Seine Augen mussten Gunnar einen Streich spielen, nachdem er schon seit Stunden in völliger Finsternis durch den Wald gestolpert war. Nur das kalte Mondlicht fand ab und an seinen Weg durch das dichte Blätterdach, doch es machte ohnehin keinen Unterschied, denn auch im Hellen hätte jeder Baum wie der nächste ausgesehen. Soweit er wusste, konnte er die ganze Nacht im Kreis gelaufen sein. Doch nun erkannte er einen warmen Schimmer, der von den Zweigen der Bäume widerschien, und nur der Geruch von Rauch überzeugte ihn davon, dass er sich das Feuer nicht einbildete.
Gunnar lehnte sich an die dunkle Seite einer dicken Eiche, um selbst vor dem Licht verborgen zu bleiben. Für einen Waldbrand schien das Feuer zu klein, zu stetig zu sein, doch so tief in dem wilden Gebiet, in dem tagelang nicht einmal Trampelpfade zu finden waren, konnten sich nur zweifelhafte Charaktere herumtreiben. Und glücklose Trottel wie er selbst, stellte Gunnar mit verkniffenen Lippen fest.
Baum für Baum rückte er vor, bis er die kleine Feuerstelle endlich im Blick hatte. Eine einzelne Person hockte neben den Flammen, nur eine Tasche lag einige Meter entfernt auf einem umgekippten Baumstamm. Der Mann schien völlig allein zu sein, und wenn Gunnar vorsichtig vorging, konnte er vielleicht einen Platz für die restliche Nacht bei ihm gewinnen. Doch der Fremde wirkte nicht beunruhigt und wandte der Dunkelheit außerhalb seines Lichtkreises sorglos den Rücken zu. Eine solche Sicherheit konnte dafür sprechen, dass er nicht so harmlos war, wie er auf den ersten Blick wirkte.
Der Mann setzte eine Hand auf den Boden, wie um sich abzustützen, und Gunnar erkannte, was ihn hatte innehalten lassen. Vom Ellenbogen abwärts entwickelte der Arm des Fremden feine Risse und je näher er dem Boden kam, desto grauer schien seine Haut zu werden. Die Hand verschmälerte sich, die Finger verbanden sich zu einer einzelnen hölzernen Spitze, die in die Länge wuchs und sich als Wurzel in den weichen Waldboden bohrte.
Erst jetzt erkannte Gunnar, dass auch die Füße des Mannes sich in dieser Art verwandelt hatten. Sein Herzschlag beschleunigte sich und alles in ihm drängte ihn dazu, so schnell wie möglich das Feuer und den fremden Menschen, die grausige Pflanzengestalt, weit hinter sich zu lassen. Ein Knacken unter seinem Stiefel gab ihm Auskunft darüber, dass er seinen Fuß in seiner Hast auf einen Ast gesetzt hatte. Das morsche Holz gab unter ihm nach, Gunnar verlor den Halt und konnte seinen Sturz in das dornige Gestrüpp rundum nur dürftig mit den Armen auffangen. Er sah zum Feuer auf und erkannte, dass der Fremde seinen Blick auf ihn gerichtet hatte.