Letztendlich war der große Plan bis ins letzte ausgefeilt. Gott hatte alles bis ins kleinste geplant: jedes Wort, jede Bewegung, jeden Augenblick.
Und zwar von dem Augenblick, an dem er den Urknall ausgelöst hatte, um dieses Universum zu schaffen, nachdem all die anderen Universen ihn langweilten. Natürlich wusste Gott genau, das wievielte Universum das hier war, doch für all das, was darin zu existieren begann, spielte das keine Rolle.
Es war alles genau geplant, wie sich Materie, Raum und Zeit aus einem einzigen, winzigen Punkt unendlicher Materie und Energiedichte entwickelten.
Wie sich stabile Atome entwickelten, die Grundlage aller Körper, die das All durchschweben, aller Stoffe, aus denen sie bestehen.
Es war genau geplant, wann und wie und wo es zu Zusammenballungen kam, Staubwolken, wo sich die Materie anzog und somit erste dichtere Gebiete im All entstanden; wie es schließlich zu festeren Körpern kam; wie Himmelskörper entstanden, Sonnen, Sterne, deren Herz und deren Oberfläche glüht und tobt.
Wie Planeten entstanden, Gesteinsbrocken im All, kalte und heiße, Gasriesen und Eisplaneten.
Wie auf einem Planeten, der Erde, in den Tiefen der inzwischen abgekühlten Ozeane irgendwann bestimmte Verbindungen aus Elementen entstanden, erste Vorläufer der Aminosäuren, den Bausteinen der Eiweiße, die wiederum Bausteine des Lebens sind.
Wie heiße Quellen auf dem Meeresgrund, Blitze über den Wogen die Energie lieferten, für das, was dann geschah: Ein solcher Baustein, ein Eiweißmolekül, begann, eine Kopie seiner selbst zu produzieren.
Der erste Schritt von Leben.
Wie erste Einzeller einige Gebiete der Meere zu bevölkern begannen. Sich dann überall ausbreiteten.
Sich vermehrten. Sich teilten.
Wie Mehrzeller entstanden.
Erste Bakterien, Algen.
Schließlich Trilobiten und andere urzeitliche Meeresbewohner. Und irgendwann Wesen, den heutigen Fischen ähnlich, die die ersten Schritte an Land wagten.
Sich weiterentwickelten.
Bis die Dinosaurier erstmals auftraten; und noch während diese immer größere einerseits und immer gefährlichere Ausmaße andererseits annahmen, entstanden zu ihren Füßen, versteckt in Erdhöhlen und flink im Schutze der Nacht huschend, erste winzige Säugetiere.
Alles war genau geplant.
Das Aussterben der Saurier.
Das Entstehen der Vögel.
Das Ausbreiten der Säuger, die letztendlich die Herrschaft über den ganzen Planeten übernahmen und irgendwann in den ersten Hominiden gipfelten.
Und schließlich die Menschen.
Der erste Homo erectus, der es schaffte Feuer zu machen.
Der erste Neandertaler, der so etwas wie Dankbarkeit einer unbekannten Macht gegenüber empfand, nachdem er ein Tier erlegt hatte und unverletzt geblieben war.
Der erste Homo Sapiens sapiens, also der erste moderne Mensch, dessen Art sich schließlich über die ganze Erde ausbreitete.
Und auch die Menschheitsgeschichte war genau geplant.
Die Entstehung erster größerer Siedlungen im alten Mesopotamien.
Erste kulturelle Zentren wie Babylon und Assur.
Große alte Reiche wie Persien, China.
Das Entstehen und der Niedergang Roms.
Das Europäische Mittelalter.
Die großen Indianerreiche Mittel- und Südamerikas.
Und schließlich die von Kriegen, Tod und Leid geprägte und doch die Menschlichkeit in den Menschen hervorbringende rasend schnelle Entwicklung zum heute und hier.
Alles war geplant gewesen ... nun, fast alles. Eines Tages, als die Menschen noch in einem frühen Stadium als Bauern und Hirten lebten, hatte er in der Sorge davor, dass auch dieses Universum ihn wieder langweilen würde, aus einer Laune heraus Kain und Abel geschaffen.
Das brachte Probleme, wirbelte einiges durcheinander; also fügte er deren Blutlinie in den großen Plan mit ein und alles ging gut.
Bis diese Linie eines Tages Dean und Sam hervorbrachte.
Nun gut, theoretisch hatten alle Menschen die Fähigkeit zum freien Willen. Sie nutzten sie auch, doch es war so entsetzlich vorhersehbar, sie alle waren vorhersehbar.
Und dann kamen Sam und Dean, und beide handelten und reagierten immer wieder unvorhersehbar.
Und Gott genoss das Chaos, dass sie stifteten, denn zum ersten Mal seit Äonen langweilte er sich nicht.
Und auch wenn Gott das nicht auf einem Schild vor sich her trug; auch wenn die beiden das vermutlich nie erfahren würden; er mochte sie mehr als seine anderen Menschenkinder und er tat viel für sie.
Er hatte oft auf ein Gebet von Dean geantwortet. Hatte geholfen.
Nicht immer so, wie Dean es erhofft hatte. Und das war auch der Grund, weshalb Dean sich dieser Tatsache nicht bewusst war.
Denn wenn du, um es mal an einem ein fachen Beispiel zu erläutern, um ein Stück Brot bittest, doch was du bekommst, ist eine Nacht voll Schlaf damit du den Hunger nicht so spürst, dann fühlst du dich nicht, als ob dir geholfen worden wäre, selbst dann nicht, wenn du am Tag darauf herausfindest, dass die Beeren am Wegesrand essbar sind und sehr viel nahrhafter als trockenes Brot.
Gottes Hilfe ging eben manchmal etwas verworrene Wege. Das war seine Art von Humor.
Schon oft hatte er also Dean und Sam geholfen, ohne dass die beiden es wussten.
Jetzt, in diesem Augenblick, als Dean verzweifelt betete, um das Leben seines Freundes Cas betete, beschloss Gott, ihm auf eine eher unmittelbare Art und Weise zu helfen.
Er löste den Bann, der Cas' Engelskräfte in Bande schlagen hatte.
Und den Rest überließ er den Winchesters, denn die beste Hilfe ist immer noch, dem, der um Hilfe bei einer Sache bittet, die Kraft, den Mut und das Vertrauen zu geben, dass er das schon selber schafft.