Er fürchtete, das fragile Gestell könnte seinen zitternden Fingern entgleiten. Er sorgte sich nicht ob des materiellen Wertes - dieser war angesichts seines in Erwartung rastlos klagenden Herzens, ein jedes Pochen derart belebend drängend, zu verhöhnen. Geld verkannte die Kostbarkeit des von seinem Auge kaum fassbaren Gegenstandes; zu sehr oblag er dem Wahn seines aufgerührten Innern, nichtsdestoweniger allzu gering war seine tatsächliche Kenntnis des Rahmens, der Gläser. Ihm schien, der glatte Kunststoff sei schwarz.
Des wiederholten, zerrenden Ziehens seiner Glieder geplagt, verstießen seine Lungen die peinigende Luft, bäumten sich die kalten Membranen doch zu sehr unter ihrer Last auf, strichen das Herz, welches von der Regung flatternd schreckte. Er schlug die Lider nieder, um der Bürde der aufblühenden Ahnung hinter den gefärbten Gläsern zu entschwinden.
Wie wohlig die Absenz jeglichen als Wirklichkeit Erkenntlichen seinen Geist empfing, welch beschwichtigendes Schmunzeln die schwarze Schlichtheit barg - er kannte ihre Gestalt. Er wollte, er hätte den stummen Schoß des Gewohnten nicht zu verlassen, wollte, ein jeder Gegenstand, eine jede Existenz würde in jenen einheitlichen Nebel gehüllt werden, welcher seinen Blick der Unzulänglichkeit schindete. Er dachte ungerecht, gewiss. Die Ungewissheit sollte nicht die Sprache seines Verstandes sein.
In der Finsternis verschlossener Augen hob er, beide Hände an der Verschränkung zwischen Gläsern und Bügeln achtsam führend, die Brille zu seinen Schläfen, besann sich schaudernd des stillen Streichens, als sich das Gestell schmiegsam hinter seinen Ohren einfand. Er hielt ein, zwang sich eines bebenden Atemzugs, ehe er, in schwach schillernde Schlucht stürzend, aufsehend die Augen aufschlug.
Schreiend, als öffneten die den Spiegel säumenden Regale, die Vorhänge, all jene Gefäße der Pasten und Cremes jäh ihre zuvor versiegelten Lippen, brach seine Umgebung über ihn ein, erfüllte ihn, schloss sich um seinen Rumpf. Zurückliegende, bevorstehende, gegenwärtige Sekunden ertranken in den Wogen, welche ihn ewiglich der Unwahrheit schalten würden, welche bereits sein Blut durchfuhren; ohne sie würde er nicht länger bedenkenlos zu schreiten vermögen. Sich entgegen der farbigen Flut stützend, fasste er den Rand des Waschbeckens. Wundernd betrachtete er die fremden Töne; fremd, da sie seines Leibes Tor nie zu durchschreiten gewusst hatten.
Die Farben, welche sich zuvor in ihrer Ausprägung seinem Auge entzogen hatten, florierten in konfusem Einklang, eine jede trachtete nach seiner Erfassung - oh, wüsste er sie doch recht zu bezeichnen, würde er doch nicht fortwährend in der Blindheit Hemmung irren! -, eine jede schien in alleiniger Anmut um sein schwindelndes Haupt zu tanzen, nicht länger in ergraute Einheitlichkeit niedergehend, während er benommenen Blickes das in warmen Wellen über seine Stirn hinabfallende Rot besah.
Er war sich der Farbe seines Haares bewusst gewesen, er hatte es von seiner Mutter gelernt. Jedoch hatten sie die eindrückliche Erquickung eines Anblickes nur verschwiegen.