Der als Kaito KID verkleidete Toichi Kuroba Junior landete leichtfüßig auf dem Dach des Museums, wie als hätte er dies schon oft vorher geübt. Mit vor Aufregung klopfendem Herzen sah er sich um. Hier auf dem Dach war er allein, doch im Gebäude würde es sicher anders sein. Jedoch hatte er kein Ankündigungsschreiben verschicken können, da Toichis Plan, im Museum einzubrechen, recht spontan entstanden war. Dennoch fühlte der Junge sich gut vorbereitet, schließlich hatte er ein Ass im Ärmel, welches in glaubhaft erscheinen lassen würde…
Der selbsternannte Mondscheinprinz richtete sein Kostüm und den Umhang, bevor er sich leise in das Innere des Gebäudes wagen wollte. Doch dann kam ihm eine bessere Idee, als er das Gitter zum Lüftungsschacht entdeckte. Mit ein wenig Arbeit war es entfernt und Toichi konnte hineinklettern. Er bahnte sich seinen Weg durch die Röhren bis hin zum Ausstellungsraum seiner Begierde. Dort gab es einen Glaskasten mit einem großen, auffälligen Edelstein, dem Crystal Heart, wie er auf dem Schild daran erkennen konnte.
„Den will ich… Um dir zu helfen, Papa.“, flüsterte Toichi, dem nun etwas mulmig wurde. Er war immerhin kurz davor, eine Straftat zu begehen…
Toichi ließ drei Rauchbomben, die er in der Hosentasche aufbewahrt hatte, durch die Schlitze des Gitters fallen. Sie explodierten zuverlässig und Toichi nutzte die Chance um herauszuklettern. Er landete etwas wackelig auf seinen Füßen und hatte Mühe, im Rauch den Glaskasten zu finden. Jedoch fand er ihn und hob ihn leise herunter.
„Das ist irgendwie zu einfach…“, flüsterte der Junge zu sich selbst, als er das Objekt seiner Begierde an sich nahm.
„Ein Dieb! Haltet ihn!“, hörte er plötzlich nicht weit von sich.
„Das ist doch Kaito KID!“, schrie eine weitere Person.
Toichi setzte ein selbstsicheres Lächeln auf, doch innerlich hatte er Angst. Nun war der Moment gekommen, vor dem er sich gefürchtet hatte.
„Ja, ich bin es! Ich bin zurück!“, rief er mit der Stimme seines Vaters. Es war sein Trumpf, dass er wie sein Vater die Stimme verstellen und so jede Stimme die er kannte, auch nutzen konnte.
„Ihr seid Zeugen meiner Wiederkehr!“, rief er und verbeugte sich vor den Anwesenden Museumsgästen. Einige jubelten ihm zu, doch einer schien den Alarmknopf gedrückt zu haben, denn eine Sirene ertönte im Raum. Zudem tauchte das Sicherheitspersonal auf.
Kaito KID alias Toichi machte sich nun schleunigst daran, die Flucht zu ergreifen. Er hetzte durch die Gänge des Museums, wich immer wieder Hindernissen und Menschen aus. Toichi war flink, sodass er die Wachleute bald abhängen konnte. Doch eine junge Frau mit schwarzen Haaren folgte ihm weiterhin, sie ließ sich nicht so leicht abhängen. Der Junge fasste den Plan aufs Dach zu gelangen, wo er dann mit seinem Gleiter starten konnte. Die Frau folgte ihm jedoch, sodass er sich wirklich beeilen musste.
Er rannte die Treppen hinauf und kam atemlos auf dem Dach an.
„Das Spiel ist aus, Kaito KID! Oder sollte ich eher sagen, Toichi Kuroba?“ Der Angesprochene erstarrte vor Angst, als sie grinsend seinen richtigen Namen nannte. Er war enttarnt! Aber woher wusste die junge Frau von seiner wahren Identität?!
„Wer sind Sie?“, fragte er panisch, von seinem Pokerface war nichts mehr zu sehen. Die junge Frau lachte leise, bevor sie sich ihre Maske vom Gesicht zog.
Nun erkannte er, wer sie in Wirklichkeit war.
„Himari?! Was zur Hölle…?“
„Da staunst du, was? Du bist nicht der Einzige, der von Papas geheimen Raum weiß.“, sagte sie grinsend.
„Aber mal ehrlich. Du bist ein Luftikus, weißt du das? Einfach so einen Überfall planen und ihn dann durchziehen… Wenn sie dich erwischt hätten!“
„Ich weiß, ich war leichtsinnig… Aber ich habe es für Papa getan, damit er frei kommt…“, gab Toichi leise zu.
„Dein Auftritt war nicht schlecht. Doch an deinem Pokerface musst du echt arbeiten.“
„Aber du bist auch nicht gerade vernünftig…! Einfach hier aufzutauchen…“, gab Toichi zu Bedenken.
„Ich wollte meinem Bruder beistehen und im Ernstfall helfen.“, sagte seine Schwester Himari nur.
„Schnell hau ab! Ich höre Polizeisirenen! Wir sehen uns zuhause.“, sagte der junge Dieb gehetzt und startete seinen Gleiter, als seine Schwester wieder die Maske aufsetzte und sich davon stahl.
Der Mondscheinprinz flog erneut durch die Nacht, jedoch weniger euphorisch als vor seinem Coup. Er hatte einen Diebstahl begangen… Doch die Medien würden hoffentlich von ihm berichten, sodass sein Vater freigelassen werden würde…
Er landete in einer dunklen Seitengasse und setzte hastig Hut und Monokel ab. Nun hatte er ein weiteres Problem. Toichi hatte keine Wechselsachen dabei und in seinem Kostüm wollte er ungern durch die Nacht spazieren. Doch ihm blieb nichts anderes übrig, als möglichst ungesehen nach Hause zu kommen. Zu seinem Glück waren wenige Menschen unterwegs, die kaum Notiz von ihm nahmen. Es hatte sich auch kaum herumgesprochen, dass er einen Auftritt als Kaito KID gehabt hatte.
Polizeisirenen tauchten in der Nähe auf, vor denen Toichi sich geschickt versteckte. Als die Luft rein war, machte er sich wieder auf dem Weg. Er schaffte es tatsächlich nach Hause, woraufhin Himari ihm die Tür öffnete.
„Woher weißt du, dass ich hier bin?“, fragte er verblüfft.
„Ich hab aus dem Fenster geschaut. Komm, Mama schläft noch.“, flüsterte sie.
„Und woher weißt du, dass ich ins Beika Museum wollte?“
„Weibliche Intuition. Und es ist das einzige Museum mit einer Sonderausstellung zur Zeit. Hast du den Stein?“, wollte Himari wissen.
„Ja…“, sagte Toichi leise, als die Beiden nach oben in sein Zimmer gingen.
„Ich glaube, wir haben uns Ärger eingehandelt…“, stellte der Junge bedrückt fest.