Ein Auszug aus einer "Fingerübung", die vermutlich auch im nächsten Roman Katzenjammer auftauchen wird.
Jonny Jackson tobte. »Ich hab Hunger, verdammte Scheiße, ey!« Seine keifende Stimme wurde noch von den Ziegelmauern der schmalen Gasse verstärkt. »Und ihr zwei Vollidioten bringt mir das hier! Was glaubt ihr eigentlich, was das ist?«
Der Jack-Russell-Terrier wedelte mit dem lila Schein dicht vor den Nasen seiner sich duckenden Diebesgesellen.
»Pillen und Pappen, satt. Nur vom Besten. Genug für alle, hat der Typ eben in sein Telefon gequatscht.« Er machte eine kurze Pause, sprang auf eine morsche Holzkiste und starrte Sam und Ben aus zusammengekniffenen Augen an. Sein kleiner Körper zitterte wie eine angespannte Stahlfeder. »Satt, hat er gesagt. Wisst ihr zwei Vollpfosten eigentlich noch, was dieses Wort bedeutet?«
Er bellte es ihnen entgegen: »SATT!«
Speichel sprühte von seinen gebleckten Zähnen. »Das Zeug hier können wir jedenfalls nicht essen. Seit Tagen schafft ihr dämlichen Köter es nicht, uns etwas Vernünftiges zu besorgen. Gurken und Kaugummis, Spülschwämme und Paprika.«
Er rümpfte die Nase und spie in die Gasse. »Wie soll ein Hund davon Leben? Das ist höchstens Futter für mein Futter. Ich will Fleisch. Oder wenigstens ein Stück Käse. Ist das denn zu viel verlangt?«
»Da war aber nix zu essen nich im ganzen Auto«, piepte der räudige Yorkshire-Terrier Sam.
»Stimmt«, ergänzte Ben augenrollend, »das hätte ich gerochen.«
»Du ja, aber die gerupfte Laborratte neben dir garantiert nicht. Seine Nase ist so tot, er könnte kopfüber im Hackfleisch stecken und würde es noch für Pferdescheiße halten!« Jonny schnaubte, dann senkte er die Stimme.
»Womit hab ich das nur verdient? Zwei absolut unfähige Mitarbeiter, die nicht einmal den einfachsten Auftrag ausführen können. Wir verhungern, und trotzdem klaut ihr beiden nur ein wenig buntes Papier, was uns nicht satt macht.«
Zum Beweis setzte er eine Pfote auf das lila Papier und riss ein Stück ab. Kauend verkündete er: »Es schmeckt ekelig. Nach Fußschweiß, ranziger Handcreme und Stofflumpen. Es ist nicht mal richtiges Papier.«
»Boss, das ist nicht fair«, bemerkte Ben.
»Fair?«, höhnte Jonny. »Ihr schleppt mir einen bedruckten Lappen an und behauptet, damit würden wir alles bekommen. Ich kann noch nicht mal diese blöden Zahlen lesen. Eine Fünf, eine Null und noch eine Null. Was soll das sein?«
Schweigen.
So weit konnte keiner von ihnen zählen.
»Vermutlich habt ihr beiden euch in den Nullen wiedererkannt«, höhnte Jonny.
Über den Hunden wurde ein Fenster geöffnet. Zigarettenqualm zog in die Gasse. Sam begann zu husten.
»Boss, ehrlich«, setzte der Bobtail erneut an, »im Wagen war wirklich nichts zu essen. Ich hab selbst reingesehen. Weder im Kofferraum noch sonstwo.«
»Stimmt«, röchelte Sam, »überall nur so kleine Tütchen und Dosen.« Der kleine Hund hustete mitleiderregend. »Und Spritzen, wie damals im Labor.«
Ben sprang seinem Freund zur Seite: »Sam hat sogar ein paar der Dosen geöffnet. Doch da waren auch nur bunte Tabletten drin, aber nix zu beißen. Und dann halt dieser Koffer mit dem Geld.«
»Geld«, fauchte Jonny, »ich höre immer nur Geld, Geld, Geld. Euer verdammtes Geld macht mich nicht satt. Wisst ihr, was ich damit anstelle?«
Er begann den lila Schein in kleine Schnipsel zu zerreißen, die er den beiden anderen entgegen spuckte.
Als Jonny fertig war, seufze Ben schwer. »Ich hätte mich echt gern verkleidet und wäre damit zum Metzger marschiert. Mann, das wäre mal ein Spaß gewesen.«
Jonny Jackson und Slim Sam blickten ihren Freund mit hochgezogenen Augenbrauen an.