„Tja, die Schneebar wird wohl diesen Winter nichts mehr werden, ohne Schnee, oder?“
So hatten Markus und die Freundin seiner Frau sich noch verabschiedet, als sie am Vortag zusammen aus dem Lokal gingen, in welchem sie sich gerade eine Pizza gegönnt hatten. Auch Susanne, die Frau, an die er vor vielen Jahren sein Herz verloren hatte, bedauerte das sehr. Sie hatten es immer geliebt, zusammen zu diesen Veranstaltungen zu gehen. Aber wenn es dieses Jahr nichts wurde, dann wäre das ja auch nicht so schlimm. Nächstes dann vielleicht wieder.
Nun gut, es sollte nur ein Tag verstreichen, an welchem sie keinen Schneefall genießen konnten, denn schon am Dienstag waren die Straßen so verschneit, dass selbst der Räumungsdienst kaum mehr hinterherkam.
„Naja, das hatte ich zwar jetzt nicht erwartet, aber wenn wir schon nicht in der Lage sind, zur Arbeit zu gehen, dann sollten wir es uns wenigstens gemütlich machen!“ Markus hatte Susanne eine Tasse Tee in die Hand gedrückt. Die Arbeit war für sie heute kein Thema mehr. Die Schule hatte Verständnis dafür, dass sie nicht mit dem Auto wegkonnten, da sie in ihrem Dorf auf knapp 800 Meter über dem Meeresspiegel komplett eingeschneit waren. Es gab kein Entkommen aus der Hölle und trotzdem hatte damit niemand ein Problem. Eigentlich hatte Markus sich in den Kopf gesetzt, heute mit seiner Klasse eine Ex über das Gehirn des Menschen zu schreiben, aber das würde nun ins Wasser fallen müssen. Außer ihm fand das sicher auch keiner schade.
„Wenn du noch den Ofen einheizt, dann könnten wir Ronald und Petra einladen und zusammen einen Glühwein trinken! Jetzt wo wir Schnee haben!“, schlug Susanne dann plötzlich vor.
„Ja, aber wenn schon, dann müssen wir doch auch draußen trinken, oder nicht? Im Hof, wenn es schneit und alles schön romantisch aussieht?“, schlug ihr Mann vor und gab ihr dabei einen süßen, kleinen Kuss auf die Nasenspitze.
„Na gut, dann gib du Mal unseren Nachbarn bescheid, damit die sich schonmal auf den Weg machen und ich stell den Glühwein auf den Herd!“, wies sie ihren Mann an, der schon halb in seine Wintersachen geschlüpft war.
„Ich bin schon dabei, Schatz!“, rief er der Frau, die noch halb verdutzt über seine plötzliche Schnelligkeit in den Gang starrte, zu. Aber er bekam das gar nicht mehr mit, denn die Haustüre fiel keine zwei Sekunden später hinter ihm ins Schloss. Das andere Ehepaar wohnte nur knapp fünfzig Meter die Straße hinunter, deswegen hatte er keinen sehr langen, aber einen sehr verschneiten und vereisten Weg vor sich. Allerdings brauchte er nicht lange und die beiden waren auch sofort von der Idee begeistert, mit ihm mitzukommen. Sie zogen sich ihre Mäntel, Handschuhe und Mützen an, dann gingen sie mit ihm zu seinem Haus. Mittlerweile hatte Susanne es geschafft, den Glühwein in eine Kanne umzufüllen, einige Becher auf ein Tablet zu stellen und allen etwas einzugießen. Dann standen sie gemütlich beisammen auf dem Hof und schauten sich das Gestöber vor sich an. Die Einfahrt würde Markus heute nicht mehr räumen, alleine weil es sich absolut nicht lohnen würde, sollte es in der Nacht noch einmal schneien. Das machte ihm am meisten Sorgen, während sich seine Frau mit ihrer besten Freundin über den Job und die Schüler unterhielt. Ronald hatte nie wirklich viel zu den Gesprächen beizutragen, aber sicher fand auch er die Sitation angenehm, immerhin gab es gratis Glühwein für ihn. Glühwein im Februar. Das gab es auch nur bei dem Ehepaar, welches diesen unheimlich gerne trank. Was er wiederum nicht verstehen konnte.
„Wollt ihr noch mit reinkommen? Wir könnten uns noch auf die Couch setzen und ich koche uns Nudeln?“, schlug Susanne den beiden vor, aber mit einem Blick auf die Uhr bemerkte Ronald, dass es schon nach Mittag war und er langsam wieder zu seinem Homeoffice zurückkehren sollte. Eigentlich hätte er gar keinen Alkohol trinken dürfen, aber wenn er sowieso nicht mehr fahren musste? Dann war das doch ok! Aber wichtig genug um nicht komplett faul zu sein, war ihm die Arbeit dann doch. Also mussten er und seine Frau, die er ebenfalls daran erinnerte, dass sie noch Hausarbeiten zu erledigen hatte, wieder nach Hause gehen.
Während Markus seinen Freunden nachschaute und darüber nachdachte, wann er das letzte Mal so überstürzt im Regen -oder in diesem Fall eher Schnee- stehen gelassen wurde, hatte seine Frau drinnen noch eine halbe Kanne Kirschpunsch aufgewärmt und war mit dem Tablett, zwei Tassen und dem Getränk wieder zu ihrem Mann gekommen. Das Tablett stellte sie in den Garten, wo nun der Schnee hoch genug war, um es zu halten, goss jeweils etwas in die beiden Tassen und kam dann mit diesen zurück zu ihrem Mann. Als beide etwas zu trinken in der Hand hielten, legte Markus einen Arm um seine Frau. Er liebte sie so sehr, mehr noch in diesem Moment. Und vielleicht würde das mit der Schneebar doch was werden.