Wundernd betrachtete sie das grazile, dennoch kraftvolle Gewächs, seine sich in einem Kranz über die schmalen Blätter windenden Blüten - in Stolz seufzend, ehe sie sich dem Grund erneut entgegenbogen. Jene von der Mündung in das Erdreich entfernten Antlitze waren von geringerer Größe, als zerrönne der sie stärkende Strom bald nach seinem Aufstieg, sodass sich dem Blick zwingend die unleugbare Gleichwertigkeit einer jeden der berauschenden Blüten offenbarte. Der Orchidee war wohl gewiss, dass die samtenen Köpfe ungeachtet ihrer Weite die Anmut nicht zu verlieren vermochten.
Die Pflanze war nicht dem ihren, der Betrachterin, Besitz bestimmt gewesen. Folglich war auch die Färbung der Blüten begründet erwählt worden und somit - in dem Augenblick des Kaufes heimlich eingeflößt - von besonderer Bedeutsamkeit; doch war die Übergabe ihrer als Geschenk misslungen, sodass sie das Heim der Käuferin nun als Obhut zu wähnen hatte.
Ihr gefiel das Blau, war es doch ihre liebste Farbe. Auf den einander gleichenden Kronen schimmerte der Ton als trunkenes, tänzerisches Tosen, in dessen Ideen die Zunge zerrüttet um Silbenfragmente irrte. Keinerlei außenweltliches Abbild wusste als Vergleich zu genügen; nicht Edelstein, nicht die abendliche Himmelskuppel als Vermengung jener morgendlichen und nächtlichen, nicht eines Träumenden aufsehende Augen. Gar menschengleich wanden sich feine Venen aus der Mitte heraus, flossen fulminant funkelnd zum runden Rande hin, als erfüllte ebenjene selbst die dem Meer, dem Himmel ebenbürtige Endlosigkeit, als durchzöge ein Blatt bloß eine erschütternde Bö, welche wispernd in dem Sengen der Sonne an dem Kleid der Bäume zerrte. In der Mulde gewöhnlich grüner Blätter sank der blaue Funke in die Erde hinab, nieder zu den Wurzeln, um ebenjenen von dem Gleißen des Tages, der schmunzelnd gespickten Nacht, den wispernden Insekten, vielfältig jauchzenden Vögeln, staunenden Mädchen zu singen.
Ihre Mutter hatte gesagt, sobald die Blüten, vor dem Winter scheuend - flohen sie vor des fallenden Frostes vollkommener Form? -, sterben würden, erwüchsen sie in dem nächsten Jahr gänzlich erbleicht, da die Färbung lediglich für des Menschen Achtung geschaffen war und, nachdem dieser der betörenden Blume verfallen war, entschwinden würde.
Besah sie ein schauderhaftes Schauspiel nur, nicht der Natur Kunst, ihre meisterhafte Gestaltung?
Nach der Worte Unwahrheit sehnend, trug sie den die Blume umschließenden Topf an ein Fenster, sodass sich die Sonnenstrahlen ihrer zu ergötzen vermochten. Sie gab ihr Wasser, welches an der Erde glänzend haftete, unterließ das Umsorgen auch nicht, als in dunklen Tagen einzig die grünen Blätter von der Beschaffenheit der Pflanze zeugten.
In dem folgenden Frühling wuchsen an dem gebogenen Leib weiße Knospen.