„Wie steht es um die Adepten?“
Er erwartete nicht viel. Das tat er nie. Enttäuschung, die hielt sich so in Grenzen, und das mochte er.
Der Instruktor sah auf und in seinen Augen stand ein Blitzen, das der Kraft seiner Lichtmagie in nichts nachstand.
Ungewöhnlich. Äußerst, aber er beschloss, es nicht weiter zu beachten.
„Es ist eine Person in der Gruppe, die das Schicksal aller entscheiden kann.“
Tatsächlich? Er schmunzelte abfällig. Das bezweifelte er. „Du bist ein Träumer.“
„Nein“, er erwiderte sein Lächeln warm und breit, „ich weiß es sicher.“
Geborener Anführer
„Flea, du musst es singen morgen, ja?“
Sie sah vom Brief auf. Einer Einladung zum Hof des Königs. Die höchste Auszeichnung nach Beendigung der Ausbildung. Außer, ja außer man wollte seine Macht lieber in Kunst und Wettkampf zeigen. Der zweite große Hauptgewinn am Ende. Und in ihren Augen genauso unspektakulär, wie die Lehrstelle am Hof.
Wozu all die Arbeit, wenn sie am Ende sich hinter Türen versteckte und über Theorie nachsann? Sinnlos.
Nur morgen, da würde sie sich entscheiden müssen. Nicht nur sie alleine, die ganze Adeptenklasse.
„Muss ich?“ Sie seufzte leise. Sie sang es gerne. Doch lieber für sich. Oder höchstens ihre Freunde. Aber dort, vor versammelter Mannschaft?
Sie wusste nicht, ob sie es schaffen konnte. Die Situation... sie würde auch so aufregend genug werden. Da muste sie nicht noch zusätzlich für Aufregung oder Aufmerksamkeit sorgen, indem sie die Stille durchbrach.
„Wir werden uns sonst nicht trauen, unseren Herzen zu folgen.“ Er klang unsicher und nestelte an seinem Hemdsärmel. So wie er es immer tat, wen Situationen ihn nervös machten.
Darum ging es? Der Aufregung, ja der Angst entgegen zu wirken? Mit einem Lied.
Flea lächelte kurz.
Zur Front wollten sie. Sie alle. Fernab von all dem Tand, von all dem Geheuchel und geleckten Persönlichkeiten. Einfach weg und etwas erreichen, was man hier inmitten der Burg nicht konnte.
Hier waren sie sicher, während dort draußen der Sturm tobte und sie alle bedrohte. So viele Gespräche hatten sich in den letzten Jahren arum gedreht. So viele Versprechen hatten sie einander gegeben, dort gemeinsam zu kämpfen. Fla wusste, dass es keine leichte Entscheidung werden würde. Nach all den Geschichten, die zu ihnen vorgedrungen waren.
Aber ihr Entschluss war nie ins Wanken geraten. Kein einziges Mal. Sie waren nur nervös geworden, je näher der Tag der Entscheidung kam.
„Bitte.“
Flea sah ihm in die Augen. Zum ersten Mal seitdem er das Wort an sie gerichtet hatte, und plötzlich wusste, sie was zu tun war.
Sie werden folgen. Oder?
Ja, er war sich sicher. Ihr immer.
"... ich will ehrlich zu euch sein. Dort draußen, es wird nicht angenehm. Es wird nicht leicht." Es wird alles andere als das sein. Aber er wollte niemandem etwas vormachen. Er war kein Heuchler, nicht wie diejenigen, die Adepten an Akademien und Höfe des Landes locken wollten. Nicht wie diejenigen, die sie in den Wettkampfsport holten und ihnen die Sterne am Himmel versprachen.
Er war ehrlich. So bitter es auch klang.
"Es wird Verluste geben. Viele."
Er ging nicht davon aus, dass sich viele für den Kampf freiwillig meldeten. Eine handvoll. Vielleicht, wen er Glück hatte. Wahrscheinlich nur einer, wie in den letzten Jahren. Ein bitterer Schnitte, bei gut zwanzig Abgängern.
Aber was sollte man machen?
Und auch hier... Schiere Angst die ihm entgegenstrahlte. Unsichere Gesichter, die immer blasser wurden, je mehr er sagte. Er wunderte sich wirklich, warum noch niemand gegangen war.
Sie trauten sich nicht. Ja, das würde es sein!
"Der Tod..." Ein Summen formte sich im Hintergrund und umtrieb seine Worte. Schwoll langsam an, immer mehr, bis er das Gefühl hatte, dass es nicht ein einziges war, sondern eine ganze Gruppe. Und je mehr die Luft vibrierte und von Tönen geschwängert war, umso mehr sah er die Unsicherheit, ja die Blässe aus den Gesichtern der Adepten schwinden.
Woher kam es? Er sah keine Quelle, er hörte nur einen entschlossenen Chor. Da waren nur Augen, die zu ihm aufsahen und dutzende geschlossene Münder.
Ein Flüstern legte sich über da Summen, und die letzte Unsicherheit war wie weggefegt. "Ich glaube an etwas, ich glaube an uns."
An diesem Abend folgten ihm alle zum Sturm.