Wetter ist kompliziert. So kann das Problem wohl zusammengefasst werden.
Nicht grundlos sind viele der leistungsstärksten Rechner weltweit für Wettervorhersage und Klimaforschung zuständig. So hat der Deutsche Wetterdienst beispielsweise kürzlich für viele Millionen Euro einen Höchstleistungsrechner erstanden, der leistungstechnisch weltweit immerhin auf Platz 119 landet, während das deutsche Klimarechenzentrum auf Platz 68 in den Top 100 mitspielt (Stand November 2021).
Schuld an dem hohen Rechenaufwand sind die vielen Daten, die verarbeitet werden müssen, um korrekte (oder mittelmäßig korrekte) Vorhersagen zu treffen. Und diese sind wiederum nötig, weil zwischen den Wetterbedingungen an verschiedensten Orten Zusammenhänge bestehen.
Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Druck und viele weitere Faktoren beeinflussen sich also nicht nur gegenseitig, was die Vorhersage von Ereignissen ohnehin schon aufwendig macht, sondern können auch das Wetter anderer, möglicherweise weitentfernter, Regionen verändern.
Für die Wettervorhersage für ein kleines Dorf braucht es deswegen Wetterdaten aus dem ganzen Land oder besser noch der ganzen Welt.
Und genau weil das Wetter von so vielen Einflüssen aus aller Welt abhängig ist, ist es manchmal schwierig, das Konzept der globalen Erwärmung mit den Ereignissen in Einklang zu bringen, die man lokal erlebt.
Manche Wetter-Phänomene sind einleuchtend.
Dass Wolken beispielsweise von Luftströmungen bewegt werden und dazu tendieren, bei kälterer Temperatur, gerne in Bergen, abzuregnen, ist mit ein bisschen Schulwissen durchaus noch nachvollziehbar.
Aber manchmal sind die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Wetterbedingungen komplexer und führen zu Phänomenen, die nicht nur schwerer zu verstehen sind, sondern auch der Theorie von der globalen Erwärmung zu widersprechen scheinen.
Wenn davon die Rede ist, dass sich die Erdkugel durch den menschengemachten Klimawandel immer weiter erwärmt, sind die ersten Assoziationen häufig Dürre, schmelzende Polarkappen, Wüstenbildung, Waldbrände. Und all das passiert in verschiedenen Ecken der Welt.
Aber es passieren auch andere Wetterereignisse.
Die Starkregenfälle, die wir in Deutschland in letzter Zeit vermehrt erleben, zum Beispiel.
Diese kommen einem jedoch als Produkt des Klimawandels nicht so schnell in den Sinn.
Dabei können sie durch Meteorologen genauso leicht damit in Zusammenhang gebracht werden wie die anderen Phänomene.
Heiße Luft fasst mehr Wasser und hohe Temperaturen sorgen für mehr Verdunstung, beides gute Voraussetzungen für regengeladene Wolken, die weiterziehen und anderorts für Starkregen sorgen können. Irgendwo muss das Wasser, das einigen Regionen fehlt, ja auch hin.
Trotzdem kann so ein Regenfall der eigenen Vorstellung davon, was Klimaerwärmung bedeutet, widersprechen, gerade wenn es dadurch zu einem kühlen Sommertag kommt.
Auch Überschwemmungen, die nicht von Starkregen, sondern von erhöhten Meeresspiegeln verursacht werden, können durch ein Zusammenspiel von Wetterbedingungen anderswo erklärt werden.
Die Vorstellung, dass geschmolzenes Eis der Pole die Wassermenge vermehrt, passt aber irgendwie wieder besser in das verbreitete Bild vom Klimawandel. Es ist warm, Eis schmilzt, ist ja klar.
Dabei ist zumindest die Arktis völlig unschuldig am Ansteigen des Meeresspiegels, wenn man mal von Grönland und den paar übrigen eisbedeckten Inseln da oben absieht.
Da der Rest nämlich nur aus Eis besteht, welches auf Wasser schwimmt und dabei genau das Volumen verdrängt, zu dem es zusammenschmelzen würde, könnte das ganze Ding zerfließen und die Niederlande gingen trotzdem nicht unter.
(Das Klima würde sich dadurch allerdings wohl noch weiter erwärmen, weil Eis besser reflektiert als Wasser oder unbedeckter Boden, siehe Eis-Albedo-Rückkopplung)
Die Antarktis ist eine eisbedeckte Landmasse, weshalb sie anders als die Arktis wenigstens das Zeug dazu hat, unsere Erwartungen bezüglich Meeresspiegel zu erfüllen.
Aber auch sie möchte unseren Vorstellungen nicht so recht entsprechen.
Laut der Arte Dokumentation „Reise der Pinguine“ könnten die dort ansässigen Kaiserpinguine aufgrund des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten aussterben. So weit, so deprimierend.
Aber die niedlichen fluglosen Vögel sind nicht etwa gefährdet, weil es ihnen zu heiß wird oder ihr Lebensraum davonschmilzt. Zumindest ist das laut dem Film nicht das Hauptproblem.
Nein, so paradox es klingt, in einigen Jahren sind viele Pinguine gestorben, weil durch die globale Erwärmung zu viel Eis da war.
Genauer gesagt, weil zu viel Eis zwischen ihren Brutstätten im Inland der Antarktis und dem Meer, aus dem sie ihre Nahrung beziehen, lag.
Grund für diese Situation waren wieder die komplexen Zusammenhänge zwischen Wetterbedingungen. Für die Vergrößerung des Eises haben neben veränderten Luft- und Meeresströmungen die klimaerwärmungsbedingt zeitweise hohen Temperaturen in diesen Jahren gesorgt.
Durch sie ist kurzfristig mehr Inland-Eis geschmolzen als sonst, was den Salzgehalt des umliegenden Meeres verringert hat. Dies wiederum führte zu einem erhöhten Gefrierpunkt des Wassers, welches dann bei kälteren Temperaturen vermehrt zugefroren ist
(Salz senkt Gefrierpunkte. So hat gesättigte Kochsalzlösung einen Gefrierpunkt von -21°C, während Süßwasser bekanntermaßen bei 0°C friert).
Folge war eine lange Reise für die erwachsenen Pinguine und schlechte Versorgung für ihre Küken.
Leider kann man den Vögeln schlecht erklären, dass sie näher am Wasser brüten sollten. Für sie bleibt also nur zu hoffen, dass ihnen das Eis in den nächsten Jahren gnädiger ist.
Wir Menschen aber können aus ihrem Problem etwas lernen.
Denn wir sind nicht so viel anpassungsfähiger als Pinguine.
Auch wir brauchen wohltemperierte Orte zum Leben und verfügbare Nahrung.
Natürlich könnte man argumentieren, dass wir, anders als die Pinguine, moderne Technik haben, die uns vor den Folgen des Klimawandels schützen kann.
Wenn das Wasser steigt, bauen wir halt Dämme.
Wenn es uns zu warm wird, setzen wir uns halt vor die Klimaanlage.
Wenn Extremwetter die Ernte versaut, züchten wir halt Genpflanzen, die unempfindlicher sind.
Und wenn wir alle Folgen rechtzeitig absehen könnten, würde diese Bekämpfung von Symptomen sogar auf Dauer funktionieren.
Nur ist das leider nicht der Fall.
Selbst die modernsten Supercomputer können keine Wettervorhersagen für mehr als ein paar Tage treffen.
Es gibt einfach zu viele Faktoren, die eine Rolle spielen könnten.
Geschehene Wetterereignisse zu erklären ist eine Sache.
Aber aus den Millionen von Möglichkeiten, wie sich eine globale Erhöhung der Durchschnittstemperatur auf unser Leben auswirken könnte, diejenigen herauszupicken, die eintreffen werden, ist eine ganz andere.
Wetter ist nun mal kompliziert.