Wie so oft trugen mich meine Füße an jenen Ort, der mir mehr Zuhause war als sonst ein Platz. Und dann stand ich wieder da, barfuß im Sand. Der Abendwind wehte mein Sommerkleid auf und eine Gänsehaut überzog meine weiße Haut. Das schwarze Haar wehte locker im Wind, Strähnen fielen mir ins Gesicht. Meine Hände wurden kalt, ich hatte weder Schuhe noch eine Jacke mitgenommen. Die Trance, der ich in letzter Zeit so oft verfiel, trug mich davon wie der Wind jedes Säuseln, das er hören lies, wieder mit sich mitnahm an einen anderen, unbekannten Ort.
So stand ich also da, blickte in die Ferne, auf das weite Meer hinaus. Der Strand war leer, der Ort versteckt zwischen Klippen und hinter Wäldern. Doch ich fand ihn immer wieder. Mein Herz zeigte mir den Weg. Es führte mich und mit jedem Meter, den ich näher kam, wuchs die Sehnsucht. Ich wusste, dass ich ein Fremdling war in dieser Welt, wollte zurückkehren in meine Heimat, einen Ort, der mir vertraut war, der mir und meinem Leben wieder Sinn gab. Aber ob ich jemals zurückkehren konnte, das war ein Rätsel, das ich einfach nicht lösen konnte.
Ich ging weiter, langsam. Schritt für Schritt näherte ich mich dem kühlen Nass, konnte es schon fast spüren.
Wie lange hatte ich gelebt wie eine Fremde in einer Welt, die mich nicht annehmen konnte, mich scheinbar mit allen Mitteln zu verjagen versuchte. Und so stieg meine Sehnsucht immer weiter. Ich schloss die Augen, atmete den salzigen Duft des Meeres ein und lauschte seinen Geschichten. Jede Welle erzählte mir ihre eigenen Erlebnisse, wo sie gewesen war und was sie gesehen hatte. Und das Meer schien mich mit den Wellen, die bis vor meine Füße reichten, überzeugen zu wollen mit ihm zu gehen, nach Hause zu kommen. Wir wollten uns beide so sehr und konnten uns doch nicht haben. Ich weiß nicht wovor ich mich so sehr fürchtete, doch jeder Windhauch erinnerte mich an Dinge, die ich erlebt und gesehen hatte, Menschen, die mir nah waren und mich doch nicht verstanden.
Und dann ging ich noch einen Schritt. In einem schwachen Moment hatte die Sehnsucht sich durchgesetzt und meine Zehen küssten das Wasser. Alles in mir schrie danach noch einen Schritt zu gehen und all diese Qualen endlich hinter mir zu lassen. Ich wollte kein Teil dieser Welt mehr sein, in der so viel Hass und Verderben regierte. Also wagte ich noch einen Schritt. Das Meer rief mich, immer lauter rief es nach seiner Tochter. Und der Wind heulte. Er blies mir ins Gesicht, wirbelte durch mein Kleid und meine Haare.
Ein stürmischer Moment in dem ich gefangen war, die letzte Möglichkeit umzukehren. Und dann hob ich meine Hände und sprang kopfüber nach vorne. Das Wasser stieß über mir zusammen, mein Körper wurde erweckt von der Kälte und einen Moment später war alles still. Die Welt schien stehen zu bleiben und zu warten. Ich sah nach oben, sah wie die Sonne durch die Wolken brach und alles um mich herum erleuchtete. Und ich sank in die Tiefe, alles wurde dunkel, doch mein letzter Gedanke galt dem Meer. Es wisperte "Willkommen daheim" und ich war glücklich. Dann schloss ich voller Zufriedenheit meine Augen.
Doch das war nicht das Ende. Ich fühlte eine starke Hand um meinen Körper, fühlte eine Wärme durch meinen Körper strömen und erneut erwachten meine Glieder. Ich öffnete meine Augen und blickte in jene, in welchen ich mich damals verlor. Diese dunklen Augen raubten mir fast den Atem, wie sie mich so liebevoll ansahen. Und dann hörte ich eine mir wohlbekannte und geliebte Stimme in meinem Kopf. "Du bist zurückgekehrt. Ich wartete all die Jahre auf dich." Als Antwort lächelte ich nur, denn ich hätte nichts sagen können, das ihm gerecht werden konnte. Die Magie, die nun endlich wieder durch meinen Körper strömte und mich zu dem machte, was ich war, die Tochter des Meeres, erfüllte mein Herz mit Glück und meinen Körper mit Kraft. Elyon und ich schwammen ins Meer hinaus, erinnerten uns an unsere guten Zeiten und liebten uns mehr denn je. Endlich waren wir wieder vereint. Doch die Geschichte meines Magieverlustes blieb auf ewig unser Geheimnis. Ich war zurückgekehrt und das war das einzige, das zählte. Die Angst davor, nie wieder diese Kraft und Energie spüren zu können, trieb mich fast in den Tod, doch nun, wenn ich auf unserem Felsen hinter der geheimen Insel sitze und dem Meeresrauschen lausche, weiß ich, dass diese Entscheidung die richtige gewesen war. Egal was passiert wäre, selbst wenn Elyon nicht dort gewesen wäre und mir einen Teil seiner Kraft geliehen hätte, wären mein Körper, sowie meine Seele wieder Zuhause gewesen.