Seit geraumer Zeit nun wuchs und gedieh er. Wurde groß. Schwer. Träge. Ein Kondensat aus Meerwasser, Luftfeuchtigkeit, körperlichen und maschinellen Ausdünstungen. Eine Vibration schließlich löste ihn vom Rumpfspant. So fiel der Tropfen mit 9,81 Meter je Sekundenquadrat dem Kartentisch entgegen. Für den Bruchteil eines Augenblickes leuchtete er im Dämmerschein der Notbeleuchtung in allen Farben des Regenbogens. Diese Schönheit verging, als er die Seite des Bleistiftes touchierte, zerbarst und seine Bewegungsenergie auf ihn übertrug.
Gemächlich begann der Stift über die ausgebreitete Marinequadratkarte zu rollen. Passierte den Oslo-Fjord, überwand die rauen Weiten des Deutschen Meeres, holperte über die Doggerbank und sprang über die Kanal-Enge zwischen Dover und Calais. Mit zunehmender Geschwindigkeit flog er über Dieppe, Caen und Cherbourg, ließ die verbliebenen Stützpunkte um Saint Nazaire und La Rochelle hinter sich, überwand die Biskaya. Näherte sich Kap Finisterre. Nichts und niemand hielt ihn auf. Erreichte den Rand der Karte. Und fiel. Fiel in den Raum, beobachtet von einem Dutzend in Panik aufgerissener Augenpaare. Majestätisch drehte er sich ein, zwei Mal um die Querachse und schlug auf die eiserne Bodenplatte der Zentrale auf.
Pliiing!
Im Horchraum reißt sich der Mann am Hydrophon die Kopfhörer vom Kopf.
"Got ya!"
Die Kontaktmeldung ist das ersehnte Zeichen. Full speed ahead! 19.000 Pferdestärken reißen den auf der Lauer liegenden Hunt-Klasse-Zerstörer aus der Lethargie. Durch die unbeschreibliche Kakophonie aus menschlichen Geschrei und dem Ächzen von Maschinen nahe der Belastungsgrenze hallt die feste Stimme des Kapitäns.
"Depth adjustment for all batteries 200 feet. All depth charge batteries -
FIRE!"