LARS
Brav folge ich Jennifer. Ich sollte sie nicht zu sehr einschüchtern, obwohl ich darauf schon große Lust hätte.
Manche verstehen das falsch. Auch wenn ich dominant bin heißt es nicht, dass ich Frauen nicht achte. Ganz im Gegenteil. Gerade bei meiner speziellen Vorliebe ist es wichtig, sensibel auf den Partner einzugehen, auch wenn das für Außenstehende jetzt vielleicht nicht so ganz nachvollziehbar ist.
Ich werde mich daher im Bett nachher zurückhalten und wir werden nur das machen, zu was sie bereit ist. Natürlich werde ich ein wenig vorfühlen und austesten, ob sie möglicherweise nicht doch ein wenig auf dominantes Verhalten steht. Aber allzu viel wird in dieser Richtung wohl nicht gehen, das fühle ich instinktiv.
Jennifer geht mit leicht unsicheren Schritten zu ihrer kleinen Garderobe.
„Lass mich dir helfen“ biete ich ihr höflich an. Es ist offensichtlich, dass sie ihren Mantel ablegen möchte.
„Lars...“ beginnt sie, leistet aber keinen Widerstand. Meine Hilfsbereitschaft, nachdem ich sie gerade noch heftig geküsst hatte, verwirrt sie offensichtlich ein wenig.
Hey Kleine, ich kann mich auch benehmen, und schließlich ist das auch deine Wohnung, ok?
Gemeinsam entledigen wir sie ihres Mantels und ich hänge ihn an den Haken.
Eigentlich könnte ich jetzt das gleiche für mein Jackett tun, aber ich lasse es erst mal an.
Das habe ich früher auch gerne gemacht, meinen Anzug anbehalten, während ich die Mädels gefesselt habe, an ein Bett, an einen Stuhl oder an ein Andreaskreuz.
Ich schüttle den Gedanken ab. Ich sollte mich hier besser auf Jennifer konzentrieren, statt in der Vergangenheit zu schwelgen.
Die junge Dame wirft mich jetzt eh aus meinen Gedanken. „Darf ich dir etwas zum Trinken anbieten?“ Ihre Stimme ist unsicher und sie bringt die Frage nur mit einem leichten Stocken hervor. Ich rechne es ihr aber hoch an, dass sie mir trotz ihrer leichten Verunsicherung diese Frage stellt.
Ich sollte sie erst mal ermutigen.
„Gerne, Jennifer. Aber ein Wasser, Apfelsaftschorle oder sonst etwas Nichtalkoholisches reichen. Was du eben da hast“.
Ihr Blick ist köstlich und ich verkneife mir nur mühsam ein Grinsen.
Ihre Absätze klappern auf dem Fußboden, als sie in die Küche eilt. Dicht gefolgt von mir.
Mit unruhiger Hand öffnet sie die Tür eines Hängeschranks und holt zwei Trinkgläser hervor. Danach wendet sie sich dem Kühlschrank zu und greift nach einer Tetrapack- Schachtel und einer Sprudelflasche.
„Und du willst wirklich nur das, nichts anderes?“ höre ich ihre piepsige Stimme.
„Jen“ seufzte ich, welches nur teilweise aufgesetzt ist. „Natürlich. Oder bin ich so schrecklich, dass du dich vorher noch betrinken musst?“
„Ganz gewiss nicht“ flüstert sie als Antwort. Eine verlegene Röte erscheint auf ihrem Gesicht.
Die ist einfach süß. Natürlich viel zu jung und ich will nichts Festes, auch daher wird es keine weitere Nacht geben. Aber trotzdem bin ich irgendwie gerührt.
Aus einem Impuls heraus drücke ich meinen Körper dicht an den ihren, so dass wir hintereinanderstehen. Ich umarme sie und schenke ihr einen kurzen Kuss auf ihr Haar. „Alles gut. Und nun komm und schenk uns ein“.
Ich warte kurz, dann löse ich mich wieder von ihr.
Sie nickt statt einer direkten Antwort. Ich merke ihr noch eine leichte Nervosität an, als sie Apfelsaft und Wasser im Glas zusammenmixt. Aber das darf ja auch bleiben, schließlich bin ich ein fremder Mann und dann noch in ihrer Wohnung.
Sie ist mittlerweile mit beiden Getränken fertig und dreht sich zu mir um. Rasch greife ich nach dem Glas, das sie mir entgegenstreckt. Nicht, dass es noch Scherben gibt.
Die sie aufkehren müsste, nicht ich. Da halte ich mich streng an das Verursacherprinzip. Aber schön wäre dies für keinen von uns, wenn sie den Boden aufwischen müsste, statt mit mir… wobei, wenn ich mir vorstelle, dass sie hier vor mir kniet, nackig, nur mit einem Wischlappen in der Hand und mit kreisenden Bewegungen den Boden wischt... wie ihre Brüste da schön wippen würden, so vorgebeugt, das wären in der Tat „schöne Aussichten“.
Natürlich würde ich das nie verlangen angesichts der Situation. Auch wenn sie devot wäre und einer solchen Aufforderung nachkommen würde. Angesichts der Scherben wäre das dann wirklich verantwortungslos.
Ich muss lächeln. Die Vorstellung, das Bild gefällt mir einfach und macht mich an.
„Ähm... Lars?“ fragt sie und schaut mich mit großen Augen an.
Autsch!!! Erwischt!
Da hatte ich wohl gerade ein zu breites Grinsen im Gesicht.
Rasch lenke ich ab, indem ich ihr zuproste und mich bemühe, ernster dreinzublicken. „Auf dein Wohl, Jen“. Ja, sogar diese bescheuerte Abkürzung kommt über meine Lippen. Ich finde sie nach wie vor blöd, aber scheine mich doch so langsam an sie zu gewöhnen.
„Auf schöne kommende Stunden“ erwidert sie.
Wird die Kleine auf ein Mal mutig?
„Darauf kannst du wetten“ kontere ich. Ich weiß auch ohne ihre Reaktion, dass man mir meine Gier ansieht, wenn ich mich auch bemühe, sie nicht zu sehr zu zeigen. Das gerade war schon genug.
Fast synchron nehmen wir beide einen Schluck und müssen daraufhin lachen.
Das leichte Knistern, das gerade noch in der Luft war, verschwindet.
„Du willst mir doch sicher noch deine Briefmarkensammlung zeigen, oder?“ scherze ich.
„Briefmarkensammlung – hm“. Ich bin sicher, sie kennt diesen Spruch und weiß, was ich meine. Aber um etwas damit anfangen zu können und es lustig zu finden, muss man vermutlich in meinem Alter sein. Wer hat von den Jüngeren auch schon noch ein solches Album?
Ich leere mein Glas in einem Zug und stelle es auf die Spüle.
Ich möchte sie ein wenig reizen, bevor sie mich in ihr Schlafzimmer führt. Wir wissen beide, dass es darauf hinauslaufen wird.
Naja, vielleicht nicht ganz. Ich könnte mir auch vorstellen, sie hier in der Küche zu nehmen, auf dem Fußboden – er ist sehr sauber – oder klassisch auf dem Küchentisch.
Aber mein Gefühl sagt mir, dass es ihr nicht gefallen würde. Dazu muss man schon devot veranlagt sein oder sehr vertraut. Beides trifft bei uns nicht zu.
Daher bleibt uns nur der andere Klassiker, ihr Bett.
Aber das heißt ja nicht, dass ich sie nicht jetzt schon ein wenig mehr auf Touren bringen kann. Hier, in der Küche.
Mir kommt die Idee, meinen Einfall von gerade als Aufhänger zu benutzen.
„Jennifer“ spreche ich sie daher übertrieben sanft an. Und erst mal eine Pause. Ich warte ihre Reaktion ab.
„Ja, was meinst du?“ unterbricht sie schließlich die Stille.
„Jennifer“ wiederhole ich und bleibe bei der gleichen netten Tonlage. „Du hast gar keine Briefmarkensammlung, habe ich recht?“
„Wie?“
Ich nutze ihre Ratlosigkeit und greife nach ihrem Getränk, um es ebenso auf die Seite zu stellen.
„Weshalb trifft man sich spät abends in der Wohnung?“ provoziere ich. „Doch gerade deshalb. Um sich zusammen ein Album anschauen. Oder weißt du einen anderen Grund?“. Ich streichle mit meinem Zeigefinger zuerst ihre linke, dann ihre rechte Backe, bevor ich unbeirrt fortfahre: „Wusstest du, dass mich Briefmarken faszinieren?“
Wären sie eine Sub, würde ich fortfahren und ihr sagen, dass sie eine Strafe verdient hat. Nachdem ich meine „Enttäuschung“ zum Ausdruck gebracht hätte. Hauptsache irgendeinen Vorwand, um mit dem Rollenspiel anzufangen.
Aber Jennifer ist nun eben nicht meine Sub und würde auch dieses Spiel nicht verstehen. Ebenso wenig, dass gewisse Dinge inszeniert oder gespielt werden, um eine Szenerie zu erschaffen, die beide Partnern gefällt.
„Nein?“ Ihr Gesicht ist ein einziges Fragezeichen, als sie mir so knapp antwortet.
„Es ist schade, dass Briefmarken immer seltener verwendet werden“ säusle ich und fahre sanft über ihre Lippen. „Insbesondere die Gummierung, das war damals ein guter Einfall, findest du nicht?“ Ich schaue sie herausfordernd an.
Unwillig schiebt sie meinen Finger aus ihrem Gesicht. „Gummierung! Also Lars!“
„Gummi, das ist schon wichtig“ fahre ich mit meinen sexuellen Anspielungen fort. Und wir müssen nachher nicht mehr das leidliche Thema Kondome ansprechen. „Und genug Feuchtigkeit auch“.
Sie schaut mich erstaunt an und räuspert sich, als hätte sie sich verschluckt. Eine Mischung zwischen Husten und Lachen. Sie beruhigt sich jedoch sehr schnell wieder.
Meine Hand streichelt sanft ihr Haar, ehe ich sie erneut an mich drücke. Diesmal fest und ich wette, sie kann meine Härte trotz unserer Kleidung spüren.
Sie meidet meinen Blick, bekommt aber nun ordentlich Farbe im Gesicht. Und wehrt sich nicht gegen meine Umarmung.
„Feuchtigkeit, soso“ kichert sie verlegen.
Einen Moment verharren wir beide und genießen den Körperkontakt und die Wärme; die wir uns gegenseitig geben. Wieder bin ich es, der als erstes die Umarmung löst.
Ich zwinkere ihr verschwörerisch zu, ehe ich mich abwende und langsam um sie herum gehe, bis ich wieder dicht hinter ihr bin. Ich mag es, solche Inszenierungen und kann es einfach nicht lassen.
Jennifer hält ganz ruhig, als ich meine Lippen ihren Hals von hinten berühren, oberhalb ihrer Halskette. Mein Kuss ist sehr sanft.
„Ab liebsten lecke ich“ flüstere ich heiser. Ich strecke meine Zunge heraus und beginne, kleine Kreise auf ihre Haut zu malen.
„Lars“ seufzt sie. Sie ist immer noch rot.
Und auch feucht, darauf wette ich. Ganz deutlich habe ich die Sehnsucht in ihrem Wort gehört.
Ich antworte nicht darauf, sondern lasse einen Moment verstreichen. Wie gesagt, ich inszeniere gerne.
Schließlich ergreife ich wieder das Wort: „Was ist daran schlimm? Ich finde das nun mal am praktischen, wenn ich die Briefmarken befeuchten möchte“ necke ich sie.
Sie dreht sich zu mir um. Ihre Augen fixieren mich und glänzen. „Ich glaube, ich habe dir das schon mal gesagt, dass du unmöglich bist, oder?“
„Vermutlich, ja“. Ich grinse sie frech an. „Du sagst mir damit allerdings nichts Neues“. Ich beuge mich zu ihr vor und platziere einen kurzen und festen Kuss auf ihre Lippen. „Was hälst du denn davon?“
„Was meinst du?“
„Von dem Thema Gummierung und Feuchtigkeit“.
„Bei den Briefmarken!“ Nun ist es sie, die grinst. Allerdings bemerke ich, dass sie längst nicht mehr so cool ist, wie sie sich mir zeigen möchte. Ihr Kopf und nun auch ihr Hals ist gerötet, sie atmet schneller und ich sehe, wie sich die Nippel ihrer Brüste auf dem roten Kleid abzeichnen.
Ein Anblick, der mir sehr gut gefällt. Ich bin mal gespannt, welche Farbe sie haben, wenn ich sie nachher zu Gesicht bekomme.
„Ich finde diese Themen auch sehr wichtig“ raunt sie und ergreift nun ihrerseits die Initiative. Mit beiden Händen greift sie in mein Haar und fährt hin- und her. Ich bin sicher, dass sie jetzt in alle Richtungen abstehen.
Das werden sie nachher eh, daher spielt es keine Rolle.
Offenbar steht sie auf diesen „Ich-bin-gerade-aufgestanden“- Style.
Ich mag mein Haar, auch wenn ich lieber ganz kurze hätte, so wie früher. Das stand mir nämlich auch sehr gut und gab mir eine dominante Ausstrahlung.
Ich lasse sie kurz gewähren, ehe ich mit jeder Hand einen ihrer Arme packe und sie hinter ihren Rücken strecke. Sie möchte noch etwas sagen, kommt aber nicht mehr dazu, da ich ihren Mund erneut mit dem meinen verschließe.
Willig öffnet sie ihre Lippen. Heftig dringe ich mit meiner Zunge ein und lasse sie all meinen Hunger spüren. Sie protestiert nicht, sondern wimmert nur kurz, ehe sie meinen Kuss heftig erwidert und dabei leise stöhnt.
Wieder lasse ich jedoch nach kurzer Zeit von ihr ab.
„Trink dein Glas noch leer“ wechsle ich abrupt das Thema. „Und dann möchte ich gerne noch etwas von deiner Wohnung sehen. Insbesondere ein Zimmer interessiert mich, du weißt sicher schon welches“.
Sie möchte kurz widersprechen, besinnt sich dann aber doch. Vermutlich kommt es ihr gerade, dass es länger dauert mit mir zu diskutieren, und es besser ist, meiner ‚Bitte‘ einfach nachzukommen. Rasch greift sie nach dem Glas.
Zufrieden beobachte ich sie. Schon vorhin erschien es mir, dass sie zu wenig trinkt und einen Kreislaufkollaps während dem Sex kann ich nun wirklich nicht brauchen.
Unaufgefordert greife ich deshalb nach der halbvollen Sprudelflasche, nachdem sie fertig ist.. Ich werde sie mitnehmen.
Sie bemerkt es, verzichtet aber darauf, es zu kommentieren. Stattdessen ergreift sie meine freie linke Hand und umgreift sie fast schüchtern.
„Ich glaube, ich habe doch ein solches Briefmarkenalbum. Willst du es mal sehen?“ fragt sie vorsichtig.
„Natürlich. Wenn du es mir zeigst!“ Es freut mich, dass sie nun doch auf mein kleines Spiel eingeht.
Statt einer direkten Antwort zieht sie mich sanft aus der Küche zurück ins Flur.
Ihre Wohnung ist nicht allzu groß, aber nett und gemütlich eingerichtet. Dieses verwundert mich ehrlich gesagt. Ich hätte jetzt eher mit modernen und unpersönlich eingerichteten Zimmern gerechnet. Weil sie heute Abend irgendwelche Männer aufreißen wollte, hatte ich sie für oberflächig gehalten. Ja, vermutlich ist sie das trotzdem, aber eben nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
An den Wänden entdecke ich überwiegend Fotografien von ihr und ihren Freundinnen. Immer am Feiern, meist mit irgendwelchen alkoholischen Getränken in der Hand. Sie sind nicht alle von besonderer Qualität, vermutlich von einer billigen Handykamera.
Eine Wand ist voller verschieden großer Bilder und Personen jeglichen Alters – ich vermute, dass es sich dabei um eine Ahnengalerie handelt. Auf jeden Fall fotografisch wesentlich besser.
Interessant, dass ich trotz unserer beider Erregung solche Dinge wahrnehme. Wie es scheint, macht das einfach meine langjährige Erfahrung als Dom – dass man auch Kleinigkeiten wahrnimmt und sie entsprechend bewertet.
Trotzdem wende ich mich nun diesen vielen Bildern ab und blicke auf eine Tür, die außen mit einem roten Kissen dekoriert ist.
„Hier, in meinem Schlafzimmer“.
„Mit deiner Briefmarkensammlung?“ feixe ich.
„Mit meiner Briefmarkensammlung“ bestätigt sie kichernd und öffnet die Türe. „Du hat ja selbst gesagt, dass du nur deshalb mit mir hoch in meine Wohnung gekommen bist.“
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