Verwirrt runzelte ich die Stirn. Das Blatt vor mir ergab einfach keinen Sinn. Was hatte sich meine liebe Frau bloß dabei gedacht? Darauf war ein kleiner Satz geschrieben, eher gekritzelt, vielleicht hatte sie mal wieder zu viel gelacht, als sie in Eile die Nachricht verfasst hatte.
„Da ist ein Päckchen für dich unterwegs“, stand darauf und daneben war ein Weihnachtsgeschenk gemalt.
Wundersam, Weihnachten war erst in über einem halben Jahr, wenn sie überhaupt darauf anspielte. War ihr etwa schon ein Geschenk eingefallen? So wirklich konnte ich mir das nicht vorstellen, schließlich war sie es jedes Jahr, die am Heiligen Abend noch morgens auf den Paketdienst wartete, oder mich mit einer Karte auf einige Tage nach Weihnachten vertröstete. Somit war das ziemlich unglaubwürdig, doch nicht gänzlich auszuschließen.
Bestellt hatte ich auch nichts und mein Geburtstag war noch einige Zeit hin, da dieser erst im Oktober war. Also auch dafür konnte nichts ‚unterwegs‘ sein. Nachdenklich schlenderte ich mit dem Zettel durch unsere kleine Wohnung und ließ mich auf das Sofa im Wohnzimmer sinken.
Als hätte sie meine Gedanken gelesen und gewusst, wo ich mich hinbewegen würde, fand ich auch gleich einen zweiten Zettel.
„Was sind deine Lieblingsbackwahren? Ist da wohl was im Ofen?“
Schon wieder so ein Zettel der für mich keinen Sinn ergab. Bitte was sollte das denn jetzt bedeuten. Noch mehr Fragen ploppten auf, eine nach der anderen, als ich versuchte irgendeinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Nachrichten zu sehen. Aber nichts wollte sich auftun.
Sollte ich einfach warten, bis sie nach Hause kam und sie dann fragen? Aber ob sie mir einfach so antworten würde? Wahrscheinlich nicht.
Sie hatte sich jetzt schon so viel Mühe mit ihrem kleinen Rätsel gegeben, da würde sie sicher bloß schmollen und stumm in der Küche sitzen, bis ich erraten hatte, was sie von mir wollte.
Seufzend stand ich auf und ließ weiter durch die kleine Wohnung. Vielleicht hatte sie ja noch mehr Hinweise verteilt. Wenn sie spielen wollte, dann wahrscheinlich auch richtig und sie würde so viele Zettel verstecken, bis ich verstand, was jetzt dieses große Fragezeichen über meinem Kopf sein sollte.
Das war schon oft passiert. Sie erzählte nicht oft direkt was sie wollte. Sie wollte, dass ich es ihr von den Augen ablas und das war mehr als nur einmal in einem kleinen Streit geendet und hatte mich ans Ende der Nerven und Kräfte gebracht. So etwas konnte anstrengender sein als man sich wahrscheinlich vorstellte.
Schlussendlich saß ich mit insgesamt vier Zetteln auf unserem Wohnzimmertisch ausgebreitet dort und grübelte. Sah mir die amateurhaften Zeichnungen an, die das Raten eher erschwerten als einfacher machten und las mir immer wieder die kleinen Wortschnipsel durch.
Der erste Zettel war der mit dem Päckchen und der Zeichnung eines Geschenks.
Auf dem zweiten Zettel das Lieblingsgebäck und ein Backofen.
Nummer drei hatte er im Schlafzimmer gefunden. „Ist unsere Wohnung groß genug?“, war darauf geschrieben und direkt auf die Bettdecke gelegt worden. Wir hatten uns vor Jahren gerade wegen der Größe der Wohnung für diese entschieden, also warum plötzlich diese Frage? Daneben war ein kleines Bett gemalt.
Den letzten Zettel hatte ich zwischen den Pflanzen auf der Fensterbank gefunden, welche schon seit Wochen vor sich dahintrockneten und langsam zerfielen. „Bald hast du einen Lieblingsvogel“, stand darauf. Sie sollte ziemlich gut wissen, dass ich unglaubliche Angst vor Vögeln hatte. Daneben war irgendein Tier mit langen Beinen und Gesicht gemalt. Was sollte das bitte für ein Vogel sein.
Die Zeit verging und erst als sich der Schlüssel im Schloss drehte und das überglückliche „Ich bin zurüüüück“, in die Wohnung klang, machte es bei mir Klick.
Ich war wohl wirklich schwer von Begriff.
Aufgeregt sprang ich auf und sprintete in die Richtung der Küche, wo meine Frau gerade den Einkauf wegräumte und schrie sie beinahe an.
„Du bist schwanger?!“