Sixty Minutes
Gewissensbisse
In meinem Zimmer blitzte es hell auf und eine Dame stand vor mir. Elegant stellte sich die höchst ungewöhnliche Dame vor. „Prinzessin Anora, aus dem Land Kyros. Ich bin Botschafterin des Königs von Kyros.“ Ich sah erstaunt zur Prinzessin Anora. Ihr blaues Seidenkleid glänzte matt im Kerzenschein. Es war ein magischer Moment, ein so wunderbares Geschöpf zu sehen. Ja, ich war verblüfft von der Ankunft und der Dame selbst! Noch nie zuvor sah ich eine Elbenprinzessin durch ein Portal schreiten. Schlimmer noch, die Dame fragte mich ungeniert, ob ich helfen könnte.
Stotternd gab ich der Dame eine Antwort: „Verehrte Prinzessin aus einem mir unbekannten Land. Könnt ihr mir bitte zunächst sagen wobei ich euch möglicherweise helfen soll. Mit Sicherheit habe ich einige Fähigkeiten, aber ob diese zu euren Wünschen passen, kann ich noch nicht sagen. Aber fangen wir zunächst mit der Höflichkeit an. Mein Name ist Christian Campohermoso. Einst gab es in der Familie kühne Krieger und auch Abenteurer, die die Welt bereisten und sogar zwei veritable Wissenschaftler. Aber ich bin nur ein kleiner unbedeutender Naturwissenschaftler. Also sagt mir bitte, wobei oder womit ich euch helfen könnte?“
Mit ihren ungewöhnlichen goldenen Augen fixierte sie mich. „Wir brauchen einen mutigen Heerführer, der aus Männern eine Armee formt, die gegen Kriegstrolle kämpfen und siegen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr solcherlei Gewürm noch nicht saht. Aber diese Kolosse sind gut gerüstet, stark, brutal, groß und wirklich gefährliche Gegner. Unsere Männer mögen kühn sein, aber mit unseren Waffen sehen wir keine Chance, gegen diese Gegner dauerhaft zu bestehen, die allesamt fünfzehn Fuß messen und unerwartet gekonnt ihre Waffen führen. Zumeist sind es Kriegshämmer oder scharfe Kriegssensen. Wir haben nur unsere blank polierten Rüstungen und herkömmliche Schwerter, Armbrüste und Speere. Gegen Geschöpfe unserer Größe reichen diese Waffen, aber nicht gegen diese Riesen.“ Ein kurzes Schweigen setzte ein. Ich spürte, dass die Prinzessin Gewissensbisse plagten. Offenbar wusste sie nicht, was sie mir sonst noch sagen sollte.
In meinem Kopf rumorte es. „Wieso kommt eine Prinzessin aus einer mir unbekannten Welt zu mir? Wie gelangte sie zu mir? Woher glaubt sie zu wissen, dass ich etwas kann, was sie brauchen könnte? Etwa mittels Magie?“ Nur knapp konnte ich meine Zunge zügeln. Ich musste überlegen, was ich sagen oder fragen sollte. „Verzeiht meine Neugiergnädige Damegnädige Dame . Ich nehme an, dass ihr über Magie verfügt und daher zu mir reisen konntet. Dennoch, wenn ihr über Magie verfügt, dann sollte es doch ein leichtes Sein diese Kriegstrolle zu besiegen.“ Herrschaftlich schnitt sie mir das Wort ab. „Törichte Fragen. Natürlich besitzen wir Magie, aber mit dieser Magie können wir nichts gegen diese Monster ausrichten, weil sie gegen unsere Magie immun sind. Noch ist deren Armee weit von meiner Heimat entfernt, aber sie werden kommen, weil ich es in meinen Träumen sah. Zwei Krieger unserer Armee sahen die Gegner Kämpfen und sie überwanden im Laufe der Zeit kampferprobte Zwerge, eine Ork Armee und sie metzelten sogar kriegserprobte Menschen nieder. Somit begab ich mich auf eine Gedankenreise um einen Menschen zu suchen, der uns hilft diesen Kampf zu bestehen.“
Irritiert musste ich sofort nachhaken. „Verzeih meine naiven Fragen? Was kann ich in eure Welt mitnehmen? Und wie kann man diese Giganten töten. Haben sie möglicherweise eine Schwäche?“ Die Prinzessin zeigte sich überrascht. "Mitnehmen könnt ihr Kleidung, Papier und eine Klinge. Natürlich auch Pflanzen und eure Ideen. Aber nichts, was es bei euch vor dreihundert Jahren noch nicht gab. Und ja, sie lassen sich durch Feuer, Gewalt und Klingen vernichten.“ Erneut klinkte ich mich ein. „Gibt es bei euch, Salpeter, Schwefel, Holzkohle und Quecksilber, sowie Metallverarbeitung und Steinmetze oder Glasmanufakturen. Dazu benötige ich noch Tuchwaren, Erdpech und Alkohol oder Lampenöl. Selbstredend wären auch noch verschiedene Pflanzen von Interesse. Also Stechapfel, Engelstrompete, Rittersporn, Bilsenkraut oder Giftschlangen, Kegelschnecken oder ähnliches?“
Erbost antwortete die Dame. „Ja, all die Sachen gibt es, aber wozu diese Kinkerlitzchen. Wir brauchen einen Krieger, der die Monster mit seiner Stärke niederringt.“ Ich nickte nur. „Ich wüsste Wege, die nicht so heroisch sind, um solche Gegner zu besiegen. Und nein, ich bin kein verrückter Krieger, sondern nur ein bescheidener Naturwissenschaftler, der es liebt Stoffe zu verbinden, um daraus Waffen zu formen, die jeden Gegner in die Knie zwingen. Ich sehe keine Veranlassung kühn mit einem Zahnstocher gegen Giganten zu kämpfen. Sondern ich kämpfe eher mit meinem Verstand und der sagt mir, dass ich mich nicht den Hieben dieser großen Typen aussetzen sollte. Nennt es eine moderne Art von Magie, denn das ist das was ich kann. Meinethalben stelle ich euch auch andere Waffen her, die noch schlimmer wirken, aber ich denke diese antiken Waffen reichen, um die Kriegstrolle zu töten. Feuer und kleine Klingen mit Gift sind effektiver als sich dümmlich in einem Nahkampf zu opfern. Natürlich habe ich auch Gewissensbisse diese Waffen auf eine mir fremde Welt zu tragen. Daher eine Bitte. Nur ich und eine kleine Scharr von Männern werden den Kampf führen und nachdem der Kampf erfolgreich abgeschlossen wurde, wird meine Technologie vernichtet. Zudem drängt mich noch eine Frage. Wie kann ich in meine Welt zurückkehren.“
Erneut stutzte die Prinzessin. „Ich kann dieses Versprechen geben. Aber, ob ihr in diese Welt zurückkehren könnt, habe nicht ich zu entscheiden, sondern mein Vater.“ Gedrückt von Gewissensbissen gab ich die Antwort. „Ich werde euch begleiten, aber zuvor wäre eine Bezahlung angebracht, die ich hier zurücklasse. Ich kann rasch meine Bücher packen und einige Waffen, die ich hier habe. Kleidung benötige ich auch und dann lasst uns reisen.“ Nur wenige Minuten später hatte ich die richtigen Bücher, meine Taschenmesser, Glasmessbecher und den Säbel meines Urahnen dabei. Feste Schuhe und robuste Kleidung vervollständigten die Ausrüstung. Ich drehte mich noch einmal um, schrieb zwei Zeilen und legte den kurzen Abschiedsbrief auf mein Nachtschrank. Mit Gewissensbissen legte ich einen Berg Goldmünzen daneben, denn irgendetwas wollte ich meinen Kindern schon hinterlassen, weil ich nicht einmal genau wusste, ob es eine reelle Überlebenschance geben würde. Ich nickte und danach zog mich ein blauer Lichtstrahl in eine andere Welt, die fremd und doch so bekannt war.