"Chef, wir müssen den Termin verschieben." Georg, zog seine Augenbrauen nach oben und schaute seinen Mitarbeiter fragend an.
"Was meinst du mit damit Lars?"
"Naja, wir haben zwei Kremierungstermine im Kalender verwechselt."
Georgs Augenbrauen wanderten noch ein kleines Stück weiter nach oben, obwohl Lars das für unmöglich gehalten hätte. Im gleichen Maße sank er selbst in sich zusammen.
"Noch einmal Herr Fischer: Was soll das bedeuten?"
"Frau Becker kam erst vorhin dran. Sie kann noch nicht in die Urne, sie ist quasi noch ofenwarm", antwortete Lars.
"Herr Fischer, ich bitte doch um ein bisschen Zurückhaltung, wir sind hier nicht am Weihnachtsmarktstand für gebrannte Mandeln."
"Entschuldigung Chef."
"Das ist nicht gut. Die Trauergäste sind schon in 15 Minuten hier und erwarten vollkommen zu Recht eine angemessene Trauerfeier, mit dem nötigen Respekt für die Verstorbene."
"Und was machen wir jetzt Chef?"
Georg hatte die Hand vor die Augen gelegt und rang mit sich selbst.
"Wen haben wir denn sonst noch da, der vielleicht, zumindest vorübergehend, ihren Platz einnehmen könnte?"
Lars blieb vor Überraschung die Spucke weg. So etwas hätte er von seinem Chef nicht erwartet.
"Lars wen haben wir? Haben wir überhaupt jemanden?" Ein leichtes Zittern lag in Georgs Stimme.
"Wir haben noch eine Umbettung Chef. Ein junger Mann, David Renner, der mit seinen Eltern in ein anderes Bundesland ziehen soll. Nächste Woche."
"Dann wird der junge Mann einen Zwischenstopp bei den Beckers machen. Füll ihn um. Wir müssen das natürlich später wieder rückgängig machen."
"Aber Chef, wir könnten auch einfach Sand reinfüllen", versuchte Lars mitzudenken.
"Das könnten wir tun, aber wir müssen die Eventualitäten bedenken. Stell dir nur mal vor, einer der Trauergäste umarmt in seiner Emotionaltät die Urne, sie fällt runter, geht auf und Sand rieselt heraus. Das Desaster möchte ich mir gar nicht ausmalen."
"Okay, dann zieht Herr Renner mal kurz um", stimmte Lars zu. So schnell wie möglich bereitete er alles vor.
Als die Trauergäste ankamen, waren sie bereit. Die Trauerfeier nahm den gewohnten Verlauf. Georg fühlte sich recht unwohl bei den vielen Danksagungen der Familie. Er verabschiedete alle freundlich, aber zügig. Zum Glück konnten Sie, dieses pietätlose Vorgehen schnell wieder bereinigen.
Irgendwie hatte diese Panne Georg dennoch ganz schön zugesetzt. Einigermaßen nervös entfernte er die sterblichen Überreste von Herr Renner aus Frau Beckers Urne. Leider zerriss dabei der Beutel und Herr Renner verteilte sich auf der inzwischen abgekühlten Frau Becker.
"Oh Mann", stöhnte Georg und war froh, dass Lars gerade nicht im Raum war. "Herr, verzeih mir. Wir alle machen mal einen Fehler. Ich hoffe du kannst dieses eine Mal nachsichtig sein", erbat sich er sich gen Himmel gewandt.
Danach teilte er die sterblichen Überreste in etwa gleiche Teile und befüllte zwei neue Beutel und mit diesen die Urnen.
Er war gerade fertig geworden, als Lars den Raum wieder betrat.
"Alles okay Chef? Sie sehen blass aus."
"Alles okay Lars. Bitte, bitte, nie wieder vertauschte Kremierungstermine. Nun bring Frau Becker bitte an den ihr bestimmten Ort und beeile dich etwas. Die Beckers haben noch einen Fotografen beauftragt, der die Grabstätte für die Danksagungskarten fotografieren soll. Der müsste auch gleich da sein."
An diesem Tag gab es keine weiteren Probleme.
Als allerdings die Beckers das passende Foto für die Danksagungskarten aussuchen sollten, gab es doch allgemeine Verwunderung über die Bilder.
Auf jedem einzelnen waren zwei Silhouetten zu sehen. Eine davon war deutlich erkennbar die verstorbene Großmutter Becker, aber wer war nur der junge Mann, dessen Hand sie hielt und der mit ihr gemeinsam in die Kamera winkte.