Dieser Sommer übertrifft sich selbst. Das muss ich sagen. Nicht das kleinste Wölkchen verdirbt den prallen Sonnenschein. Mit Bestimmtheit sind es 30 Grad. Vielleicht sogar mehr! So weit ich von der Thalkirchener Brücke aus blicken kann, räkelt sich die Münchner Schickeria am sonnenheißen Isar-Ufer. Allerorts qualmen kleine wie große Holzkohle-Grills. Gerüche gebratener Köstlichkeiten bringen beinahe so manchen besten Freund des Menschen um den Verstand. In den kühlen Wassern des Gebirgsflüsschens stapeln sich die Getränke. Der Alkohol fließt in Strömen. Oh ja, die Leute sind bereit, diesen wunderschönen Samstag Nachmittag auf ihre Weise zu verbringen. Koste es, was es wolle!
Keine 30 Schritte von mir entfernt über der kleinen Freifläche vor dem Haupteingang zum Tierpark Hellabrunn flimmert die Luft. Solch Phänomene sind mir nicht unbekannt, bin jedoch einigermaßen über die Ausprägung erstaunt. Nicht ohne Faszination beobachte ich den Auswuchs zu einer schmutziggrauen Wolke. Inmitten nebelhafter Fetzen scheint sich etwas zu bewegen. Eigenartige Geräusche sind zu vernehmen. Einem Brüllen gleich, weit entfernt!
Was geschieht hier?
Der rationale Teil meines Denkens verabschiedet sich, als grüngraue Ungeheuer materialisieren. Riesige Biester! So breit wie hoch. Muskelbepackt und mit gefährlichen Hauern im Gesicht. Ein jeder schwingt Furcht einflößende Waffen. Streitkolben, Äxte und Kriegshämmer, bei deren Anblick selbst Thor sich einnässen würde. Hörner höre ich. In schnellem Takt geschlagene Trommeln. Martialisches Urgeschrei fegt das sinnentleerte Geschnatter spätrömischer Dekadenz hinweg. Zu Dutzenden, ja Hunderten quellen sie hervor und stürmen nach allen Seiten.
Von Grauen erfüllt verliere ich den Kontakt zu meinem Erdbeereis. Im hintersten Winkel meines Oberstübchens schreit der Urinstinkt:
"Flieht, ihr Narren!
FLIEHT!"