Prompt Sternenhimmel:
Die Vorgeschichte findet sich hier, ist aber nicht zwingend für das Verständnis:
https://belletristica.com/de/books/18755-halloween/chapter/74260-chapter-1
Wie immer ohne Korrektur einfach in 1 h „von der Seele“ geschrieben – in diesem Falle zu später Stunde mit einem Glas Rotwein. Ich hoffe, das Ergebnis ist trotzdem gut.
Die beschriebene Örtlichkeit gibt es tatsächlich und diente als fiktives Vorbild. Der kostenlose Badesee (ohne Eintritt, bis heute) meiner Jugend: https://kippenheimweiler.lahr.de/waldmattensee.10148.htm
Nils
Nils war nervös.
Er wollte keinen Mist bauen. Diesmal nicht.
Ungeduldig wartete er in seinem Auto auf Karin. Allerdings war noch ein wenig Zeit – es war auch noch nicht 22.00 Uhr, also würde sie erst in ein paar Minuten hier eintreffen.
Hoffentlich ging alles gut.
‚Stairway to heaven‘ dudelte im Radio.
Ein leichtes Seufzen entwich seinen Lippen. Wie sehr wünschte er sich, ihr alles sagen zu können. Sie nicht immer durch Halbwahrheiten abspeisen zu müssen.
Er blickte in den Spiegel des Beifahrersitzes und kontrollierte den Sitz des Halstuches. Eine hässliche Narbe, das hatte er ihr erzählt. Die Untertreibung des Jahrhunderts.
Aber sie hatte ihm geglaubt. Geglaubt, dass es ihm peinlich war und er deshalb diesen Stoff trug. Ohne Zögern hatte sie diese Lüge akzeptiert und ihn sogar Verständnis entgegengebracht. Sie würde es gerne sehen, aber nur, wenn er dazu bereit wäre.
Seine Gefühle brachten ihn noch in Teufels Küche.
Was er hier tat, war verboten. Es war äußerst unklug, sich zu verlieben oder gar eine Beziehung einzugehen.
Ersteres war bereits geschehen, und nun schickte er sich an, auch die zweite rote Linie zu überschreiten.
Aber was sollte er nur tun?
Er kam nicht dazu, seinen Gedanken weiter nachzugehen, da in diesem Moment ein Kfz zu hören war, dass sich seinem Parkplatz näherte. Die Lichtkegel zweier Autoscheinwerfer näherten sich. Langsam bog Karin mit ihrem Kleinwagen in die Einfahrt ein und brachte ihr Auto neben dem seinen zum Stehen.
Etwas zu hastig öffnete er die Türe und sprang geradezu aus seinem Wagen. Endlich war sie da.
Seine Hände waren viel zu feucht. Rasch wischte er sie an seiner Jeans ab und versuchte, wenigstens einigermaßen cool zu wirken. Sie durfte merken, dass er sich freute, aber zu offensichtlich sollte es ja nun auch wieder nicht sein.
Karin war eine pragmatische Frau – ohne Zögern stieg sie aus und wandte sich sofort ihm zu.
„Nils!“
„Karin! Es freut mich, dass du gekommen bist.“
„Wer könnte einer so netten Einladung nicht nachkommen?“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und sie streckte ihm ein Geschenk entgegen, welches sie zuvor hinter ihrem Rücken versteckt hatte. „Für dich, Nils.“
„Danke.“ Am liebsten hätte er ihr es einfach aus den Händen gerissen, so aufgeregt war er. Aber er zwang sich, es ruhig entgegenzunehmen. „Was ist denn da drin? Darf ich es gleich aufmachen?“
„Wie du willst. Du kannst aber auch bis heute Abend warten.“
„Dann werde ich so lange warten und an dich denken“, antwortete er grinsend. „Lass es mich noch rasch im Auto verstauen, bevor wir zum Wasser geben. Gibst du mir die Zeit?“
„Natürlich!“
Kurz zögerte er – dieses kleine Päckchen einfach achtlos auf den Beifahrersitz zu werfen, erschien ihm respektlos. Andererseits wollte er, dass ihr ‚Date‘ endlich losging. So entschied er sich für eine Zwischenlösung – das Geschenk vorsichtig auf den Sitz zu legen, ohne dem Ganzen zu große Aufmerksamkeit zu schenken, es aber trotzdem bewusst dort zu platzieren.
Gut gelaunt schlug er die Autotüre schwungvoll zu. Er fühlte sich gut. Federleicht. Was nur an ihr lag.
„Kommst du?“ Galant bot er ihr seinen Arm.
Sofort hakte sie sich bei ihm ein und ließ sich bereitwillig führen. Bis zum See waren es glücklicherweise nur wenige Meter.
„Ich war hier noch nie, aber glücklicherweise gibt es heute ja Navis. Wo sind wir hier?“
„Ein Baggersee, der frei zugänglich ist. Sie bauen aktuell auch noch Kies ab. Der örtliche Anglerverein hat diesen See gepachtet und darf den vorderen Teil kostenlos nutzen. Dafür stellt er Toiletten, Parkplätze, zwei Umkleidekabinen und darf eine kleine Wirtschaft betreiben. Um diese Zeit ist hier jedoch nichts mehr los.“
Katrin
Sie zuckte nur mit den Schultern. Nur zu gerne ließ sie sich führen.
Sie mochte Nils. Sehr. Er hatte eine besondere Art, die sie anzog. Einfach das gewisse Etwas- ohne dass sie sagen konnte, was es genau war. Manchmal hatte sie auch das Gefühl, dass er etwas vor ihr verbarg. Dies schreckte sie aber nicht ab, ganz im Gegenteil – nur zur gerne hätte sie gewusst, was sein Geheimnis war. Dieses Mysteriöse, das ihn umgab, machte ihn umso attraktiver in ihren Augen.
Trotzdem vertraute sie Nils und ließ sich deshalb bereitwillig von ihm mitnehmen. Beide passierten den schmalen Eingang und er lotste sie zu einer Decke nahe dem Ufer. Kaum zu erkennen, aber so langsam gewöhnte sie sich an die Dunkelheit.
„Setz dich doch bitte, Karin“, schlug er vor und griff in seine Hosentasche. Mit einem großen Feuerzeug zündete er die Kerzen an, er ringsherum platziert hatte.
Es dauert einen Moment, ehe sie ihre Worte wiederfand. „Ich wusste gar nicht, dass du so romantisch sein kannst, Nils.“ Unsicher räusperte sie sich. „Das ist sehr schön.“
„Willst du dich nicht setzen?“, flüsterte er leise, seine Lippen dicht an ihrem Ohr.
Sie konnte nur schwach nicken, ehe sie sich vorsichtig auf dem vorbereiten Platz niederließ. Der Mann hatte nicht nur eine, sondern mehrere Decken übereinander gestapelt, so dass es trotz der darunterliegenden Kieselsteine recht gemütlich war.
„Ich hoffe, es passt einigermaßen, Katrin.“
Sie konnte nur gerührt schlucken, bis sie eine Antwort herausbrachte. „Das passt, Nils. Du hast dir wirklich große Mühe gemacht. Danke.“
„Für dich doch immer“, antworte er mit leicht rauer Stimme. Darf ich dich zu mir setzen?“
Sie nickte nur, da sie ihrer Stimme aktuell nicht mehr vertraute. Aber offensichtlich hatte er es trotz des schwarzen Kerzenlichts gesehen. Ohne zu zögern platzierte er sich dicht daneben und nahm vorsichtig ihre Hand. „Es freut mich, dass du meine Einladung angenommen hast und nicht mehr böse bist.“
„Natürlich nicht.“ Inzwischen hatte sie es mehrfach bereut. Statt dankbar zu sein, dass er sie mitten in der Nacht abgeholt hatte, war sie wütend gewesen, dass er nicht bei ihr geblieben war. Dabei hatte er völlig recht gehabt, bei den Dingen, die sie sich eingebildet hatte. Wenn man hier jemanden einen Vorwurf machen musste, dann ihr.
Dies würde sie natürlich nicht ohne weiteres zugeben – sie war dankbar genug, dass er sie nicht aufgegeben hatte. Ganz im Gegenteil – endlich hatte sie den Eindruck, dass er sich wirklich für sie interessierte und mehr als ‚nur‘ eine Freundin in ihr sah.
„Das ist ein schöner Ort hier, Nils.“
„Ja, das ist er. Und wir haben heute Glück. Kein Mensch weit und breit. Siehst du den kleinen Wagen dort rechts?“
„Ja“, bestätigte sie. „Und dort drüben ist Orion. Das sind aber auch schon die einzigen Sternbilder, die ich kenne. Das große ‚W‘ vielleicht noch, aber das war es dann schon.“
Der Mann lachte. „Ja, das geht vielen so. Wenn du daran interessiert bist, zeige ich dir noch weitere.“
Fest drückte er ihre Hand. Diese Geste bewirkte, dass ihr Herzschlag, der bereits leicht flatterte, noch ein wenig rascher schlug. „Alles was du willst, Nils.“
„Wir haben Zeit. Solange du heute Nacht mit mir zusammen sein willst.“ Er deutete auf die Kühlbox, die etwas beiseite stand und die sie erst durch diese Bemerkung wahrnahm. „Ich habe einige Dinge vorbereitet. Wir können hier gemeinsam selbstgemachte Sandwiches essen und den Sternenhimmel betrachten. Mit Erklärungen, oder auch ohne. Hauptsache, du bist da.“
Karin konnte darauf nicht antworten. Was sollte sie auch sagen?
Stattdessen gab sie ihm den Händedruck zurück und zeigte auf diese Weise, was sie empfand.
„Ich danke dir, dass du mir diese zweite Chance gibst.“ Sanft stich er ihr mit der anderen Hand über ihre Wangen, bevor er noch etwas näher rückte und zu erzählen begann.
Nicht nur über Sternenbilder – die Frau hatte das Gefühl, dass sie heute mit ihm noch den Himmel auf Erden erfahren würde.