Ich hatte nicht wirklich viel darüber nachgedacht, als ich vorschlug in den Kletterpark in der Nähe zu fahren. Eine kleine Gruppe an Freunden alle alt und groß genug, dass sie keine Probleme bekommen sollten, egal welche Route wir nehmen wollten. Das Wetter war gut und somit würden wir auch nicht plötzlich abbrechen müssen, da der Park draußen in den Bäumen gebaut war.
Natürlich waren einige dem Ganzen etwas skeptisch gegenüber, schließlich hing das Alles doch das ganze Jahr über draußen, bei Wind und Wetter, da konnten Bretter und Seile doch schon einmal anfangen zu modern. Doch das Thema war schnell vom Tisch, als ich erzählte, dass die Sicherheitsseile keineswegs aus pflanzlichen Fasern bestanden und sicher nicht so schnell durchmodern würden. Höchstens vielleicht die Seile zum Balancieren und da wir ja gesichert waren, war das eigentlich kein sonderlich großes Problem.
Da jedoch jeden Tag mindestens ein Mal alles kontrolliert wurde, bevor die ersten Gäste kamen, sollte auch das unglaublich unwahrscheinlich sein. Zumindest war mir noch nie etwas dergleichen passiert und es war auf keinen Fall das erste Mal, dass ich hier war.
Mit einem Grinsen zeigte ich erstmal allen die möglichen Routen, wo sie langführten, was dabei gemacht wurde. Ich fühlte mich fast wie diese Leute, die vor lauter Euphorie über eine Serie gleich den ganzen Plot verrieten. Vielleicht war es ja auch ähnlich, aber bisher hatte sich noch niemand zu sehr beschwert.
Als nächstes kam die Einweisung, wie man die Gurte anlegte, eine kleine Demonstration der Sicherheitsregeln und nachdem wir gezeigt hatten, dass wir sie sowohl verstanden hatten, als auch ausführen konnten, durften wir auch schon los.
Wir waren zu sechst, also bildeten wir 3 Paare, da man immer zu zweit klettern musste um sich gegenseitig abzusichern.
Ich war etwas überrascht, als ich bemerkte, wie bereits eine Person neben mir stand, als ich nach der Paarbildung fragte. Für mich war das dann wohl schon entschieden - auch die anderen schauten etwas verdutzt. Unser sonst so selbstsicheres Gruppenmitglied stand etwas eingeschüchtert hinter mir und schien mich für sich zu reservieren. Der Blick die ganze Zeit nicht von den Routen hoch oben in den Bäumen weichend.
Mit einem Lächeln verabschiedeten wir die anderen beiden Paare in die erste Route zwischen den Ästen. Ein paar Bretter, über die sie hatten laufen müssen und hängende Seile, die sie sich entlang gehangelt hatten, waren nun auch unsere ersten Hindernisse.
Doch als ich den ersten Schritt setzten wollte bemerkte ich das Zittern hinter mir.
"Alles in Ordnung?", fragte ich also und ging wieder zurück auf eine der Plattformen, welche immer zwischen den Hindernissen angebracht waren.
Zuerst bloß Stille, doch ich ließ nicht nach und trat noch einen weiteren Schritt näher.
Erst als ich eine Hand hob, um sie beruhigend auf die bebende Schulter zu legen erhielt ich eine Antwort. Ein vages Kopfschütteln sollte mir jetzt anscheinend alles erklären, denn kurze Zeit später war es wieder still.
Ich seufzte und griff nach der Faust, welche viel zu fest zusammengeballt war.
"Lass und wieder runter gehen, dann kannst du mir sagen was los ist."
Ohne dieses Mal weiter zu warten zog ich also den Kartoffelsack einer Person hinter mir her und setzte unsere Karabiner an den Sicherungsseilen um, damit wir auch wirklich die Treppen runter kamen.
"Also?", fragte ich fordernd, als wir unten angekommen waren und noch immer nichts kam. Vier Blicke und vier ausholende Gesten, dass alles in Ordnung wäre und sie weiterklettern sollten, später bekam ich endlich eine Erklärung.
"Das hättest du doch auch vorher sagen können!", stöhnte ich. Dass wir jemanden mit Höhenangst in unseren Reihen hatten war mir nicht klar gewesen als ich den Vorschlag gemacht hatte in den Kletterpark zu gehen. Dann hätte ich es ja nicht vorgeschlagen.
An dem hängenden Kopf erkannte ich sofort die Scham, doch dafür sollte man sich nicht schämen.
"Hach, weißt du, hättest du was gesagt, dann hätte ich mir was anderes ausgedacht. Wir würden schon nicht lachen, Freunde machen sowas schließlich nicht. Sie sind da, damit du ihnen deine Geheimnisse anvertrauen kannst, also kannst du uns auch damit vertrauen.
Wie wär's, wenn wir die kleine Route außerhalb vom Wald nehmen? Die ist nicht so hoch. Und nächstes Mal machen wir dann eben was anderes. Sag nur, wenn du dich unwohl fühlst und es dir nicht gefällt.
Du kriegst doch sonst immer den Mund nicht zu."