Nachgeschrieben am 17.12.2019 von 12:00 Uhr bis 12:45 Uhr
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Das verschneite Tor
„Hast du die Koffer schon zum Auto gebracht?“
„Ja, habe ich“.
„Und deine Eltern wissen Bescheid, dass wir weg sind? Nicht dass sie hier aufkreuzen, und...“
„Ja, ich habe sie angerufen. Nun komm endlich, ich will los“, murrte Shinichi leicht genervt. Er musste zugeben, dass sein Partner ihm in letzter Zeit etwas auf die Nerven ging. Nach drei Jahren Beziehung hatte sich nun endgültig der Alltagstrott eingeschlichen. Um dem entgegen zu wirken, hatten er und Kaito einen gemeinsamen Kurzurlaub in den Bergen über die Weihnachtsfeiertage eingeplant.
Shinichi drehte den Autoschlüssel in den Händen, und wartete ungeduldig auf den Magier. „Ich komme ja schon...“ Ebenso genervt kam Kaito zu ihm, und schulterte seinen Rucksack. „Hab nur noch etwas gesucht“, murmelte er.
Das kann ja heiter werden.., dachten sich beide, und seufzten.
Als Koffer und Rucksäcke im Auto verstaut und beide drinnen saßen, startete Shinichi den Wagen. „Dann mal los“, sagte er lustlos. Um die Stille zu durchbrechen, spielte Kaito am Radioknopf herum. Er fand einen Sender, auf dem Weihnachtslieder gespielt wurden. Trotzdem wollte bei beiden keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen. Das Wetter war zugegeben auch recht mild in Tokyo, von Schnee keine Spur.
„Mach das Gedudel aus… bitte“, seufzte Shinichi, nach dem dritten Weihnachtslied. „Es nervt, und stört mich“.
„Schon gut...“, knurrte Kaito, und sah seinen Freund beleidigt an. Er hätte das Lied gerne weiterhin gehört. „Dann erzähl irgendetwas“.
„Was soll ich denn reden?“, fragte Shinichi leise. Einmal mehr wurde ihm klar, wie festgefahren seine Beziehung war.
„Irgendwas“, kam prompt die Antwort, mit der der Detektiv jedoch nicht viel anfangen konnte. Er tat so, als müsste er sich auf den Verkehr auf der Autobahn konzentrieren, und gab keine Antwort.
Nach ein paar Stunden Fahrt wurde die Gegend zunehmend bergiger und es begann zu schneien. Kaito sah interessiert aus dem Fenster. Die entgegenkommenden Autos auf der Gegenfahrbahn hatten sogar eine dichte Schneedecke auf ihren Dächern.
„Sieht so aus, als würden wir hier weiße Weihnachten bekommen...“, sagte er hoffnungsvoll. „Sofern wir überhaupt problemlos an der Hütte ankommen...“, murmelte Shinichi. Besorgnis schwang in seiner Stimme mit.
„Klar, wieso auch nicht? Denk nicht immer so negativ“.
„Ich bin nur realistisch!“
Kaito seufzte leise, und stützte seinen Kopf auf seinem Arm ab. Wie er es hasste, wenn sie stritten. Er hoffte sehr, dass der Urlaub etwas frischen Wind in ihre Beziehung bringen würde…
Das Auto des Detektivs fuhr von der Autobahn ab, und durch verschneite Landstraßen. Der Schneefall wurde immer stärker, sodass nun sogar Kaito etwas bange wurde. Dennoch erreichten sie ihr Ziel ohne in einen Unfall verwickelt zu werden.
Der Vermieter der Berghütte erwartete sie bereits vor dem großen, verschnörkelten Tor, auf dem ebenfalls Schnee lag.
Er und die beiden jungen Männer begrüßten sich mit einer Verbeugung. Shinichi bekam den Schlüssel ausgehändigt. Der ältere Mann wünschte ihnen viel Spaß bei ihrem Aufenthalt, bevor er sich in sein Auto setzte, und eilig davon fuhr. „Was war das denn eben?“, fragte Kaito leicht verwirrt. „Der hatte es ja eilig“.
„Vielleicht hat er Angst davor, nicht mehr mit dem Auto fort zu kommen“, meinte Shinichi halb ernst, halb scherzhaft. Er warf seinem Freund den Schlüssel für das Tor zu und bat ihn, selbiges aufzuschließen. Kaito tat was er sollte, sodass sein Partner den Wagen hinein fahren konnte. Sorgsam schloss er es ab, bevor er den Rücklichtern folgend durch den Schnee zur Hütte stapfte. „Er hätte ja auch mal auf mich warten können...“, murmelte Kaito, und atmete genervt aus.
Ihre Koffer hinter sich her ziehend, betraten die beiden jungen Männer das doch recht große Haus. Sie zogen sich Schuhe und Jacken aus, bevor sie die Räume erkundeten. „Ist doch recht gemütlich“, fand Kaito. Er glaubte nicht richtig zu sehen, als Shinichi tatsächlich seinen Laptop und einige Fallordner auspackte.
„Nicht dein Ernst, oder? Du hast dir Arbeit mitgebracht?!“ Fassungslos sah er seinen Partner an. „Ja, habe ich. Irgendetwas muss ich ja hier machen“, brummte Shinichi, und kramte in seinem Koffer nach weiteren Sachen.
„Mir reicht es! Wir sind hier, um wieder zueinander zu finden, und du denkst wieder nur an deine Arbeit?!“, seine Stimme wurde immer lauter.
„Mach doch was du willst!“, schrie er ihm schließlich entgegen, schnappte sich erneut seine Anziehsachen, und verließ die Hütte. Wutentbrannt stapfte er durch den Schnee hinaus in den angrenzenden Wald. Kaito musste sich dringend abreagieren, und wieder klare Gedanken fassen. Da kam ihm ein Waldspaziergang gerade recht.
Woran er jedoch nicht dachte, war dass es bald dunkel werden würde, und weiterhin dichter Schnee fiel...