Auftragsgemäß übergibt Unterscharführer Berthold Stenna die Tagesstärkemeldung der 3. Kompanie.
"Danke. Wegtreten!"
Ein gehetzt wirkender Ordonnanzoffizier nimmt die Papiere an sich, ringt sich eine halbherzige Ehrenbezeigung ab und entschwindet im Trubel. Stenna grüßt den leeren Raum vor sich, macht kehrt und verlässt den Gefechtsstand.
Die Sonne empfängt ihn mit strahlender Wärme. Berthold reckt ihr den Kopf entgegen. Schließt die Augen. Genießt diesen Augenblick. Ohne Hast bewegt er sich einige Schritte zur Seite. Weg von der Einflugschneise zum Bataillonsstab. Hängt seine Bergmann MP35 an einen Nagel und lehnt sich gegen die Wand des Stallgebäudes.
Dieser kleine Winkelhof gefällt ihm. Er erinnert ihn an seine Kindheit und den Hof seiner Familie, auf dem er aufwuchs. Zweistöckiges Fachwerkhaus mit rechtwinklig angesetztem Stall und Heuboden. Beide Gebäude weisen Anzeichen des Verfalls auf. Stenna vermutet, dass der Hof seit Monaten unbewohnt ist. Die Dächer gehören repariert, Fensterstöcke ersetzt. Ein wenig Farbe schadet nicht. Das Lametta wird aus dem Stall geworfen und Milchkühe einquartiert. Ein halbes Dutzend vielleicht? Hühner auf den Hof, der Hahn kommt auf den Mist und eine Horde Gänse in den freigelegten Tümpel hinter dem Haus. Mit einer Frau und vier Kindern wäre der Stenna-Hof am Rande des Teutoburger Waldes perfekt!
Gedankenverloren ertastet Berthold die Packung Reemtsma R6 in seiner linken Brusttasche, klopft eine Zigarette heraus und klemmt sie sich zwischen die Lippen. Noch während nach Zündhölzern sucht, knattert ein über und über mit grauem Straßenstaub bedeckter Kradmelder auf den Hof. Braust an der mobilen Funkstation unter der ausladenden Eiche neben dem Haupthaus vorbei, umrundet den baufälligen Brunnen und bringt sein Gefährt neben dem Unterscharführer zum Stehen. Der Einzylinder-Zweitaktmotor tuckert ergeben im Leerlauf.
Der Melder setzt sich auf. Betätigt einige Male die armselige Hupe seines Krades. Drückt den Rücken durch, dass Stenna die Knochen knacken hört. Mit routinierter Bewegung zieht er sein Halstuch vom Gesicht und die unförmige Motorradbrille über den Stahlhelm. Legt sein sonnengebräuntes kantiges Gesicht mit Boxernase und stahlblauen Augen frei.
"Uscha Stenna!"
Er beugt sich zum Unterscharführer hinüber und nimmt ihm die Zigarette aus dem Mund.
"Oscha Nimmersatt!"
Der Kradmelder nickt milde, zaubert ein Zündholz hervor und reißt es an. Pafft einige Wölkchen, bevor er tief inhaliert und Rauchringe produziert. Erneut drückt er auf die Hupe. Endlich zeigt sich ein Schreiber, dem er einen Umschlag übergibt.
"Direkt zum Chef, Söhnchen. Ohne Umwege!"
Der Schreiber galoppiert davon.
Berthold Stenna betrachtet den rauchenden Oberscharführer. Zum ersten Mal begegneten sie sich auf einer gottverlassenen Landstraße irgendwo in Westpolen. Seine geliebte Triumph BD250w lag im Straßengraben. Er daneben. Attackiert von Ulanen, polnischer Kavallerie. Sein Leben war keinen Pfifferling mehr wert. Stenna und sein Trupp schossen ihn aus der misslichen Lage. Machten ihre ersten Gefangenen und gewannen die Gunst jenes vierschrötigen Kerls, der als Melder in der Waffen-SS seine Berufung gefunden hat.
"Neuigkeiten?"
Stenna reicht ihm seine Feldflasche. Der Kradmelder nimmt sie dankend an, schraubt den Verschluss auf und nimmt einen ordentlichen Schluck aus der Pulle. Ein Dünner Faden Flüssigkeit rinnt ihm über das Kinn.
"Der Häuptling trommelt die B- und K-Männchen zum Regiment. Großer Kriegsrat."
"Hm. Verlegung?"
Der Kradmelder leckt sich die Lippen und gibt die Flasche zurück.
"In Bentheim packen die Stäbe. Bei der 9. Panzerdivision herrscht Aufbruchstimmung. Und ihre Tanks rollen nicht nach Osten!"
Der Schreiber, ein SS-Sturmmann, kehrt zurück. Mit leicht angewidertem Gesichtsausdruck übergibt er einige Dokumente. Als er sich grußlos zurückziehen will, pfeift ihn der Kradmelder zurück. Mit lässiger Bewegung lupft er sein verstaubtes Halstuch, so dass der Schreiber einen Blick auf seine Kragenspiegel werfen kann. Was er sieht, reicht aus, um Haltung anzunehmen und zackig zu salutieren.
"Recht so, Sohnemann! Jetzt darfst du dich dahin verkrümeln, wo du hergekommen bist."
Damit ist der Schreiber entlassen.
"Ich muss zu deinem Alten, Uscha. Wo residiert der gute Mann?"
"Siehst du die Hügelkette? Direkt im Süden. Entfernung zwo fünnef. Dort droben, unter den Bäumen lagern wir. Folge der Landstraße. Sie macht zuerst einen Schlenker nach Osten, führt dich dann aber direkt dorthin. Folge dem zweiten nach links abgehenden Forstweg und du kannst den Chef gar nicht verfehlen."
Ein letzter, tiefer Zug von der Zigarette. Er wirft den Stummel weg und setzt die Motorradbrille auf.
"Unterscharführer Stenna! Es war mir eine Ehre. Wir sehen uns wieder! Bis dahin: Sieg! Und Heil. Und fette Beute!"
"Hals- und Beinbruch, du Himmelhund!"
Der Kradmelder zieht sein Halstuch über Mund und Nase, lässt seinen Zweitakter aufheulen. Fröhlich knattert er vom Hof. Als er auf die unbefestigte Landstraße abbiegt, weicht er gekonnt einer entgegenkommenden LKW-Kolonne aus und entschwindet zwischen aufgewirbelten Staubschleiern.
Stenna zertritt den glimmenden Zigarettenstummel auf dem Boden. Nimmt nachdenklich seine MP35 von der Wand und schnippt einige Krümel Mauerputz vom gelochten Kühlmantel.
Seit mehr als acht Monaten wird an der Westfront ein seltsamer Krieg geführt. Diesseits der Grenze sitzen die Truppen in den Bunkern des Westwalls, auf der anderen Seite in denen der Maginot-Linie. Kampfhandlungen beschränken sich auf Stoßtrupp-Unternehmen, Artillerie-Duelle und Luftkämpfe. Einmal, so munkelt man, wurde ein französischer Soldat gefangen genommen. Er stolperte betrunken durch das Niemandsland und wurde von einer Patrouille eingesammelt. Wenige Stunden später soll sein Vorgesetzter um seine Freilassung gebeten habe, da er nicht auf die Arbeitskraft verzichten könne. Berthold kann sich vorstellen, dass diese Geschichte tatsächlich stattgefunden hat, beschreibt sie doch treffend die Lage. Die nicht auf ewig aufrecht erhalten werden kann. Eine Entscheidung muss her. Besser früher, als später!
Grübelnd trabt er über den Hof. Vorbei an dem verfallenen Brunnen und dem Funkkraftwagen unter dem Eichenbaum. Springt über den kläglichen Abfluss des versumpften Ententeiches hinter dem Haupthaus. Erklettert einen massiven hölzernen Weidezaun und bleibt rittlings auf dem oberen Längsbalken sitzen.
Die Maginot-Linie ist zu stark, um sie schnell und mit Masse zu durchbrechen. Davon ist Stenna überzeugt. Also wird es wohl auf eine Variante des Schlieffen-Planes hinauslaufen, der bereits im Großen Krieg Anwendung fand und auf der Unterführerschule bis zum Erbrechen durchgekaut wurde. Schnelle Truppen stoßen durch Belgien, vielleicht auch die Niederlande gegen die schwach befestigte französische Nordgrenze vor, umgehen den Festungsriegel, schwenken in das Hinterland ein und schließen den Sack. Auf Neutralität gibt der Unterscharführer nichts. Entscheidend ist der Erfolg!
Marschgeräusche unterbrechen Stennas Gedanken. Er blickt hinüber zur Landstraße. Schärft den Blick. Schemen in den Staubschleiern formen sich zu Reihen marschierender Infanterie. Ein, zwei, fünf, neun, 15 Reihen von jeweils drei Soldaten. Viele weitere folgen in tadelloser Formation und bester Ordnung. Die Karabiner gleichmäßig über den Schultern und die Häupter selbstbewusst erhoben. Offene Blicke. Klar. Voller Stolz. Neugier. Begeisterung!
Es ist die 2. Kompanie ihres Bataillons. Im Gleichschritt fressen diese prachtvollen Kerls Meter um Meter. Ihr Bataillonskommandeur bekäme feuchte Augen, wenn er nur für eine Weile die Sicherheit seines Gefechtsstandes verlassen würde.
Stenna hebt die Hand zum Gruße.
"Viel Feind'!", brüllt er zur Marschkolonne.
"Viel Ehr'!", schallt aus Dutzenden Kehlen die Kampflosung der 2. Kompanie zurück. Begleitet von überschwänglichem Gejohle. Ein nebenher marschierender Scharführer greift mit befehlsgewohnter Stimme ein.
"Kompanie - ein Lied! Zwo, drei, vier - Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein!"
Im Nu passt die Kompanie ihren Gleichschritt auf den Takt des Liedes an und marschiert lauthals und mit Hingabe singend durch den Staub der Straße.
Ein polnischer C2P-Artillerieschlepper mit angehängtem Maschinengewehrwagen 36 rasselt lärmend hinter dem Heerwurm her und hüllt die Straße in den gewohnten Staub.
Berthold springt vom Weidezaun. Strebt dem Wäldchen auf dem Hügel zu, dem Unterschlupf seiner Einheit. Was dem Kradmelder verwehrt war, nimmt er Anspruch: den direkten Weg über die Wildwiese.
Saftig. Grün. Mehr als kniehohes Gras. So wie damals. Als er hügelan marschierte. Mit Überzeugung im Herzen und der Waffe in der Faust. Seite an Seite mit Kameraden von Waffen-SS und Wehrmacht. In dicht geschlossenen Schützenketten.
Berthold erinnert sich an das Gras. In der Sonne glitzernden Tau. An das rasende Abwehrfeuer polnischer Infanterie aus nächster Entfernung! Als die machtvollen Stimmen der Maschinenwaffen die Stille zerfetzten. Jede Zuversicht auf Erfolg zerstörten. Und sie zu Boden zwangen. Vor Hügel 192. Anfang September 1939.
Verblutet wären sie. Elendig zugrunde gegangen, ohne ihren Leutnant Krummbein! Ein Offizier, so alt, dass er bereits 1914 an der Marne gestanden haben könnte. Von dem niemand weiß, wie er zwischen die Idealisten der neuen Generation geraten ist und es schaffte, sie zu einer Einheit zu formen. Jener Krummbein erhob sich gegen den Wahnsinn. Stieg empor! Riss durch sein Vorbild jeden, der dazu in der Lage war, mit. Sie alle taten es ihrem Kompaniechef gleich. Gingen es gemeinsam an.
Alle sahen sie ihn fallen. Und es war Zorn, der Krummbeins Position einnahm. Unbändiger, beispielloser Zorn! Sie fegten über die Hügelkuppe. Schossen, stachen, hackten auf alles ein, das sich ihnen in den Weg stellte. Sie warfen die Verteidiger aus der Stellung! Jagten sie vom Hügel und erstickten jeden Versuch, ihn zurück zu erobern.
Viele Jungens blieben auf jener Wiese zurück. Tot. Verwundet. Für ihr Leben gezeichnet. Stenna erhielt einen Geller gegen den Stahlhelm und für den harmlosen Streifschuss an der Hüfte das Verwundetenabzeichen in schwarz. Die Belobigung für außergewöhnliche Tapferkeit vor dem Feinde bildete wohl die Grundlage für die spätere Beförderung und Kommandierung auf die Unterführerschule. Die wertvollste Erfahrung war jedoch die Erkenntnis, dass Germanen und Slawen gleichermaßen aus dem Leben gerissen werden können.
Berthold taucht in das Halbdunkel eines typischen Hochmischwaldes ohne ausgeprägtes Unterholz und umgeht einige Schützenlöcher. Verhältnismäßig flache, kaum getarnte Dinger, die sie unmittelbar nach ihrer Ankunft angelegt haben. Einige Meter weiter, in einer flachen Bodenmulde, sitzen die Trupp- und Gruppengewaltigen seines Zuges beieinander. Essen. Trinken. Rauchen. Unterhalten sich über Belanglosigkeiten. Für Stenna rücken sie ein Stück zusammen. Er setzt sich neben Untersturmführer Liebermann, den Zugführer, der hingebungsvoll an einem Stöckchen schnitzt.
Scharführer Opitz beugt sich zu ihm herüber. Reicht ihm Kommissbrot und eine angebrochene Büchse Streichwurst. Während Stenna mit dem Seitengewehr den letzten Rest Leberwurst auf dem Brot verteilt, beenden die Männer nach und nach ihre Gespräche. Warten auf das, was der Unterscharführer zu sagen hat.
Der blickt ernst in die Runde. Gönnt sich einen Happen.
"Steiner lädt zum Bankett!"
Weitere Informationen sind unnötig. Sie kennen ihren Kommandeur, um zu wissen, dass sich die ruhige Zeit zum Ende neigt. Standartenführer Felix Steiner ist beliebt wie gefürchtet. Ein knallharter Hund! Der den stumpfen Kasernenhofdrill durch flexiblen Sport ersetzte. Barrieren zwischen Offizieren und Mannschaften niederriss. Tarnanzüge für die Truppe einführte. Alles tat, um seine Standarte zu einer effizienten Kampfeinheit zu formen. Lieber Schweiß vergießt, statt Blut. Dieser Mann tut nichts ohne Grund.
Umständlich klopft Unterscharführer Reff seine Pfeife aus.
"Dann werde ich mal meine Jungens aus ihren Träumen reißen. Waffenappelle bewirken Wunder! Nein, Opitz. Das muss sein! Wenn du tief im Schlamassel steckst, wirst du dir meine 37er Maschinengewehre herbeiwünschen. Dafür aber muss dieses tschechische Altmetall funktionieren. Das tut es nur, wenn es umsorgt wird."
Reff ist einer der Alten. Führte den MG-Trupp bereits im Polenfeldzug. Seine Stimme hat beim Zugführer Gewicht.
"Hört, hört! Halten wir uns an Reff, denn der Mann hat Recht!"
Liebermann spürt jene eigenartige Mischung aus Akzeptanz und Missmut, die Weisungen aufgrund unklarer Lage nach sich ziehen.
"Und nach dem Abendappell machen wir uns über die Reste unserer Polenbeute her! Jeder bekommt den gleichen Teil! Wir haben noch Schinken. Diesen würzigen, wisst ihr? Dauerwurst. Besten Hartkäse! Das wird ein Fest. Schade wäre es, wenn diese Leckerbissen den Etappenhengsten in die Hände fallen."
Gute Aussichten heben die Stimmung. Stenna kaut an seinem Leberwurstbrot und sieht zu, wie sich die Runde allmählich auflöst. Nach und nach kehren die Unterführer zu ihren Kameraden zurück. Obgleich sie nicht erahnen können, was der kommende Tag für sie bereithält, werden sie Vorbereitungen treffen. Kleiderordnung herstellen, Waffen reinigen. Ausrüstung prüfen. Ihr Gepäck für den Transport durch den Tross vorbereiten. Unter Umständen lässt sich das eine oder andere schon auf dem Henschel Dreitonner verstauen. Manch einer wird Zeilen nach Hause senden wollen. An Eltern, Familie, Verwandte oder Freunde.
Schließlich erhebt sich auch Unterscharführer Stenna und stapft gemessenen Schrittes zum Lager seines Trupps.
"18. 20. Zwo. Drei. Vier? Sieben? Dreißig? Dein Spiel!"
Die drei Skat-Brüder lassen sich von der Anwesenheit ihres Truppführers nicht beeindrucken. Stenna nimmt es ihnen nicht krumm. Sie sind die letzten seiner Kameraden, mit denen er sich durch die Grundausbildung und halb Polen kämpfte.
Sturmmann Arnulf "Atze" Tatzenbach macht das Spiel. Ein stämmiger Mittzwanziger mit schlichtem Gemüt. Als Ungelernter lebte er von Gelegenheitsarbeiten, bis er auf den Baustellen der Reichsautobahnstrecke Nummer 21 in regelmäßige Beschäftigung kam. Seine Erfüllung schließlich fand er in den Reihen der Waffen-SS. Hier herrschen Verhältnisse, die er versteht. Klare Strukturen. Eindeutige Anweisungen. Eine Schar von Kameraden, die ihn so akzeptieren, wie er ist.
Ihm gegenüber sitzt Rottenführer Hans-Joachim "Hajo" Retzlaff und sortiert sein Blatt. Wie der Landarbeiter aus ärmlichen Verhältnissen selbst einmal zugab, war er vom selbstbewussten Auftreten von SS-Männern in ihren tadellosen Uniformen fasziniert und wollte Teil jener Gemeinschaft sein. Orden möchte er sammeln, die seinen gesellschaftlichen Status kräftig anheben.
Derweil philosophiert Hans "Akü" Kohlhoff über Strategien, die seinem Kameraden das Spiel verderben könnten. Akü entstammt einer alten Beamtenfamilie. War auf dem Gymnasium und kennt mehr Abkürzungen als irgend jemand sonst. Seine Eltern hätten ihn wohl gern als Beamten gesehen, doch er kämpft mit der Waffe für die gerechte Zeit. Um dem Reich zu jenem Platz unter den Völkern der Welt zu verhelfen, den es verdient.
Etwas abseits sitzt der Ersatz bei der Putz- und Flickstunde. Vier junge Bengel. Grün hinter den Ohren. Unerfahren. Wertloses Kanonenfutter ohne Namen. Sie müssen noch zeigen, was in ihnen steckt. Beweisen, dass sie für den Trupp eine Bereicherung denn eine Belastung darstellen. So fiebern sie dem kommenden Waffengang entgegen.
Berthold setzt sich vor sein Zelt, das er sich mit Akü teilt und beobachtet seine Jungens. Die Neuen wie die Alten. Sollen sie noch eine Zeitlang ihre Unbeschwertheit genießen!
Er kramt sein Schreibzeug aus dem Tornister; eine Ledermappe mit einigen Bleistiften und dem Federhalter. Das Tintenfässchen. Einen mit Bindfaden zusammengehaltenen kleinen Stapel Briefumschläge der Deutschen Feldpost. Diese hatte er vor einiger Zeit beschriftet. Mit großer Sorgfalt die Adresse seiner Mutter sowie die Feldpostnummer seiner Kompanie vermerkt.
Stenna ist kein guter Leser. Schreiben gehört nicht zu seiner Stärke. Wann immer es ihm möglich ist, geht er Beidem aus dem Weg. Heute jedoch ist alles anders. Eine große Sache bahnt sich an. Die die Welt verändern wird. Und seine Zukunft.
Mit Bedacht schraubt er das Tintenfass auf. Entnimmt einem der Briefumschläge zwei unbeschriebene Blätter Briefpapier. Faltet sie auseinander und streicht sie glatt. Greift zum Federhalter. Hält einige Augenblicke inne, bevor er ihn ins Fässchen tunkt und konzentriert zu schreiben beginnt.
"Westfront, 9. Mai 1940"