Sie sitzen in einer Runde zusammen, auf harten Stühlen. Manch ein Blick gleitet zur Uhr, doch diese letzte Frage muss jeder von ihnen noch beantworten, bevor sie gehen können.
"Was möchtet ihr einmal werden, wenn ihr groß seid?"
Dem einen oder anderen fällt die Antwort nicht sehr leicht. Sie sind noch jung, sie alle, und die Zukunft ungewiss. Sie verstehen diese Welt der Erwachsenen noch nicht genau.
"Ich will was mit Menschen machen."
"Ich möchte Astronaut werden."
"Ich will total reich sein und ganz viele Tiere haben."
Ein paar sind älter, sie kennen bereits die Schwierigkeiten, die sie erwarten.
"Ich würde Jura studieren. Oder reich heiraten." Nervöses Lachen.
"Ich zeichne ganz gerne und wohl auch ziemlich gut, aber man braucht auch etwas, von dem man leben kann ..."
"Ich hole mir ein altes Auto, repariere das und mache erst einmal eine Tour durch Europa."
Nicht jeder hat schon seinen Weg gefunden. Andere Wege werden sich vielleicht noch ändern, denn es sind noch einige Jahre zu gehen. Manche Pläne sind farbenfroh, andere detailliert, und wieder andere kaum mehr als grauer Nebel. Doch nach und nach trägt jeder vor, wo er sich in der Zukunft sieht.
"Ich werde Medizin studieren, mit Schwerpunkt Neurologie. Ich möchte helfen."
"Ich will Tierretterin werden!"
"Vielleicht mache ich irgendeine Ausbildung ..."
Und dann ist die Reihe an der letzten angekommen. Nervös sieht sie nach unten, weicht den Blicken aus. "Ich will es nicht sagen."
"Du brauchst dich nicht zu schämen. Wir haben es doch alle gesagt."
"Ich schäme mich auch nicht. Ich kann ja nichts für meine Pläne. Ich will euch nur nicht wehtun."
"Uns wehtun?"
"Nun, meine Pläne sind ... Ich weiß, was geschehen wird." Sie atmet tief durch. "Es ist so, dass ich nach und nach meine Coolness verlieren werde. Ich bin sowieso nah am Wasser gebaut, aber mit den Jahren wird es noch näher kommen, bis es mich schließlich ertränkt. Gleichzeitig habe ich dieses Fieber, das nach und nach all meine Kräfte verbrennt. Ich denke, der Burnout kommt mit jedem verstreichenden Tag um ein Fußballfeld näher. Ich würde gerne Pläne schmieden, aber meine Optionen sterben aus. Im Jahr 2030 werde ich das arktische Eis verloren haben, und den Regenwald. 2050 sehe ich mich fisch- und korallenlos. 2080 werden die bestäubenden Insekten fort sein, und im Jahr 2100 sind alle Pläne nichtig."
Stille senkt sich über den Raum.
"Es tut mir leid um eure Pläne, meine Kinder", sagt die Erde leise, "aber ihr lasst mir keine Zukunft, und darum werdet ihr keine Zukunft haben."