"Beth! Warte auf mich! Wo läufst du hin?", ruft mir Jackson hinterher. Er ist mir dicht auf den Fersen. Ich will...nein ich kann nicht warten. Die zischende Stimme wird lauter und ich werde langsamer. Nun wate ich nur noch durchs Wasser. Wie weit ist es noch? Plötzlich werden meine Sinne scharf. Irgendetwas hat sich geändert. "Ja. Komm her. Du bist fast da", ruft die Stimme leise. Ich beginne zu frieren. Wieso ist es hier auf einmal so kalt.
"Man Beth. Wieso hast du nicht gewartet?", fragt Jackson, der nun hinter mir steht. Ich drehe mich nicht zu ihm um. Ich habe schon genug Zeit mit ihm verbracht, um zu wissen, dass er mir gerade einen vorwurfsvollen Blick zu wirft. Ich kenne ihn jedoch leider noch nicht lange genug, um zu wissen, wieso er in letzter Zeit so merkwürdig ist. Er setzt sich in der U-Bahn nicht neben uns, wirft Matt mit Bällen ab und wirft ihn in die Kanalisation. Außerdem setzt er immer diesen bösen Blick auf, wenn ich mit Matt rede oder wenn der Werwolf mich berührt. Liegt es daran, dass Matt und er sich nicht besonders gerne mögen oder gibt es da noch einen ganz anderen Grund?
Ich habe zwar gehört, was er gesagt hat, antworte aber nicht. Heute wird er sowieso von jedem ignoriert. Damit muss er heute wohl einfach klar kommen.
Er tritt neben mich und nimmt meine Hand:"Ist alles ok, Beth?" Ich will, dass er meine Hand los lässt. Ich muss weiter. Wieso behindert er mich? Ich befreie meine Hand mit einem Ruck und warte weiter. Er seufzt verzweifelt und genervt zu gleich. "Noch ein Stück", ich vernehme wieder diese geheimnisvolle zischende Schlangenstimme. Ich beginne wate wieder schneller durchs Wasser. Es ist hier so kalt, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Auch der Geruch hat sich in diesem Teil des Untergrundes verändert. Es riecht nach...vergammeltem Fleisch. Ich erinnere mich daran, was die Depriver sind. Sie stehlen magischen Wesen wie Kaya, Matt, Jackson oder Rosé ihre Kräfte. Sie behalten die Kräfte dann entweder für sich selbst oder verkaufen sie an andere teuer weiter. Meistens töten diese abscheulichen Depriver die beraubten Wesen dann, da sie aus deren Sicht nutzlos geworden sind. Das erklärt wahrscheinlich auch diesen Geruch. Vielleicht wurden hier ja schon einige Leute umgebracht. Für mich ist dieser Geruch, aber ein gutes Zeichen, da es nicht mehr weit sein kann. "Igitt. Hier stinkt es ja widerlich", kommentiert Jackson. Ich nicke und gehe weiter.
Nach wenigen Metern, in denen der Gang immer enger geworden ist, endet mein Weg in einer Sackgasse. Jackson, der laut keuchend hinter mir her läuft, bleibt fassungslos stehen:"Na toll. Was jetzt?" Ich lasse meinen Blick durch den Gang wandern. Mein Blick bleibt an einem Loch in der Betonwand hängen. Ich gehe auf das Loch zu und bücke mich. Ich stecke zwei Finger in das Loch. Die Finger passen genau hinein. Ich schaue Jackson begeistert an:"Wir öffnen die Geheimtür." Er zieht eine Augenbraue hoch:"Geheimtür?" "Ja, schau her", sage ich und ziehe an der kleinen runden Geheimtür. Er tritt neben mich und schaue mir zu. Die Tür öffnet sich ein Stück. "Hilf mir mal", sage ich. Die Tür ist echt schwer. Er zieht ebenfalls an der Tür. Als sie komplett offen ist, schauen wir uns an. Ich blicke ins Wasser hinab. Meine Augen leuchten immer noch tief grün. "Und was jetzt?", fragt Jackson. "Ich geh rein und hole die Krone raus", sage ich mit fester Stimme und mache Anstalten durch die Tür zu steigen. Jackson hält mich am Arm fest:"Warte." Ich sehe ihn fragen an.
Er zieht mich mit einem Ruck sanft an sich. Ich bin total überrumpelt. Was tut er? Zwischen ihm und mir ist kein Zentimeter Abstand mehr. Ich spüre seine Haut warm an meiner. Er riecht, genau wie ich, nach dem dreckigen Wasser der Kanalisation, in dem wir stehen. Jackson beugt sich zu mir hinab. Ich schaue ihm tief in die Augen. Er tut es mir gleich und lächelt. Dann berühren seine Lippen sanft meine. Seine Lippen sind so weich und er schmeckt so gut. Ich lege meine Hände in seinen Nacken. Der Kuss wird intensiver und ich schließe meine Augen. Mein Bauch kribbelt. Jackson drückt mich sanft gegen die Betonwand und ich drücke mich gegen den Vampir.
Nach einigen Minuten in denen wir nichts anderes getan haben als uns zu küssen, lösen wir uns nach Atem ringend von einander. Ich schnappe nach Luft und Jackson grinst. Ich bin immer noch total überrumpelt. Was hat das zu deuten.
Jackson reißt mich aus meinen Gedanken:"Willst du jetzt gehen? Oder soll ich das übernehmen?" Ich schüttele den Kopf. "Nein. Ich mach das", mit diesem Worten klettere ich durch die Tür in das Loch hinein.