«Erik, bist du bereit? Wenn wir uns nicht beeilen, dann kommen wir noch zu spät. Bei all dem Schnee brauchen wir Ewigkeiten, um uns freizuschaufeln.» Jonas ging unruhig in der Küche auf und ab und beobachtete den Sekundenzeiger der Küchenuhr, wie er erbarmungslos immer weiter vorrückte.
Der junge Mann hörte Schritte auf der alten Holztreppe und dann die Stimme seines Freundes. «Bin ja gleich soweit, Babe. Nur keinen Stress.» Erik betrat die Küche, die Haare hingen ihm noch feucht ins Gesicht und das ungeknüpfte Hemd gab dem Blick auf seinen muskulösen Oberkörper frei.
«Und dann ist er noch nicht mal angezogen», murmelte Jonas genervt, aber er merkte, wie sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete.
«Gefällt dir etwa was du da siehst?», wollte Erik grinsend wissen und machte eine Pirouette, gefolgt von einer übertriebenen Verbeugung.
Jonas gab seinem Freund einen Kuss und wuschelte ihm durch die Haare. «Jetzt beeil dich lieber mal, du Tanzmaus, sonst kommen wir wirklich noch zu spät.»
Mit einem Lachen stand Erik auf und schaute auf seinen Freund herab, den er jetzt um einen halben Kopf überragte. «Schon verstanden. Das Mäuschen beeilt sich.» Er gab Jonas einen Stupser gegen die Nase und verschwand dann die Treppe hinauf ins Bad.
Jonas ging zur Balkontüre hinüber und beobachtete den Schneesturm, der vor ihrem Haus tobte. Die Flocken fielen so dicht vom Himmel, dass man kaum bis zu den drei Birken sah, die am Tor ihres Grundstückes standen. Ihr Haus lag weit abseits von der nächsten Stadt und bis nach Stockholm waren es über vier Stunden Fahrt.
Langsam bezweifelte Jonas, dass sie es überhaupt zu seiner Schwester schaffen würden. Wenn es so weiterschneite, wie schon die ganze Nacht über, dann konnten sie die Babyparty vergessen und mussten den Tag wohl alleine hier auf dem Land verbringen.
Insgeheim hoffte Jonas irgendwie, dass sie den Besuch in der Grossstadt absagen mussten. Erik war die Woche über immer in der Kompanie und deshalb konnten sie dann nicht in ihrem kleinen, weissgestrichenen Haus auf dem Land sein, sondern wohnten in einer Wohnung in der Stadt. Deshalb genoss Jonas die Zeit hier draussen umso mehr und jetzt wo Weihnachten vor der Tür stand, hatte die Welt hier draussen – so unberührt und leise – etwas zauberhaftes.
«Ich befürchte, wir müssen deine Schwester vertrösten», unterbrach Erik Jonas’ Gedankengänge. «Der Schnee liegt so hoch, ich habe es gerade bis zum Briefkasten geschafft, aber das Auto ist hoffnungslos eingeschneit.» Der junge Mann betrat die Küche mit einem Stapel Briefe in der Hand und schüttelte sich die nassen Schneeflocken aus den Haaren.
Jonas seufzte auf. «Na gut, dann werde ich ihr wohl eine SMS schreiben, dass wir nicht kommen.»
«Tut mir leid, Babe. Ich weiss, wie sehr du dich für sie gefreut hast, dass sie endlich schwanger wurde, aber wir können sie bestimmt an Weihnachten besuchen.» Erik zog seinen Freund zu sich, der sich lächelnd in die Arme seines Freundes schmiegte. Jonas stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste seinen Freund. Dieser zog ihn enger an sich und erwiderte den Kuss sofort, während er mit seinen Fingern über Jonas’ Rücken fuhr.
Sein Freund löste sich von ihm. «Später, ja? Ich rufe Anna am besten jetzt gleich Anna an. Setzte du schon mal Kaffee auf?»
Erik nickte grinsend und gab seinem Freund einen Klaps auf den Po, bevor er sich daran machte, die Post zu sortieren. Jonas ging derweilen ins Schlafzimmer, um in Ruhe mit seiner Schwester zu telefonieren.
Jonas seufzte auf, als er das Telefon aufhängte. Seine Schwester hatte enttäuscht geklungen, dass er und Erik nicht zu ihrer Babyparty kamen, aber nachdem er ihr versichert hatte, dass sie sich an Weihnachten sehen würden, hatte sie den beiden noch einen schönen Abend gewünscht und Jonas hatte gespürt, wie sie gegrinst und die Augen verdreht hatte, wie sie es so oft tat.
Gut gelaunt schaltete er sein Handy aus, damit er heute Abend keine Anrufe mehr bekam, und ging dann die Treppe hinunter zurück ins Wohnzimmer, wo Erik es sich auf einem der Sessel bequem gemacht hatte.
Als dieser seinen Freund sah, stand er mit einem triumphierenden Grinsen auf und hielt einen Briefumschlag in die Höhe. «Darling, ich glaube, wir feiern heute unsere eigene Babyparty.»