zum Tor. Ein letztes Mal vergewissere ich mich, dass wirklich keiner zugegen ist, ehe hastig und nicht ohne schlechtes Gewissen die großen Metallflügel passiere.
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Die Beete sind wunderschön. Ich blicke in ein Meer von Farben – Tulpen, Narzissen oder Hyazinthen. Teilweise mehrfarbige Blüten, dann wieder ein Meer von Blau, Rot, Lila oder Gelb. Ich entdecke auch noch einige Pflanzen, bei denen ich nicht weiß, um was es sich handelt, da die Beschriftung der Beete noch unvollständig ist. Kleine Pfade aus weißen, großen Kieselsteinen weisen den Weg. Auch mehrere Parkbänke kann ich entdecken sowie mehrere Bühnen und auch Restaurants, die natürlich noch geschlossen sind.
Es gäbe hier sicher noch vieles zu entdecken. Und so sehr ich meinen Spaziergang auch genieße, so traue ich mich nicht wirklich, gemütlich durch all die Schönheiten hindurchzuschlendern. Zum einen habe ich immer noch Bedenken, erwischt zu werden – zum anderen möchte ich endlich wissen, um was es sich bei dem abgesperrten Gelände handelt.
Ob dieser Bereich auch offen zugänglich ist?
Neugierig nähere ich mich den Absperrungen. In der Zeitung wurde diese bereits abgedruckt, daher weiß ich, nach was ich suchen muss. Nicht lange, und ich entdeckte die große dunkelgrüne Wand mitsamt dem Tor, die dieses gutgehütete Geheimnis verbergen. Nein, nicht irgendeine Wand – es sind Bäume, Wurzeln und Äste vermischt mit Moos und anderem Grünzeug, die eine lückenlose Barriere bilden. Auch überdimensionale große Pilze kann ich entdecken.
Natürlich ist dies nicht echt, sondern von Künstlern entworfen und täuschend echt modelliert und in Szene gesetzt. Allein diese Herstellung dürfte Unsummen verschlungen haben und erinnert mich ein wenig an die Warteschlangenbereiche des Europa-Parks – wer weiß, vielleicht waren her ja die gleichen Macher am Werk.
Zu meiner Enttäuschung ist das Tor verschlossen.
Trotzdem gehe ich auf dieses Geheimnis zu. Wenigstens versuchen möchten ich es.
Zu meiner großen Überraschung ist der Eingang nicht verschlossen, sondern lässt sich leicht öffnen. Fast zu leichtgängig für diese großen Holzflügel.
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Das erste, was mir auffällt, ist der große Teich, der wohl extra für die Landesgartenschau angelegt wurde. Zentral in der Mitte gelegen, steuert man automatisch auf ihn zu. Das Sonnenlicht reflektiert auf der Wasseroberfläche und glitzert geheimnisvoll – fast so, als fordere es mich auf, doch näher zu kommen. Große Seerosen schwimmen majestätisch auf dem dunkelgrünen Wasser.
Wunderschön.
Während ich staunend auf die Wasseroberfläche starre, höre ich ein seltsames Geräusch. Ein seltsames Klingen, wie von kleinen Glöckchen. Oder ist das gar ein Lachen?
Und hat sich die eine Seerose nicht gerade bewegt? Das sind sicher Fische im Teich, oder?
Die Wasserpflanze zittert nun.
Ist das etwa eine winzig klein Hand, die dort aus dem Wasser ragt?
Aufgeregt halte ich den Atem an.
Ein kleines zartes Wesen erscheint, nicht sonderlich groß, vielleicht so lang wie mein Zeigefinger. Es ist ein zierliches kleines Fräulein, welches sich mühsam an der Seerose nach oben zieht und in der Mitte der Blüte seinen Platz findet.
Überall kann man nun zarte Bewegungen wahrnehmen und noch mehr der zarten Wesen entsteigen dem Wasser. Nicht alle sind weiblich – auch kleine Männer kann ich entdecken. Alle sind zierlich und haben ein freundliches Gesicht.
War das das Lachen, das ich gehört habe?
Vorsichtig nähere ich mich dem Wasser und gehe in die Knie, während ich gleichzeitig meinen Zeigefinger ausstrecke. Ich möchte den Winzlingen, die mich im Übrigen ignorieren, nichts tun, nur einmal berühren. Ganz vorsichtig schiebe ich den Zeigefinger vor…
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Mein Wecker hat einen grausamen Ton und reißt mich gnadenlos aus meinem Traum.