Sie schlug den Kragen ihres Mantels hoch und zog den Kopf ein. Bei diesem Wetter jagt man doch keinen Hund vor die Tür! Matschig-bunte Blätter wirbelten an ihr vorbei und der Wind zerrte unersättlich an ihren langen Haaren. War das widerlich! Sie würde Stunden brauchen, um die Fitze aus den braunen Locken wieder herauszukämmen! Mal abgesehen davon, dass sie Stunden für diese Frisur gebraucht hatte. Und nun machten zehn Minuten Fußweg alles wieder zunichte.
Noch gestern hatte sie mit Luzie einen Eiskaffee bei ihrem Lieblingsitaliener getrunken. Bei strahlendem Sonnenschein und azurblauem Himmel. Kurz hatte sie sogar überlegt, ihr Gesicht mit Sonnenmilch einzucremen. Und heute? Ein Herbststurm vom Feinsten.
Sie klemmte ihre Handtasche noch fester unter den Arm. Ihre Füße knietschten mittlerweile in ihren Highheels. Trotz der Acht-Zentimeter-Absätze hatte das Pfützenwasser sämtliche Nähte aufgeweicht und war nach innen gezogen. Dabei hatte sie um jede Schmutzlache einen großen Bogen gemacht. „So ein Mist!“ Zu allem Überfluss begann es auch wieder zu nieseln. Sie zog den Kragen noch höher und wünschte sich eine Kapuze an ihren Mantel. Ihr Schirm war nur Zierde. Der heftige Wind würde ihn ja doch sofort gegen die Streben umklappen.
Ein glücklicher Seufzer entwich ihr, als sie aus dem Park kam und ihr Ziel keine 50 Schritte mehr entfernt war. Schnell hastete sie die letzten Meter den Gehweg hinunter und ergriff nervös die schmiedeeiserne Klinke. Sie war genauso kalt wie ihre Hand. Quietschend ließ sie sich hinunterdrücken und drückte die Eichentür auf. Sie musste sich mit ihrer ganzen Kraft dagegen lehnen, so groß war der Widerstand. Bis ihr der Herbststurm unter die Arme griff und Mia den Schwung der Tür mit ganzen Körpereinsatz bremsen musste.
Beißender Qualm schlug ihr entgegen. Sie hörte ein Stimmengewirr, konnte aber beim besten Willen nichts erkennen. Hier sollte ihr Vorstellungsgespräch stattfinden?