Autos gibt es in dieser fremden Welt übrigens trotzdem noch. Und nur wenige davon fahren bereits elektronisch.
Diese Offenbarung hat mich ziemlich überrascht. Doch mein Freund wollte mit mir einen größeren Ausflug zu den Windparks unternehmen und diese Strecke ließ sich mit den Zügen nicht gut bewältigen.
"Das Schienennetz wurde teilweise renaturiert. Als die große Wende kam, haben wir auch einige Verbindungen opfern müssen. Deshalb gibt es die Autobahnen noch."
Wie sich herausstellt, hat eine Stadt einen Vorrat von meist einem Auto alle hundert Einwohner. Benziner aus der alten Welt und Elektroautos, und einige andere Modelle, die mir nicht viel sagen. Wasserstoffwagen?
"Man muss den Wagen buchen und es ist gar nicht so billig, da man ja die Steuer für die Umweltbelastung zahlen muss", erklärte mein Freund mir. "Darum verbinden wir den Ausflug mit ein paar Besorgungen für Nachbarn, die geben uns dann etwas Geld dazu."
Das wurde alles online verabredet und bedeutete, dass wir uns am Ende nur noch ein Drittel der Kosten teilen mussten. Ähnlich wie bei den Bussen glich die hohe Zahl an Nutzern die Preise aus.
Aus der Innenstadt waren die Autos verbannt. Wir reisten also zu Fuß zum Stadtrand, zu einem Parkhaus mit begrüntem Dach, und holten unseren Wagen ab.
Sobald die Vororte hinter uns lagen, veränderte sich das Bild dieser Welt. Wir fuhren auf der Autobahn, wo maximal 80 km/h erlaubt waren. Ein erstaunlich gemütliches Tempo, in dem wir in einer langen, weit auseinandergezogenen Kette an Fahrzeugen auf der einzigen verbliebenen Fahrbahn durch Deutschland zuckelten.
Die restlichen beiden Streifen der Autobahn waren für andere Nutzer reserviert. Da gab es nämlich einige. Fahrräder, Spaziergänger, Reiter, sogar Kutschen. Entlang der Straße erhoben sich immer wieder kleine Hütten, wo offensichtlich Bauern lebten und die Erträge von den Feldern und Ställen hinter ihnen verkauften. Alle eintausend Meter erhob sich ein Trinkwasserbrunnen. Während wir in die Nacht hineinzogen, sah ich immer wieder Zeltplätze entlang der Straße, meist auf den ehemaligen Erdwällen vom Bau. Kleine Kinder spielten an den Leitplanken der äußeren Fahrbahn - Autos nutzten die innerste Spur.
Es war ein merkwürdiger Anblick, doch mir schien es, als hätte diese Welt eine andere Einstellung zur Reise. Am selben Tag sein Ziel zu erreichen, war ein höchst modernes Konzept aus Zeiten von Flugzeugen und Automobilen - hier dagegen war jede größere Strecke gleich ein Zelturlaub in sich.