Seufzend lehnte Rick sich auf der Parkbank zurück und schaute auf sein Handy.
Noch immer kein Anruf. Wo steckt er denn bloß?
Rick merkte, wie seine Laune von Minute zu Minute sank. Er hasste Verspätungen. Es gehörte sich einfach nicht, sich mit jemandem zu verabreden und dann einfach nicht pünktlich aufzutauchen. Man konnte sich dann doch zumindest melden und Bescheid sagen, dass es etwas später werden kann.
Ob er vielleicht im Stau feststeckt?
Schnell suchte er die Nummer seines Freundes aus der Kontaktliste und rief sie an.
„Hey, Rick hier. Sag mal, wo steckst du?“, sagte er, nachdem die Mailbox ein Piepen von sich gegeben hatte. „Wir waren um 14 Uhr verabredet, jetzt ist es beinahe schon halb Drei. Ruf mich einfach an, wenn du das hier hörst.“ Dann legte er auf.
Rick nutzte die Wartezeit und schaute sich ein bisschen um. Dabei beobachtete er Paare, die Hand in Hand durch den Park liefen und ihre gemeinsame Zeit genossen. Hier und dort spielten Kinder auf den Grünflächen und dem großen Spielplatz.
Ein Spielplatz, von dem Rick als Kinder früher immer geträumt hatte, stellte er bei dem Anblick fest.
Es war ein sonniger und warmer Tag. Radfahrer fuhren durch den Park, mal gemäßigt, einige aber auch mit einem rasanten Tempo, welches deutlich machte, dass sie sich für wichtiger hielten und andere ihnen auszuweichen hatten. Ein Eiswagen und eine Würstchenbude mit Schwenkgrill lieferten sich ein Duell um die meisten Verkäufe, während der Duft der gegrillten Würstchen langsam auch bei Rick angelangte und ihm verführerisch in die Nase stieg.
Doofe Diät.
„Mein Gott, Tim, melde dich doch endlich“, grummelte er und schaute wieder auf sein Handy. Noch immer keine Nachricht.
Vielleicht ist er zwischendurch ja wieder auf eine seiner „Sensationsnachrichten“ gestoßen. Rick schüttelte bei dem Gedanken den Kopf. Irgendwann versinkt er noch in seiner Arbeit.
Rick öffnete seine Messenger-App und schaute, wann Tim das letzte Mal online gewesen war.
„Zuletzt online: Gestern, 22:58“, stand dort geschrieben.
Ich hoffe, er steckt nicht wieder in der Klemme. Er hat sich nie wirklich an die Spielregeln gehalten. Ich habe ihm immer gesagt, dass ihm das irgendwann zum Verhängnis wird.
Vielleicht sank seine Laune auch deshalb so schnell, bemerkte er bei diesem Gedanken. Wie oft hatte er seinen Freund schon gewarnt, dass er sich nicht mit den falschen Leuten anlegen sollte? Aber bei Tim war es einfach aussichtslos. Er war ein Sturkopf durch und durch.
Selbst ein Stein hat mehr Einsehen als er.
Das Klingeln seines Smartphones riss Rick aus seinen Gedanken. Schnell schaute er auf das Display und sah den Namen seines Freundes als Anrufer eingeblendet.
Na endlich.
Mit einem Wisch über das Display nahm er den Anruf entgegen. „Wird aber auch Zeit, dass du dich meldest. Wo stec-“
„Scheiße, Rick“, unterbrach Tim ihn. Seine Stimme klang gehetzt, als würde er laufen. „Ich glaube, ich habe echt Mist gebaut.“
„Was ist los? Wo bist du?“
„Sie sind in meiner Wohnung! In meiner Wohnung verdammt!“
„Was? Wer denn? Was ist denn los?“
Tim keuchte und holte tief Luft. „So, jetzt müsste ich außer Sicht sein. Scheiße, wie viele sind denn das?“
„Tim!“, rief Rick lauter als beabsichtigt und sah, wie sich die Köpfe der anderen Parkbesucher zu ihm wandten. Er senkte seine Stimme. „Was ist passiert?“
„Weißt du noch die Sache mit dem Parteiabgeordneten, den ich im Visier hatte wegen der Sache mit der Bestechung?“
„Ja, du hast eine ganze Zeit nur noch davon geredet.“
„Ich glaube, ich bin da was Großem auf der Spur. Irgendwelche Schlägertypen sind in meine Wohnung eingebrochen und stellen sie gerade auf dem Kopf. Ich bin sicher, sie suchen meine Aufzeichnungen.“
„Und warum rufst du dann mich an? Hast du die Polizei schon informiert?“
„Die Polizei? Bist du verrückt? Was ist, wenn die da mit drin steckt?“
„Ach bitte, jetzt gehst du aber zu weit“, seufzte Rick. „Das klingt eher nach einer deiner Verschwörungstheorien. Bist du sicher, dass der Abgeordnete die Männer geschickt hat? Ich meine, du legst dich echt mit vielen Leuten an.“
„Ich bin mir ganz sicher!“, beharrte Tim fest und knirschte mit den Zähnen. „Ich brauche deine Hilfe, Rick.“
„Ich bin Privatdetektiv, kein Personenschützer.“
„Ja, eben deshalb ja! Du kannst mir helfen herauszufinden, ob ich Recht habe!“
Rick war bei diesem Gedanken sehr mulmig. Er wusste, wenn er sich darauf einlassen würde, dass er nicht mehr so einfach dort rauskommen würde. Und Tim hatte sich das trotz Ricks Warnungen selbst eingebrockt. Andererseits war Tim nun mal sein bester Freund und schwebte anscheinend in ernsthafter Gefahr. Er fühlte sich hin und her gerissen.
„Was zur Hölle? Nein, nein nein nein nein! Verdammte Scheiße, Rick! Die haben meine Bude angezündet!“
Das war der Auslöser, den Rick gebraucht hatte. Er konnte seinen Freund nicht einfach im Stich lassen. „Tim! Tim, hör mir zu!“, versuchte er seinen Freund zu beruhigen. „Komm zu mir ins Büro. Ich werde dir helfen so gut ich kann. Aber pass auf, dass dir niemand folgt, verstanden?“
„Verstanden“, schluchzte Tim. „Scheiße, die haben alles abgefackelt.“
„Wir bekommen das wieder hin. Komm erst zu mir, dann sehen wir weiter.“ Dann legte Rick auf und machte sich auf den Weg in sein Büro. So hatte er sich den Tag wirklich nicht vorgestellt.
Auf dem Weg nahm er sich noch ein Grillwürstchen mit. Der Frust hatte ihn seine Diät vergessen lassen.